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Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel

Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel

Titel: Süden und der Mann im langen schwarzen Mantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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bemerke er die mit dunkler Erde zugeschüttete Grube zum ersten Mal .
    »Sie war nicht bei der Beerdigung«, sagte der Pfarrer .
    »Sie hat auch vorher nicht versucht, Kontakt mit mir aufzunehmen.«
    »Warum hätte sie das tun sollen?«, sagte ich.
    »Um etwas Ruhe zu finden, möglicherweise, um sich auszusprechen.«
    »Sie hat mir gesagt, sie würde Sie nicht kennen.«
    »Ich habe relativ regelmäßig Gottesdienste in Taging abgehalten, immer wenn Pfarrer Wild in Urlaub war, oder wenn in der Gemeinde umfangreiche Feierlichkeiten anstanden. Ich hab Ihnen erklärt, Wild und ich waren Freunde.«
    Ich sagte: »Frau Feininger ging nicht wegen des Gottesdienstes in die Kirche.«
    Ferenz winkte dem Jungen, der erschrocken zurückwinkte und davonlief. »Das ist der Sohn vom Harder-Bauern, der Wastl. Der Hof liegt gleich nebenan, das ist der mit den schönen Geranien auf den Baikonen und den Rosenstöcken vor dem Haus. Er will mal Torwart werden.«
    Ich schwieg.
    »Letztendlich bleiben die Gründe unseres Handelns im Dunkeln«, sagte Ferenz. Er stand jetzt hinter mir, aber ich wandte mich nicht um. Ich sah zu der Stelle, wo die Kollegen die Leiche des Mädchens ausgegraben hatten .
    Vor einem Jahr hatte der achtundsechzigjährige Pfarrer Karl-Maria Wild sie dort verbuddelt, und niemand wollte etwas bemerkt haben, nicht die Bauern in der Nachbarschaft, nicht die Haushälterin Franziska Bergrain, kein nächtlicher Spaziergänger, keine jugendlichen Rumtreiber.
    Auf einer Fläche von vier Quadratmetern war schon vor längerer Zeit Erdreich ausgehoben worden, da der Pfarrer plante, einen kleinen Pavillon aus Holz für die Kinder, die hier ständig herumtollten, errichten zu lassen. Doch dann bekam er das Geld nicht wie erwartet zusammen, und die Grube wurde erst einmal wieder zugeschüttet .
    »Sie wissen, warum er die Tat begangen hat, Sie haben seine letzten Worte gelesen.«
    »Ja«, sagte ich.
     
    Aus den Augenwinkeln sah ich Ferenz nicken. Ich hörte ihn atmen. Vielleicht wollte er mich loswerden, er wirkte unruhig, in seiner Stimme lag ein abweisender Unterton .
    »Mir hat die Polizei in das Vermächtnis nicht Einblick gewährt, ich akzeptier das, ich bin kein Verwandter. Was Sie und Ihre Kollegen interessiert, ist das Motiv, was sonst? Und das Motiv war Angst, elementare, existenzielle Angst. Er fühlte sich bedroht, und sein Verstand hat versagt. Legen Sie das bloß nicht falsch aus! Ich entschuldige nichts, Gott behüte! Mein Freund hat ein zehnjähriges Mädchen erstickt und die Leiche im Garten des Pfarrhauses vergraben, das ist das Schlimmste, was man sich denken kann. In gewissem Sinn ist es apokalyptisch …«
    »Es ist die Tat eines Menschen«, sagte ich .
    »Bitte?« Er trat einen Schritt näher und sah mich von der Seite an. »Die Tat eines Menschen? Ich leugne das nicht, ich versuch nur zu verstehen. Ihn zu verstehen, zu begreifen, was in ihm vorgegangen sein mag.«
    Weil ich seinen Blick nicht erwiderte, schaute er ebenfalls aus dem Fenster, wobei er zwischen den Sätzen den Kopf unmerklich zu mir drehte. »Warum, wissen wir nicht. Aber die kleine Anna war hier im Garten, wie vorhin der Wastl, wir haben das Kräuterbeet hier, die Stachelbeersträucher, das Schilf, den kleinen Tümpel, lauter Dinge, die Kinder neugierig machen. Deswegen auch der Plan für den Pavillon. Zum Ausruhen zwischendurch, zum Lesen, zum Innehalten. Sie war also da, die kleine Anna, und sie schaute durchs Fenster.« Er wartete auf eine Reaktion von mir, die ich verweigerte. »Und was sie sah, erschreckte sie. Erschreckte sie in dem Ausmaß, wie auch Wild und … und seine Freundin erschraken.«
    In riesigen Schlagzeilen hatten die Zeitungen über die Szene berichtet, oder darüber, wie die Leser sich den Moment der peinlichen und so fürchterlich endenden Enttarnung vorstellen sollten. Seriösere Blätter entfachten die Diskussion über den Sinn des Zölibats von neuem, und in den Erklärungen der ermittelnden Kripo überwogen Vermutungen und allgemeine Formulierungen .
    Doch niemand außerhalb der Soko bezweifelte grundsätzlich das auslösende Moment für die Tragödie an jenem sonnigen fünften Juli.
    Dabei hatte Karl-Maria Wild im Abschiedsbrief an seine Geliebte die Wahrheit unmissverständlich offen gelegt .
    »Das Mädchen ist weggerannt«, sagte Ferenz. »Und nun liegen die beiden da, ertappt, von Schuld und Scham überwältigt. Ein grauenhafter Moment für Wild. Und dann passiert etwas Merkwürdiges.«
    Um seine Unruhe nicht

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