Sünden der Leidenschaft
Frau hat ihn heute verlassen.«
»Wahrscheinlich hatte sie einen guten Grund.«
»Man sagt, sie sei mit Baron Lacretelle auf und davon.«
»Eine Trennung in gegenseitigem Einverständnis also. Adam hatte Dutzende von Liebschaften.«
»Wirklich geschmacklos von ihm, heute abend hierherzukommen, als ob nichts geschehen wäre«, bemerkte ein älterer Herr.
»Das ist sein indianisches Blut«, flüsterte eine junge Dame neben Flora, die Adams lässige und muskulöse Erscheinung von oben bis unten betrachtete und mit vor Aufregung piepsender Stimme sagte: »Die zeigen ihre Gefühle nie.«
Jetzt scheint er seine Gefühle sehr wohl zu zeigen, dachte Flora, während sie die angeregte Unterhaltung zwischen ihrem Gastgeber und dem Mann beobachtete, dem so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Während des Gesprächs lächelte der bronzehäutige Mann häufig, und einmal brach er plötzlich in Lachen aus. Sein Lachen löste ein eigenartiges, unmittelbares Gefühl in ihr aus, als würde seine Heiterkeit sie selbst aus der Entfernung betören.
»Wer ist das?« fragte Flora, von seiner Präsenz beeindruckt.
Die junge Dame antwortete, ohne die Augen von dem gutaussehenden, langhaarigen Mann abzuwenden: »Adam Serre, Comte de Chastellux. Ein Halbblut«, fügte sie sanft hinzu, denn seine exotische Herkunft war offensichtlich von großem Interesse für sie. »Er ist wieder einmal zu haben, nachdem ihn seine Frau verlassen hat.«
»Wieder zu haben?« Meinte sie zu heiraten? Flora war sich bei solchen weiblichen Andeutungen nie ganz sicher, da sie selbst eine sehr direkte Art hatte. Deshalb fragte sie höflich nach.
»Wissen Sie …« Die hübsche blonde Frau wandte sich kurz zu Flora um und erklärte es ihr. »Sehen Sie ihn sich doch nur an.« Ihr Seufzer war nur einer von vielen verstohlenen oder offenen, die im weiteren Verlauf des Abends bei Adams Anblick noch ausgestoßen werden sollten.
Flora wurde ihm erst sehr viel später – im Anschluß an das Abendessen – vorgestellt, nachdem ein Streichquartett für die Gäste, die tanzen wollten, zu spielen begonnen hatte.
»Adam, ich möchte Sie gern mit George Bonhams Tochter Flora bekannt machen«, sagte Richter Parkman. »Flora Bonham, Adam Serre.«
Flora war ungewöhnlich berührt von seiner unmittelbaren Wirkung. Als sie sprach, zitterte ihre Stimme leicht. »Wie geht es Ihnen, Mr. Serre?« Ihre Blicke trafen sich, und ihr stockte für kurze Zeit der Atem. Sie war beeindruckt, wie gut er aus der Nähe aussah, spürte aber auch die Gefahr für sich, die von ihm ausging.
»Mir geht es gut, danke«, antwortete er mit einem offenen und natürlichen Lächeln, ganz offensichtlich nicht betroffen von dem Gerede über seine Ehe. »Ist dies Ihr erster Besuch hier in Montana?«
»Ja«, antwortete Flora, die sich wieder gefangen hatte. Er schien sich seines guten Aussehens nicht bewußt zu sein. »Montana erinnert stark an die Prärien der Mandschurei. Es ist wunderbar. Der weite Himmel, in der Ferne die Berge.«
Die Tochter des Grafen ist aufregend, dachte Adam mit Kennerblick. Volles rotbraunes Haar, üppig und schwer, das so lebendig aussah, ein Gesicht, das von den großen dunklen Augen beherrscht wurde und durch den Aufenthalt im Freien sonnengebräunt war. Er wußte von den Reisen, die sie mit ihrem Vater unternommen hatte. George Bonham hatte in den vergangenen Monaten mehrere Lager der Absarokees besucht. »Und ein gutes Land für Pferde«, antwortete er, »wie die asiatischen Steppen. Haben Sie den Baikalsee gesehen?«
»Sind Sie etwa auch dort gewesen?« Ihre Stimme klang lebhaft.
»Vor vielen Jahren.«
»Wann?«
Er dachte einen Moment nach: »Ich hatte gerade die Universität abgeschlossen. Es muß 1859 gewesen sein.«
»Nein!«
»Wann waren Sie dort?« Ihre Begeisterung faszinierte ihn.
»Im Juni.«
»Wir schlugen unsere Zelte an der Westküste in der Nähe von Krestowka auf. Sagen Sie nicht, Sie waren auch in dem Dorf, und wir haben uns verpaßt.«
»Wir waren einige Kilometer von Listwijanka entfernt.«
Sie lächelten sich an wie zwei Freunde, die sich lange nicht gesehen haben.
»Haben Sie Lust, ein Glas Champagner zu trinken?« fragte Adam. »Erzählen Sie mir, was Ihnen in Listwijanka am besten gefallen hat – die Kirche, die Komteß Archenew oder die Ponys?«
Sie stimmten darin überein, daß die Kirche ein wahres Juwel ländlicher Architektur darstellte. Es war nur natürlich, daß die reizvolle Komteß eher einem jungen Mann gefiel, der sich für
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