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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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haben Sie was missverstanden.«
    Wieder stand sie auf. Klopfte mit beiden Händen an ihre Hüfte. Und ging zum Fenster.
    »Hat Ihre Tochter einen Freund?«, fragte Süden. Lautlos stand er ebenfalls auf.
    »Sie hat einen Zuhälter, sie hat immer einen Zuhälter gehabt, das genügt ihr, mehr braucht sie nicht, nur einen, der sie ausnimmt, der ihre Dummheit so richtig zur Geltung bringt.«
    »Ihre Tochter arbeitet nicht mehr im Milieu«, sagte Sonja erneut.
    Paula Jennerfurt drehte sich um. Und erschrak. Unmittelbar vor ihr stand Tabor Süden, die Hände vor der Brust verschränkt.
    »Drohen Sie mir bloß nicht.« Paula streckte die Hand aus. Und schob Süden zur Seite. Wie vorhin die Gardine.
    »Wollte Ihre Tochter Ihnen damals sagen, dass sie jetzt ein Lokal eröffnet und nicht mehr anschaffen geht?« Auch Sonja stand auf.
    »Jeder ist für sich allein verantwortlich«, sagte Paula. Fegte mit einem harten Blick über die Gesichter von Sonja und Süden. Und sackte auf die Couch. »Ich bin müde, ich hab Ihnen nichts zu sagen, war ein Missverständnis, kommt vor, ich hab mit meiner Tochter nichts zu tun. Sie hat immer schon lieber Tagebuch geschrieben statt mit mir geredet. Natürlich hat sie das erste Tagebuch von ihrem Vater geschenkt bekommen, von wem sonst? Ich hab nie drin gelesen, hat mich nicht interessiert, ich hab kapiert, dass sie nichts mehr mit mir zu tun haben will, kommt vor, ich kenn ein paar so Familien, da lassen die Kinder die Eltern links liegen, die können sich auf den Kopf stellen, ich hab Fälle gehabt im Altenheim, da haben die Kinder die Mutter verrecken lassen, und keine müde Mark, keinen Pfennig für die Beerdigung, das ist Alltag, ich weiß das.«
    »Kennen Sie Iris Frost?«, fragte Süden.
    »Auch so eine Nutte. Ich kenn sie nicht, Jenny hat von ihr erzählt, ich hab nicht hingehört, ich hab nie hingehört, wenn sie mir was erzählt hat, ich hab mir gedacht, was sie kann, das kann ich auch. Ich hab nicht hingehört.«
    »Sie haben Iris Frost nie kennengelernt?« Süden strich sich übers Gesicht. Die abgestandene Luft machte ihn träge.
    »Doch, einmal, in der Stadt, zufällig. Jenny wollte mich unbedingt zum Essen einladen, an meinem Geburtstag. Glauben Sie, mir liegt was an meinem Geburtstag? Ich bin hingefahren, ich dachte, ich tu ihr einen Gefallen. Blöde Idee. Dann tauchte diese Nutte auf, rote Haare, was sonst, rauchte die ganze Zeit. Nach zwei Stunden hab ich gesagt, ich muss gehen, unangenehme Männer hockten da rum, Zuhälter. Einen hat Jenny begrüßt, natürlich. Sie wollte mir zeigen, wie sie so lebt. Ich war froh, dass ich wieder weg war.«
    »Hat Ihre Tochter Ihnen Briefe geschrieben?«, fragte Sonja.
    Süden wartete schon an der Tür.
    »Ja«, sagte Paula.
    »Dürfen wir die mal sehen?«
    Paula trank einen Schluck Tee. »Nein.«
    »Vielleicht finden wir einen Hinweis darauf, wo sie steckt«, sagte Süden.
    »Glauben Sie, ich heb das Zeug auf? Ich heb nichts auf, wer soll das wegräumen, wenn ich sterb?«
    »Sie haben nach dem Tod Ihres Mannes nicht mehr geheiratet?«, fragte Sonja.
    »Sehen Sie hier irgendwo einen Mann?«, sagte Paula.
    »Warum haben Sie nicht mehr geheiratet?«
    Sie lehnte sich zurück. Und sah die beiden an. Doch Süden kam es so vor, als würde ihr Blick dreißig Zentimeter vor seinem Gesicht enden.
    Im Auto blieben sie noch eine Zeitlang still sitzen, bevor Sonja den Motor anließ.
    Im Garten spielten die Katzen mit der Gießkanne Verstecken.

    Als wäre sie zufällig an dem Haus vorbeigekommen, hatte sie innegehalten. Und die Tür mit der schmiedeeisernen Verzierung betrachtet. Und noch in dem Moment, als sie die Stimme in der Sprechanlage hörte und antwortete, glaubte sie, sie wäre nur einer Laune gefolgt, die sie von der Isar bis hierher geleitet hatte.
    Sie stieß die schwere Tür auf. Und stieg die gewundene Treppe hinauf, die der in ihrem Haus glich. Allerdings gab es hier keine schiefen, abgetretenen Stufen. Und es roch auch nicht nach Moder. Das Geländer war das gleiche. Der Lauf aus glänzendem Holz fühlte sich warm an. Geschmeidig.
    Dann ging im zweiten Stock eine Tür auf. Und ein Mann trat heraus.
    Sofort wusste sie seinen Namen. Sie wusste ihn, weil sie in ihrem Adressbuch nachgeschlagen hatte. Vorher. Unterwegs. Sie hatte nicht nach diesem Namen gesucht. Nur so geblättert.
    »So eine Überraschung«, sagte Andreas Binger.
    Trotzdem war sie nicht zielstrebig in die Konradstraße gegangen. Vielmehr glaubte sie, die Adresse zeitweilig

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