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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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zog er vermutlich nicht zum ersten Mal, wie die Frau schließlich zugab, mit einem Freund um die Häuser. Und würde spätestens am Dienstag wieder zurück sein.
    Diesmal ist es anders, hatte die Frau gesagt. Das kommt doch oft vor, dass einer behauptet, er geht zum Zigarettenholen, und haut dann ab für immer!
    So etwas hab ich noch nie erlebt, hatte Kriminaloberrat Karl Funkel zu ihr gesagt. Sie glaubte ihm nicht.
    Unter den eintausendsechshundert Verschwundenen, deren Fälle Funkels Dezernat 11 jedes Jahr bearbeitete, gab es keinen einzigen Zigarettenholer.
    Daran musste Tabor Süden jetzt denken, während er seinen Kaffee trank. Und zur Tür blickte. Und sich dort Sonja vorstellte.
    Das Telefon klingelte.
    Er stellte die Tasse ab. Strich die Haare nach hinten. Und betrachtete das weiße Telefon, als verrate dessen Klingeln etwas über den Anrufer. Süden ließ es fünfmal klingeln.
    »Meine Frau ist weg, die kommt nicht mehr.« Der Mann war angetrunken. Und weinte.
    »Die kommt wieder«, sagte Tabor Süden.
    »Ja«, brüllte der Mann. Dann schwieg er.
    Süden hörte ihn schniefen. Er trank seine Tasse leer. Und machte sich Notizen.
    »Seit wann vermissen Sie sie?«
    »Was?«
    Am anderen Ende schepperte etwas. Jemand fluchte. Dann war im Hintergrund eine zweite Stimme zu hören.
    »Sagen Sie mir bitte Ihren Namen«, sagte Süden.
    »Moment mal.«
    Normalerweise hätte Süden ihn auffordern müssen, ins Dezernat zu kommen, um seine Aussage zu machen. Offensichtlich war der Mann jedoch nicht allein. Und Süden wollte erst herausfinden, was überhaupt vorgefallen war.
    Er hatte ihn sofort gemocht. Der Mann hatte festgestellt, dass seine Frau verschwunden war. Doch ob er sie vermisste, darüber hatte er noch nicht nachgedacht. Es ist der Bruch der Gewohnheit, der uns am meisten schreckt. Mehr als das plötzliche Fehlen eines Menschen.
    »Die seh ich nie wieder, nie wieder.«
    »Bitte?«, sagte Süden.
    Der Mann am anderen Ende der Leitung hielt sich das Telefon anscheinend direkt vor den Mund. Seine Stimme klang blechern. »Die kommt nicht mehr, die ist raus aus der Wirtschaft und weg.«
    »Sagen Sie mir bitte Ihren Namen«, wiederholte Süden.
    »Koberl Alfons. Sie müssen die suchen, die Frau, die … die tut sich was an … Die ist ge… gefährt ist die …«
    »Was ist sie?«
    »Gefährt, die springt in die Isar.«
    »Ihre Frau, Herr Koberl?«
    »Welche denn sonst«, brüllte er.
    »Wieso sollte Ihre Frau in die Isar springen, Herr Koberl?«
    »Weil die spinnt.« Der Mann fing wieder an zu weinen. Jemand redete auf ihn ein. Süden verstand nur den Namen Fonsi. Der Mann schneuzte sich. Und hustete.
    »Wer ist bei Ihnen?«, fragte Süden.
    »Ihre Schwester …«
    »Ich möchte mit ihr sprechen.«
    »Das geht nicht.«
    »Bitte, Herr Koberl.«
    Nach einer Weile meldete sich eine Frauenstimme: »Hier spricht Frau Falke.«
    »Tabor Süden, Vermisstenstelle. Frau Falke, haben Sie eine Ahnung, wo Ihre Schwester stecken könnte?«
    Sie zögerte einen Moment. Und hielt offensichtlich die Sprechmuschel zu. Der Kommissar klemmte den Hörer zwischen Kinn und Schulter. Und blickte wieder zur Tür, die er angelehnt hatte. Langsam begann er zu schwitzen.
    Das gefiel ihm.
    Manchmal, wenn ihm heiß wurde, machte er auch den obersten Knopf seines Hemdes zu. Und krempelte die Ärmel runter. Und fühlte sich gesund. Du könntest mal was abnehmen, sagte Sonja. Und er gab ihr recht. Mit seinen ein Meter achtundsiebzig wog er achtundachtzig Kilo. Und das Fett war unregelmäßig verteilt. Trotzdem wäre Süden nie auf die Idee gekommen abzunehmen. Er war überzeugt davon, dass sein Körper sein eigener Herr und von Natur aus fair zu sich war.
    Spinner, sagte Sonja zu ihm. Er umarmte sie dann.
    »Herr Süden?«
    »Ich bin hier.«
    »Meine Schwester … die hat Streit gehabt mit dem Alfons …« Sie stockte. Jetzt war ihre Stimme leiser. »Wir haben heute … heute Alfons’ Mutter beerdigt, sie war siebenundachtzig, er hat sehr an ihr gehangen, und die Erika … das ist meine Schwester, die … die haben sich halt nicht vertragen. Aber das war nicht böse gemeint, die haben …« Sie stieß ein trauriges Lachen aus. »Die haben, wissen Sie … die wollten immer … sie haben gewetteifert, in allem, beim Kochen, bei den Kleidern … Wer hat die schöneren Sachen, wer kann den besseren Braten … Die waren halt so, und … und dem Alfons ist das auf die Nerven gegangen, immer schon, der hat deswegen rumgebrüllt, er wollte,

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