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Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)

Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten)

Titel: Sünde einer Nacht (Geschichtentrilogie Band 3 Romantische Geschichten) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: RosMarin
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sucht alle Plätze ab. Dann verlässt er den Saal. Das wiederholt sich einige Male. Als er zum vierten Mal kommt, sage ich:
    "Suchst du den älteren Typ?"
    "Ja. Wo ist der hin?"
    "Weiß ich doch nicht. Der hat auf dich gewartet und ist dann gegangen."
    "Danke", sagt der Junge. "Ich brauch was zu essen." Er geht.
    Ich versuche, mich auf den Film zu konzentrieren, der schon eine Weile läuft, und bekomme nichts mit. Was sollen die überdimensionalen Maschinen, die durch die Luft sausen, die Menschen, die in wilden Sexorgien versinken? Als der Held zu dem Orakel geht, das eine Frau und kein Mensch ist, reicht es mir. 
     
    Vor der Tür wartet der Junge. Er ist sehr dünn und bleich und starrt mich aus großen, glänzenden Augen wie irr an. Er wartet. Worauf nur? Warten immer alle Menschen?
    Der Kellner springt noch hin und her. Er wartet nicht. Er hat zu tun. Seltsamerweise sind jetzt mehr Besucher hier als vor eineinhalb Stunden.
    Ich laufe nach Hause. Freddy steht in der Küche und beißt seelenruhig in meine Semmel, die ich auf dem Küchentisch liegen gelassen habe. 
    "Das ist meine", sage ich, noch halb in der Wohnungstür, "ich habe auch Hunger."
    Freddy verschluckt sich fast, hält mir die angebissene Semmel entgegen und sagt:
    "Hier, kannst du haben. Konnte ich ja nicht wissen."
    "Jetzt will ich sie auch nicht mehr", schmolle ich, "esse ich eben nichts. Kann auch nicht schaden. Bin sowieso zu dick."
    "Wo warst du eigentlich?" Freddy schaut vorwurfsvoll auf mich herab. "Ich war schon so früh da. Ich hatte doch keinen Haustürschlüssel mit und musste bei Gisela klingeln. Die hat vielleicht ein Theater gemacht."
    "Armer Schatz", sage ich, "ich werde uns was Schönes kochen."
     
     
     
    Der alte Herr Joan
     
     
     
    W ie jeden Nachmittag saß der alte Herr Joan auf der geräumigen Terrasse vor seinem Landhaus.
    Es war ein schöner Tag. Der Himmel blau. Die Sonne sanft. Weit weg die Geräusche der Straße. Manchmal tirilierte ein Vogel in den hohen Kastanienbäumen im Garten. 
    Verträumt gab Joan noch ein Stück Zucker in seinen Tee und stellte die Zuckerdose dann zurück auf das verschnörkelte Tablett, das Mathilde, seine Haushälterin, ihm immer so liebevoll hinstellte. 
    Langsam bewegte der alte Herr Joan den Löffel in dem kostbaren Glas. Immer im Kreis. Immer im Kreis, während der süßliche Duft des Oleanders im Kübel ihn schläfrig werden ließ.
    Unbemerkt glitt ihm der Löffel aus der Hand und sein Kopf sank schwer auf die Glasplatte des runden Tischchens.
     
    *
     
    Mit dem Fernglas blickt der alte Herr Joan seiner Geliebten entgegen. Ihr rotblondes Haar weht lustig im Sommerwind.
    Beschwingt geht sie durch die Wiese voller Blumen. Sie trägt ein Kleid aus gelber Seide und sieht selbst aus wie eine große Sonnenblume.
    Rex, sein Hund, läuft ihr entgegen. Und auch er geht ein Stück des Wegs auf sie zu.
    Als sie ganz nahe voreinander stehen bittet er sie, kein Wort zu sagen.
    Lächelnd respektiert sie seinen Wunsch. Er sieht tief in ihre Augen mit den goldenen Splittern und sagt leise:
    "Ich will nicht, dass dieser Traum so schnell zerfließt wie damals, als ich noch ein Knabe war. Als du zu mir kamst und ich zum ersten Mal die Sehnsucht nach einem Mädchen verspürte. Wie ein Wunder standest du plötzlich mitten im Zimmer. Und mit dir kam eine Melodie in den Raum, die ich nie zuvor, aber auch nie mehr danach, gehört habe in all den sternklaren Nächten.
    Du trugst ein schwarzes Kleid aus Samt. Ich konnte nur deinen Rücken sehen. Dein Haar fiel in Wellen über deine Schultern. Ich fand dich wunderschön. Doch immer, wenn ich dich zu mir drehen wollte, um dein Gesicht zu sehen, löstest du dich auf wie eine Seifenblase.
    Ich stand allein mitten im Raum.
    Du warst das Mädchen ohne Gesicht.
    Ich fing an, dich zu suchen. Ich wusste nicht, wer du bist. Auch deinen Namen kannte ich nicht. So nannte ich dich Liebe. Ich sagte zu dir Liebe, wie man zur Blume Blume sagt. Wie man die Sterne Sterne nennt. Die Sonne Sonne. Liebe. Denn die warst du für mich. Liebe. Meine Liebe.
    In den sternklaren Nächten suchte ich dich am Himmel. Zwei schönste Sterne machte ich mir aus und setzte sie ein als deine Augen. Mit den anderen zeichnete ich dein Gesicht. So konnte ich dich sehen, wie ich dich sehen wollte. Wenn du dann gelächelt hast, sich um deine Mundwinkel zwei winzige Grübchen bildeten, Spucknäpfchen für Liebesgötter, wie Heinrich Heine schrieb, holte ich den kleinsten, den hellsten, den schönsten

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