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Süden und das Geheimnis der Königin

Süden und das Geheimnis der Königin

Titel: Süden und das Geheimnis der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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keiner…«
    »Mit wem ist sie dann nach Italien?«, fragte ich.
    »Jetzt sind wir falsch, verdammt!« Mit einer schnellen Drehung um hundertachtzig Grad änderte Wolfi die Richtung und prallte mit Martin zusammen, der hinter ihm ging.
    »Tschuldige, Mann!«
    »Wir können über die Rumfordstraße gehen«, sagte ich.
    »Das ist kein Umweg.«
    »Ein Scheißumweg ist das!«
    Ich schob ihn wieder in die andere Richtung. Im Billardcafe herrschte Hochbetrieb unter Osteuropäern, und im »Rincon« erholte sich das schicke München bei bunten Getränken vom BWL-Studium.
    »Mit wem ist Soraya nach Italien, Wolfi?«, fragte ich noch einmal.
    »Mir doch egal.«
    »Glaubst du, sie ist entführt worden?«
    »Logisch!«
    Ich warf Martin einen Blick zu. Wir waren uns beide nicht mehr ganz sicher, was wir von Wolfis Aussagen halten sollten, womöglich düngte das Bier in seinem Kopf abstruse Gedanken.
    »Von wem entführt?«, fragte ich.
    »Von dem Italiener natürlich!«, schrie Wolfi die vorüberfahrende Straßenbahn an. Vor dem Restaurant »Il Lago di Garda« trat er gegen einen Zeitungsständer, klappte den Deckel auf und nahm eine Zeitung heraus, die er in die Innentasche seiner Jacke steckte.
    »Die ist von gestern, die kostet nix mehr.«
    »Die ist von heute«, sagte ich.
    »Willst mich jetzt verhaften?«
    »Ich will wissen, welcher Italiener die Soraya nach Italien entführt hat.«
    »Da bist jetzt zu spät«, sagte Wolfi. Wir kamen an einer Tankstelle vorüber, vor der sich ein junges Paar stritt.
    »Halt die Klappe, du blöde Kuh!«
    »Du bist so ein fieses Arschloch, weißt du das?«
    »Du wolltst ins ›Rincon‹, ich nicht!«
    »Deswegen brauchst du dich nicht den ganzen Abend wie ein Arschloch benehmen!«
    Vielleicht waren bunte Getränke und ein BWL-Studium eine unheilvolle Mischung.
    »Wieso bin ich zu spät?«, fragte ich.
    »Was?«, sagte Wolfi.
    Hinter uns klingelte es stürmisch. Ich drehte mich um. Einer meiner Lieblingsverkehrsteilnehmer raste auf uns zu: eine schwarz gekleidete Frau auf einem unbeleuchteten schwarzen Fahrrad. Selbstverständlich war sie mit ihrem Geklingel im Recht, wir standen dämlich im Weg herum und das auch noch auf dem Bürgersteig. Mit verkniffenem Gesicht preschte sie an uns vorbei. Gewiss war ihr in der Kindheit viel verboten worden und ihre Therapeutin hatte ihr geraten, das alles jetzt mal rauszulassen.
    »Wolfi«, sagte ich.
    »Ja«, sagte er.
    »Hör mal, ich hab den nicht gekannt, und der hat mich auch nicht interessiert, das war ein Freund vom Franz, glaub ich, aus Italien, ich hab den ignoriert. Hättst den Franz fragen müssen.«
    »Das ist jetzt zu spät.«
    »Sag ich doch.«
    »Was meinst du, warum hat er Soraya entführt?«
    »Das hab ich dir doch ewig lang erklärt! Weil die Soraya bei niemand wirklich geblieben ist, eine Zeit lang okay und dann… Die hast du nicht festhalten können, die wollt dann wieder allein sein, ich kann dir nicht sagen, wieso… Ich sag, da war irgendwas, was die… was die vor uns… vor uns verborgen hat… genau, verborgen… Und die wär garantiert nicht freiwillig nach Italien mit einem Typen, verstehst? Das ist unlogisch. Der hat die entführt.«
    »Das hättet ihr doch der Polizei sagen müssen.«
    »Nein«, sagte Wolfi. Wir standen an der Abzweigung zur Kohlstraße, direkt vor der Gaststätte »Königsquelle«.
    »Das hätten wir der Polizei nicht sagen müssen. Weil das eine Privatsache ist, die Frau ist weg und dafür sind wir nicht zuständig. Und ihre Eltern? Haben die irgendwas von dem Italiener erzählt? Na also. Die Eltern sind für die zuständig, nicht wir.«
    »Soraya war einundvierzig, als sie verschwand«, sagte ich.
    »Das ist doch egal! Die hat bei ihren Eltern gewohnt, die haben gewusst, was mit der los ist, und sonst niemand. Ich hab mit der was gehabt, ich geb’s zu, und das war großartig, aber ich hab auch nicht gewusst, was mit der los ist. Verstehst? Niemand hat das gewusst. Nicht mal der Franz, und der hat sie vielleicht am meisten geliebt. Und sonst gibt’s da nichts mehr zu sagen. Gut Nacht, Genosse!«
    Er schlurfte am Gasthaus vorbei und stützte sich alle paar Meter an der Hausmauer ab.
    »Und sonst gibt’s da nichts mehr zu sagen«, wiederholte ich.
    Was sollte dieser Satz anderes bedeuten, als dass es da noch eine Menge zu sagen gab, was Wolfi aber nicht bereit war, uns mitzuteilen?
    Die quietschende Tür stand sperrangelweit offen, jetzt mussten wir hindurch gehen.
    »Ein Augustiner für den Weg?«, fragte

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