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sich hindurchzwängen kann. Keiner weiß, wohin diese Risse führen. Aber es gibt Leute, die behaupten, sie hätten tief da drinnen Schatten gesehen. Und etwas gehört.« Wieder machte er eine Pause. »Tja, wer weiß!« Aber jetzt hatte auch Kristian langsam genug. Es war an der Zeit, aus dem alten Gang herauszukommen, bevor er noch selbst an das glaubte, was er da erzählte.
Steinar Olsen stand dicht am Jeep. Er drehte sich um, und dabei huschte das Licht seiner Helmlampe über den Weg, den sie gerade gekommen waren. Plötzlich stieß er einen verängstigten Ruf aus. Er zeigte direkt auf die Felswand. »Was? Was ist das?« Kristian packte ihn beim Arm, aber Lars Ove drängte sich dazwischen. Er lief zum Jeep und warf sich auf den Fahrersitz. Die beiden anderen schafften es gerade noch, sich in das Fahrzeug zu schmeißen und flach hinzulegen, bevor er es rückwärts hinausmanövrierte.
»Aufpassen!« Wieder war es Steinar Olsen, der die Warnung rief. Doch es war zu spät. Lars Ove fuhr mit einem heftigen Ruck gegen die Felswand hinter sich. Das Heck des Wagens verhakte sich unter einem Vorsprung und rührte sich nicht mehr. Aber nicht lange. Dann kämpfte der Jeep sich mit aufheulendem Motor und dem Geräusch von Metall, das gegen Stein schrammte, los. Dabei lösten sich Teile der Felswand und stürzten in den Wagen. Kristian, der ganz außen lag, kam unbeschadet davon, doch der Ingenieur zog sich von der scharfen Kante eines herabfallenden Steins einen tiefen Riss in der Stirn zu.
Und ihre Pechsträhne war noch nicht zu Ende. Sie fuhren viel zu schnell in den Tagesschacht hinein, als ausgerechnet der Steiger vor ihnen auftauchte. Es war gar nicht zu vermeiden, natürlich kam er angelaufen und wollte wissen, was da zum Teufel vor sich ging. Er riss die Augen auf, als er die Steine hinten in dem ziemlich verbeulten Wagen entdeckte und sah, dass dem neuen Ingenieur Blut von der Stirn über das Gesicht lief.
»Was ist passiert?« Dem Steiger war klar, dass er endlich etwas gegen die beiden Veteranen in der Hand hatte. »Wir reden später darüber. Du mit dem Riss in der Stirn! Du bist doch der neue Grubeningenieur, nicht wahr? Erster Arbeitstag heute? Na, du machst ja schöne Sachen. Du musst sofort zum Arzt. Ich fahre dich. Der Wagen steht vorm Büro.« Er drehte sich um, ohne auf eine Antwort zu warten. Steinar Olsen riss sich den Helm und den Gürtel mit der Ausrüstung vom Leib und gab alles Kristian, der ihm schnell noch zuflüsterte: »Scheiße, du sagst nichts. Sonst …« Den Rest hörte er nicht mehr, so schnell er konnte, humpelte er dem Steiger hinterher aus dem Stollen hinaus in den graukalten, schneeschweren Januartag draußen. Erst jetzt bemerkte er, dass auch sein Bein von einem Stein getroffen worden war.
Longyearbyen war im Laufe der Zeit immer mehr von Touristen und Wissenschaftlern geprägt worden als von Bergleuten. Aber immer noch war die Stadt eine Bergwerkssiedlung – mit der Angst tief verwurzelt in der Volksseele. Es war viele Jahre her, dass ein größeres Unglück im Berg passiert war. Keiner der ständigen Bewohner konnte sich noch an die fürchterlichen Explosionen in den Vierzigern und Fünfzigern erinnern. Als der Boden erzitterte und Rauch aus den Bergwerksgängen quoll. Als die Nachricht von Haus zu Haus wanderte und sich eine Dunkelheit, dichter als die Polarnacht, über die Stadt legte. Als viel zu viele Familien einen der ihren verloren. Und dennoch lebte die Angst weiter im Schatten der sonderbaren Gebirgsformationen. Zusammen mit dem Aberglauben.
In einem baufälligen Haus in Sverdrupbyen hatten die Leute langgezogenes Geheul und Schreie gehört, einige auch das Rasseln von Geschirr und Pferde, die schnaubten und auf hartgefrorenem Boden trampelten, wie sie sagten. Und dann hatten andere die unglaublichsten Geschichten zusammengesponnen, nur um sich Besuchern gegenüber wichtig zu machen. Es waren nämlich nicht die Gespenster, die den langen Winter hindurch die Angst im Haus am Leben hielten. Es waren verblassende, immer wieder erzählte Erinnerungen an überraschende Todesfälle, an einen Selbstmord in einer einsamen Hütte, über den nicht gesprochen wurde, Leute, die sich auf sagenhafte Art und Weise nach einem Eisbärenangriff nach Hause geschleppt hatten, von den Raubtierklauen so zerfetzt, dass es ein Wunder war, dass sie überhaupt überlebt hatten.
Und dann war da alles, was die Arbeiter im Bergwerk sahen und hörten. Aber vielleicht waren es ja auch nur Schatten
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