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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Arbeit. Er musste sich konzentrieren. Sein Befinden war ausgeglichen.
    »Gib mir noch einen Averna dazu, mit Eis, ohne Zitrone.«
    »Alkohol im Dienst?«, sagte der Mann neben ihm.
    »Sag mir lieber was Vernünftiges über Ariane, Enzo.«
    »Ariane.« Enzo steckte die Hand in die Hosentasche. »Sie war hier, wie gesagt, mies drauf, hat gesoffen. Sie war lang nicht mehr da, oder, Lissi?«
    Lissi stellte die Getränke auf den Tresen.
    »Zwölf fünfzig.«
    Heuer gab ihr fünfzehn.
    »Was war los mit ihr?« Nach dieser Frage trank er den Averna.
    »Das hat sie nicht verraten«, sagte Enzo.
    »Hatte sie Streit mit Iris Frost?« Nach dieser Frage trank Heuer das Pils in einem Zug aus.
    »Mordsdurst«, sagte Lissi.
    Heuer deutete auf die zwei leeren Gläser.
    »Sie war mies drauf, ganz mies. Außerdem ist sie fett geworden.«
    »Blödsinn«, sagte Lissi.
    Jetzt sang Costa Cordalis. Heuer hielt sich die Ohren zu. Enzo und Lissi sahen ihn an.
    »Alles unter Kontrolle?«, fragte Enzo.
    Heuer hob das Bierglas, das Lissi ihm hingestellt hatte. Und schlürfte den Schaum.
    »Und wie lang war sie hier?«
    »Halbe Stunde. Oder, Lissi?«
    Lissi nickte. Zupfte an ihrem roten Büstenhalter. Und rührte mit dem Strohhalm in einem Proseccoglas.
    »Scheißtag«, sagte sie.
    »Möge es nützen!«, sagte Heuer, prostete ihr und Enzo zu und trank.
    Nach einigen Minuten, während Costa Cordalis zu Ende sang und von Udo Jürgens abgelöst wurde, wandte sich Enzo wieder an den Kommissar.
    »Erst hab ich gedacht, sie will zurück, sie fängt wieder bei mir an, sie hatte so einen Blick. Ich hab gedacht, die will weg von ihrer spießigen Kneipe, die will wieder was erleben, die will wieder Geld verdienen und das machen, was sie spitzenmäßig kann. Sie sah so aus, oder, Lissi?«
    Die junge Frau, die außer ihrem Büstenhalter, Hotpants und roten Stöckelschuhen nichts anhatte, dachte an ihren fünfjährigen Sohn.
    Und dann kam endlich ein Kunde herein.

    Er lag auf der Matratze. Und fragte sie, ob sie Lust habe, sich in der Galerie die beiden Radknechts anzusehen. Grandiose Arbeiten, sagte er. Grandios grandios.
    Er stöhnte. Rieb sich den Hintern.
    Eilig zog sie ihren Mantel an. Die Plastikplane unter ihren Stiefeln knisterte.
    »Wie blau deine Augen sind«, sagte Andreas Binger. Sein Körper zitterte immer noch.
    In der Schulter spürte sie ein Brennen. Sie hatte sich tief zu ihm hinunterbeugen müssen. Sie musste ausholen. Zuschlagen. Ausholen. Seinen Kopf festhalten. Zuschlagen. Immer auf dieselbe Stelle. Dasselbe alte Spiel.
    Das Spiel, das sie anwiderte. Schon immer angewidert hatte. Und doch war sie eine der Besten gewesen. Nach ihr verlangten all die Männer, derentwegen diese Spiele erfunden worden waren.
    »Bleib doch bis in der Früh«, sagte er heiser.
    Ihr Nacken spannte. Und sie hatte Kopfschmerzen.
    »Gut«, sagte er. Er spreizte die Beine. Sie sah nicht hin. Er war müde. Er schloss die Augen. Machte sie wieder auf.
    »Ist noch was?«
    »Was soll sein?«, sagte sie. Angewidert warf sie einen Blick auf den umgefallenen Nachttopf.
    »Willst du etwa Geld?« Binger bewegte die Oberschenkel. Und es gefiel ihm, dass Ariane es nicht gelang wegzuschauen.
    »Ja«, sagte sie.
    »Ich hab gedacht, du bist keine Nutte mehr.«
    »Das stimmt.«
    »Was soll dann …«
    »Willst du handeln?«, fuhr sie ihn an. Sie rannte aus dem Zimmer. Sperrte die Wohnungstür auf. Knipste das Licht im Treppenhaus an. »Gib mir endlich mein Geld, Andreas.« Das, dachte sie, war laut genug. Dann bemerkte sie das unbeschriftete Klingelschild an der Tür.
    Binger richtete sich auf. Sie kam zurück.
    »In meiner Hose sind dreihundert Mark.«
    Sie holte die Scheine heraus. Und steckte sie in die Manteltasche.
    »Bitte«, sagte Binger.
    Am liebsten hätte sie ihn angespuckt.
    Dann knallte sie die Tür zu. Und lief nach unten.
    Auf der letzten Stufe ging das Licht aus. Sie tastete nach dem Geländer. Der Lauf fühlte sich geschmeidig an. Sie drückte die Hand fest darauf.
    Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen.
    Ihre Hand rutschte vom Geländer.
    Dann war sie draußen.
    Die Galerie war unbeleuchtet. Im Vorbeigehen warf sie einen schnellen Blick durchs Schaufenster. Sie musste an das Gemälde oben im Wohnzimmer denken. An die Musik der Farben.
    Dann überlegte sie, wer in der Wohnung mit dem blauen Licht lebte. Eine Domina? Eine Hausfrau mit Neigungen? Eine von denen, die den anderen das Geschäft versauten? An so etwas wollte Ariane jetzt nicht denken. Das

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