Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)
lehren: dass die Gemeinden, welche die zum Gemein-Wohl abzielenden Gesetze nicht hielten, ihre Religions-Freiheit verlieren sollen. [F 528]
Ein kluges Kind, das mit einem närrischen erzogen wird, kann närrisch werden. Der Mensch ist so perfektibel und korruptibel, dass er aus Vernunft ein Narr werden kann. [F 531]
Ich kann nur die Oberfläche der Leute auf meine Seite bringen, ihr Herz erhält man nur mit ihrem sinnlichen Vergnügen, des bin ich so überzeugt, als ich lebe. [F 532]
Vorstellungen sind auch ein Leben und eine Welt. [F 537]
Grabsteine für Bücher. [F 538]
Ich sehe gar nicht ein, warum Gedankenstehlen, auch wenn sie schon in Verse oder Wohlklang verarbeitet sind, eine so gar sonderbare Sache sein soll, worüber man so großes Aufheben macht. Wir leben jetzt gleichsam in der güldnen Zeit unserer Literatur in Otaheitischer Unschuld, allein man lese einmal die Reisebeschreibungen, wie jene unschuldsvolle Leute die Engländer und Franzosen plündern, sobald sie sich nur auf ihrer Küste blicken lassen. [F 539]
Frage: Könnte ein Mensch so erzogen werden, dass er, ohne eigentlich von Sinnen zu kommen, seine Begriffe so seltsam verbände, dass er in der Gesellschaft nicht zu gebrauchen wäre, ein artifizieller Narr? [F 544]
Es gibt Leute von unschädlicher Gemütsart, aber doch dabei eitel, die immer von ihrer Ehrlichkeit reden, und die Sache fast wie eine Profession treiben, und mit einer so prahlenden Bescheidenheit von ihrem Verdienst zu wimmern wissen, dass einem die Geduld über den immer mahnenden Gläubiger ausgeht. [F 545]
Nicht die Lügen, sondern die sehr feinen falschen Bemerkungen sind es, die [die] Läuterung der Wahrheit aufhalten. [F 547]
Wenn es wahr ist, was ich irgendwo einmal gelesen habe, dass niemand eher stürbe, bis er wenigstens etwas Gescheites getan, so hat M … einen Unsterblichen gezeugt. [F 548]
Die Ironie erhält eine große Stärke dadurch, wenn [man] dem Spott zuweilen eine Bemerkung zusetzt, die den Leser glauben machen soll, der Verfasser sei wirklich einfältig. Als in dem Spott über die Westfälischen Schornsteine, nämlich wo gesagt wird, der Rauch ginge zur Türe heraus: Man hat den großen Grundsatz angenommen: dass eine Sache desto ganzer und fester ist, je weniger sie Löcher hat, und auf die Häuser ausgedehnt. Die Leute denken mit Recht, wo ich herausgehe, da kann der Rauch auch herausgehen. Merkwürdig ist, dass man dem durch unsere Schornsteine verursachten Schrecken und blinden Lärmen durch Brand in denselben gänzlich vorgebeugt hat, so dass man in der ganzen Gegend nichts von einem Brand im Schornstein weiß. Sie denken auch: Wo ich schlafen kann, da kann ein Schwein auch schlafen. [F 550]
Er ist gut und ehrlich, das mag sein, aber er ist es wenigstens so wie der ehrliche Mann auf dem Theater, den ein schlechter Dichter handeln lässt. Ein Gemein-Ort. [F 551]
Ich habe es sehr deutlich bemerkt: Ich habe oft die Meinung, wenn ich liege, und eine andere, wenn ich stehe. Zumal wenn ich wenig gegessen habe und matt bin. [F 552]
Eigne Schwachheiten, wenn man [es] sonst wohlmeint, aus der Natur des Menschen zu entschuldigen, ist die erste Pflicht jedes Schriftstellers gegen sich selbst. [F 553]
Es wird mir weit leichter, etwas zur Linken zu sehen als grade vor mich oder zur Rechten. [F 555]
Mit dem Band, das ihre Herzen binden sollte, haben sie ihren Frieden stranguliert. [F 556]
Es wäre wohl der Mühe wert, die Physiognomik des Shakespeare zu untersuchen, er, der die größte Gabe hat, von klaren Dingen mit Deutlichkeit zu reden, die mir je vorgekommen ist. Auch darf man nicht fürchten, dass er vielleicht seine physiognomischen Bemerkungen als zu fein, um verstanden zu werden, zurückbehalten hätte. Shakespeare arbeitet aus sich heraus vom Menschen und für Menschen, ob grade immer diesen oder den, das untersucht er nicht. Man findet in der Tat bei ihm Bemerkungen in dem Winkel einer Periode Magd-Dienste tun, die den Szepter einer Disputation zu tragen verdienten. (gut) [F 558]
Der Schmeichler mit dem Spiegel-Gesicht, sagt Shakespeare sehr vortrefflich, the glass faced flatterer . Die Wucherer nennt er Kuppler zwischen Geld und Mangel. [F 559]
Unter den Opfern, die man ihm brachte, war ihm immer der ehrliche Namen eines Feindes das angenehmste.[ F 560]
Sie geben uns Brüche von Gedanken, die der Teufel selbst nicht unter einerlei Benennung bringen kann. [F 561]
Die Flüche wollen auf unsern Theatern noch nicht recht
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