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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ich.
    »Rauchen Sie?« Er hielt mir die Packung hin.
    »Nein.«
    Er zündete sich eine Zigarette an und ließ sie zwischen den Lippen, bis seine Frau ihm sein Stamperl Jägermeister hingestellt hatte.
    »Dann zum Wohl!« Er kippte es runter, und seine Frau schenkte unverzüglich nach. Das verstand ich. Darin waren auch Martin und ich uns einig. Nur Flamingos können auf einem Bein stehen. Danach saßen wir wieder eine Weile stumm am Tisch. Brick rauchte und seine Frau traute sich immer noch nicht. Und Nichtraucherin war sie nicht, ich hatte ihre Fingerkuppen gesehen.
    »Rauchen Sie nicht?«, fragte ich.
    »Doch«, sagte sie.
    Manchmal war es komisch mit anzusehen, zu welchem Verhalten das Auftauchen eines Kriminalbeamten bei manchen Leuten führte. Komisch und ein wenig rührend.
    »Ist die wieder aufgetaucht?«, fragte Brick.
    »Nein«, sagte ich.
    »Wir haben den Namen von Ihrem Kollegen Esterer aus dem ›Lamm’s‹ am Sendlinger Tor.«
    »Ach«, sagte Annemarie Brick.
    »Geht’s ihm gut, dem Berti?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Und wie sind Sie auf den gekommen?«, fragte Brick, den das Befinden seines Kollegen weniger zu interessieren schien.
    »Über Ihren ehemaligen Kellner Ewald Sturm, den Wolfi.«
    »Der Wolfi!«, sagte Frau Brick munter.
    »Gibt’s den auch noch? Was macht der? Haben Sie den getroffen?«
    »Er hängt so rum«, sagte ich.
    »Gute Kellner werden doch immer gebraucht«, sagte Frau Brick.
    »Hat der gesagt, dass er Soraya kennt?«, fragte Brick.
    »Das ist noch nicht klar. Ihr Kollege Esterer behauptet, die Freundin von Franz hieß Soraya, und das ist die Frau auf diesem Foto.«
    »Ganz schön kompliziert«, sagte Annemarie Brick und zündete sich eine Zigarette an. Sie inhalierte, als habe sie ein halbes Jahr darauf verzichten müssen.
    »Es ist ganz einfach«, sagte ich.
    »Wenn Sie sich beide an Soraya erinnern, dann müssten Sie eigentlich auch den toten Franz gekannt haben.«
    »Eigentlich schon«, sagte Brick.
    »Ich kann mich nicht erinnern«, sagte seine Frau.
    »Du warst ja auch nicht jeden Tag da«, sagte Brick.
    »Aber oft schon.«
    »Aber nicht jeden Tag.«
    »Du kannst dich ja auch nicht erinnern.«
    Brick warf einen Blick auf das Foto, drückte die Zigarette aus und ruckte mit dem Oberkörper.
    »Willst dich hinlegen, Charly?«, fragte seine Frau.
    »Jetzt doch nicht!« Mit finsterer Miene schob sich Brick im Rollstuhl durchs Zimmer. Anscheinend wälzte er massive Gedanken.
    Ich sagte: »Als Soraya damals verschwunden ist, was haben Sie vermutet, wo sie hin sein könnte?«
    »Genau!«, sagte Brick und bremste abrupt den Rollstuhl ab.
    »Das ist das Stichwort! Ich hab die ganze Zeit überlegt. Die Soraya… die ist weg, und alle haben gesagt, die ist mit ihrem Italiener weg. Mit ihrem Italiener! So war’s! Weißt noch, Annerl, der Italiener?«
    »Ich kenn keinen Italiener«, sagte Annerl.
    »Außer den Silvio.«
    »Wer ist Silvio?«, fragte ich.
    »Das ist der Italiener vorn auf der Implerstraße, wo wir einmal die Woche zum Essen hingehen!«, blaffte Brick.
    »Der hat doch damit nichts zu tun! Ich red vom Italiener von der Soraya. Der Italiener!«
    Aufgeregt tastete er nach der Zigarettenschachtel auf dem Tisch und erreichte sie nicht. Seine Frau hielt ihm die Schachtel hin.
    »Wie hieß der Italiener?«, fragte ich. Brick machte ein paar Züge, dann deutete er auf den Aschenbecher und seine Frau stellte ihn auf die Decke, die über seinen Beinen lag.
    »Hab ich vergessen.«
    »Ich weiß nichts von einem Italiener«, sagte Annemarie, griff nach der Schachtel und zögerte.
    »Manchmal mein ich, du hast den Unfall gehabt und nicht ich«, sagte Brick.
    Ich wollte nicht nachfragen, dann dachte ich, es sei vielleicht unhöflich, nicht zu fragen, und dann war ich zu langsam.
    »Mein Mann ist von einem Lastwagen überfahren worden«, sagte Frau Brick.
    »In der Nacht, direkt vor der Wirtschaft. Fahrerflucht. Seitdem kann er nicht mehr laufen.«
    »Nicht mehr laufen!«, sagte Brick und hätte am liebsten den Rauch der ganzen Zigarette auf einen Zug eingesogen.
    »Ich bin ein Krüppel.«
    »Du bist kein Krüppel«, sagte Annemarie Brick sanft. Er drehte sich zur Seite und fuhr zu seinem Platz an der Schmalseite des Tisches zurück. Ich dachte daran, dass nach Aussage des Wirts Esterer der tote Franz bei einer Spedition als Fahrer angestellt war. Ich sagte: »Der Fahrer wurde nie ermittelt?« Sie schwiegen beide mit gesenktem Kopf und rauchten. Annemarie stand auf und holte einen zweiten

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