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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Bier trinken. Der Sekt verklebte ihm schon jetzt den Mund. Er mochte keinen Sekt. Nicht einmal Champagner. Er trank Bier. Und klare Schnäpse. Und manchmal Rotwein. Schweren kalifornischen Rotwein, den Silvio im »Stinking Rose« in einer Karaffe auf den Tisch stellte. Wie viel er auch trank, Silvio berechnete jedes Mal nur fünf Dollar. Ein Spottpreis. Silvio hatte Schilffs Interview mit Michelle Pfeiffer gelesen. Die verehrte er mehr als seine Mutter.
    »The ›Stinking Rose‹«, sagte Schilff laut.
    »Was ist?« Die Bedienung stellte die Sektflasche in den Eiskübel.
    »Bringen Sie mir ein Bier.«
    »Wollen Sie nicht erst den Sekt trinken?«
    »Was kostet die Flasche?«
    »Zweiundsechzig Mark.«
    »Das ist ein gerechter Preis«, sagte Schilff, gab der Frau einen Hundertmarkschein und lächelte. »Bringen Sie mir das Bier, der Rest ist für Sie.«
    »Danke«, sagte die Bedienung.
    Statt seiner Jeansjacke hatte Schilff einen Trenchcoat übergezogen, den er an der Garderobe nicht abgegeben hatte. Der Mantel hing über der Stuhllehne. Schilff wollte jederzeit aufstehen und weggehen können. Achtzig Dollar hatte er für den Trenchcoat bezahlt. Im Second’s First in der Cincinnati Street. Barbara hieß die Besitzerin, eine deutschstämmige Mittfünfzigerin, verheiratet mit einem Schauspieler aus Detroit, der sich dann in einen Mann verliebte. Und an die Westküste zog. Sie war mit ihm gekommen. Sie dachten, sie schaffen es zu dritt. Dann merkte sie, dass sie nur ein Vehikel aus der Vergangenheit war.
    »Vehikel aus der Vergangenheit«, sagte er laut.
    »Ihr Bier.« Die Bedienung stellte ein Pils auf den runden Tisch.
    Er trank es in zwei Zügen aus. Die Bedienung war an die Bar zurückgegangen und ließ sich von einer Kollegin Feuer geben. Auf der Bühne tanzte eine nackte Frau mit gespreizten Beinen. Die fünf Männer, die außer Schilff zusahen, schienen Freude an der Darbietung zu haben.
    Wenn er betrunken war, würden sich neue Dinge ergeben, dachte er plötzlich. Er nahm die Sektflasche aus dem Kübel und stellte fest, dass die Bedienung ihm kein frisches Glas gebracht hatte. Er schaute zur Bar, von wo aus sie ihn beobachtete. Er hob den Ellbogen. Und das leere Glas fiel zu Boden. Das Klirren war kaum zu hören.
    »Ein Versehen«, sagte er zur Bedienung. Der blieb nichts anderes übrig, als eine Schaufel und einen Besen zu holen und die Scherben zusammenzukehren. Schilff sah ihr dabei zu. Als sie vor ihm kniete, so heftig atmend, dass er glaubte, ihr Busen würde aus dem schwarzen BH rutschen, hatte er das Bedürfnis, ihren Kopf zu packen und gegen die Tischkante zu schlagen. Zweimal hintereinander. Und sie anschließend liegen zu lassen. Scheißnutte, bring mir ein frisches Glas. Und glotz nicht so arrogant.
    Er trank aus der Flasche. Die Bedienung forderte ihn auf, das zu unterlassen. Er sah sie an. Noch ein Wort, und er würde ihr mit dem abgebrochenen Flaschenhals das überhebliche Geglotze aus der Fresse schneiden.

    Der Nachmittag bei den Frauen war richtig, ich bin Iris dankbar, dass sie mich überredet hat hinzugehen. Wie es weitergeht, das weiß ich nicht. Ich bin ruhig, jedenfalls heute. Klara hat erzählt, sie kennt infizierte Frauen, die sitzen im Biergarten und fangen plötzlich an, über ihre Krankheit zu reden, mit fremden Männern. So etwas würde ich nie tun. Wozu soll das gut sein, einen Mann zu schocken? Der haut doch dann ab oder er sieht dich verächtlich an, das möchte ich nicht. Der denkt dann, so eine Nutte, die hat’s mit vielen Männern gemacht, sonst hätte sie die Krankheit ja nicht. Gegen solche Dummheit kann man schwer gewinnen. Ich will es versuchen. Ich lass mich nicht unterkriegen, ich habe mich oft schlecht behandeln lassen, sehr mies, wie ein Tier, untergekriegt hat mich niemand, kein Mann, nicht einmal Enzo. Der hat sich das bloß eingebildet. Der denkt, wenn eine Frau eine Sklavin spielt, dann ist sie auch eine Sklavin, und jeder kriegt sie unter. Das ist Dummtum, so zu denken.
    Iris und ich haben vereinbart, dass wir das nächste Mal gemeinsam zu den Frauen und der Ärztin gehen und uns informieren über die Medikamente und die Tests, die man machen muss.
    Siehst du, du bist nicht alleine, meine hübsche Hochwohlgeborene. Du kannst dich auf jemand verlassen. Da ist jemand, der dich liebt.
    Ich beschließe jetzt, vorerst keine Angst zu haben.
    Wenn die Angst kommt, sage ich nein. Und wenn ich noch mal so einen fürchterlichen Traum habe, wache ich einfach auf. Das nehme ich

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