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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Franz befragt hatte, wusste ich, dass der ehemalige Wirt im Rollstuhl saß. Den Grund kannte ich nicht.
    »Annerl, bring dem Herrn Süden einen Kaffee!«, sagte er, nachdem ich mich vorgestellt hatte. Die Wohnung in der Zennerstraße lag im Parterre, das Wohnzimmer ging zum Garten, in dem ein Tannenbaum und Büsche wuchsen, soweit ich das durch die Vorhänge erkennen konnte. Auf dem Fensterbrett standen zwei Zwerge mit roten Mützen und ein roter Weihnachtsstern.
    »Heut Nacht haben sie uns die Mülltonnen vors Haus geleert«, sagte Brick.
    »Die gehören alle eingesperrt.«
    »Ist doch Freinacht gewesen«, sagte Annerl.
    »Das ist doch kein Grund, Dreck zu machen!« Brick zeigte auf das runde Silbertablett mit dem halben Nusszopf.
    »Möchten Sie ein Stück?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Milch und Zucker?«, fragte Annerl.
    »Ich trink ihn schwarz«, sagte ich. Dann saßen wir stumm am Tisch.
    »Kennen Sie diese Frau?« Ich zeigte Brick das Foto von Soraya Roos.
    »Ich hol dir deine Brille«, sagte Annerl und ging zum Schrank.
    »Das ist tragisch mit dem Toten«, sagte Brick.
    »Wissen Sie inzwischen, wer er ist?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Aber es ist möglich, dass er Gast bei Ihnen im ›Bären‹
    war.«
    »Dann hätt ich ihn doch erkannt auf dem Bild von Ihrer Kollegin.«
    Er setzte die Brille auf, deren Gläser seine Frau noch schnell an ihrem Rock abgeputzt hatte.
    »Ich glaub, die kenn ich. Das ist… doch die, die damals spurlos verschwunden ist. Ist das die nicht?«
    »Darf ich mal sehen?« Annerl streckte die Hand aus, aber Brick betrachtete weiter das Foto. Annerl nahm den Arm nicht runter, sie hielt ihn quer über den Tisch, da sie an der Schmalseite saß, ihrem Mann gegenüber. Ich hatte mich auf ihren Stuhl an der Breitseite setzen müssen, auf ein Kissen, das recht warm war.
    »Wie hieß die nochmal?«
    »Soraya Roos«, sagte ich.
    »Ja, das stimmt. Das ist die Soraya. Ist ein altes Bild.«
    »Darf ich mal sehen?«, sagte seine Frau. Brick hielt das Bild schief, als könne er auf diese Weise ihre Gesichtszüge besser erkennen.
    »Die Soraya.« Mit einem finsteren, seltsam abweisenden Gesichtsausdruck sah er seine Frau an, über ihren ausgestreckten Arm hinweg. Dann gab er ihr das Bild und nahm die Brille ab. Frau Brick hielt es mit beiden Händen vor die Augen. Das Licht im Zimmer war trüb.
    »Hatte sie einen Freund namens Franz?«, fragte ich.
    »Franz?« Brick drehte den Rollstuhl zur Seite und bewegte den Oberkörper vor und zurück.
    »Franz heißt ja fast jeder. Franz. Weiß ich nicht mehr. Hat die einen Freund gehabt, der Franz hieß, Annerl?«
    »Einen Freund hat sie gehabt«, sagte die Frau, die ich auf Ende fünfzig schätzte, auch wenn sie eher wie Ende sechzig wirkte. Zwar hatten ihre braunen Haare kaum graue Strähnen und ihre Kleidung war keineswegs die einer alten Frau, doch ihr Gang war schleppend, ihr Gesicht faltig und sie keuchte, als bekomme sie nur mühsam Luft. Sie und ihr Mann, der nicht viel älter als sie gewesen sein dürfte, hatten die fahle Haut schwerer Raucher. Auf einem Beistelltisch mit Rädern lagen mehrere Schachteln Marlboro, ordentlich gestapelt, daneben standen Flaschen mit Kräuterlikör und Cognac, Gläser und zwei silberne Aschenbecher. Schon an der Wohnungstür hatte mich der Dunst nach abgestandenem Tabakrauch empfangen, und ich fragte mich, warum sie in meiner Gegenwart nicht rauchten.
    »Können Sie sich an den Namen erinnern, Frau Brick?«, fragte ich.
    Sie sah mich an, als sei sie überrascht, beim Namen genannt zu werden.
    »Ich… nein… an den Namen…«
    »Der Franz war’s nicht«, sagte Brick mit kehliger Stimme. Sein Pensum, vermutete ich, bewegte sich zwischen dreißig und vierzig Zigaretten pro Tag. Wenn er sich nicht bald eine ansteckte, war ich womöglich daran schuld, wenn er Entzugserscheinungen bekam. Ich sagte:
    »Woher wollen Sie das so genau wissen?«
    »Weil ich den Franz auf dem Foto nicht kenn.« Ich zog das Foto, das er meinte, aus der Tasche und zeigte es Frau Brick, die meine Kollegin nicht angetroffen hatte.
    »Kennen Sie diesen Mann?«
    »Ist das der Tote?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Nein.« Sie schaute nur kurz hin und gab mir das Bild rasch zurück.
    »Was wissen Sie über Soraya?«, fragte ich. Unvermittelt sagte Frau Brick: »Möchten Sie einen Schnaps, Herr Süden?«
    »Möchten Sie einen?«, sagte auch Herr Brick.
    »Nein«, sagte ich.
    »Gib mir einen!«, sagte Brick.
    »Stört es Sie, wenn ich eine rauch?«
    »Nein«, sagte

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