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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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unübersehbar war.
    Megan musste sich zwingen, ihren Blick auf weniger
    provokante Details seiner Anatomie zu richten – der
    wohlgeformte Brustkasten, die schmalen Hüften, Beine so lang und muskulös wie die eines Reiters.
    Wer immer gemeint hatte, er würde in diesem Aufzug
    lächerlich aussehen, besaß offensichtlich keine Hormone.
    Die Kopfbedeckung stellte ein anderes Kapitel dar. Aus der Pudelmütze der Minnesota Vikings sprossen gelbe Filzhörner und lange Zöpfe aus gelbem Garn. Die Zöpfe hüpften im Takt zum Tanz. Er bemühte sich um eine beleidigt würdevolle Miene, 36
    aber hatte seine liebe Not damit.
    Als die Nummer zu Ende war, verbeugten sich die Tänzer theatralisch, mussten aber so lachen, dass sie sich nicht mehr aufrichten konnten. Harrison Ford hatte ein wundervolles Lachen. Warm, rauh, maskulin. Es macht mich natürlich nicht an, dachte Megan, ihr war sicher nur so heiß geworden, weil sie zuviel anhatte. Willkürliche Körperreaktionen auf Männer – so etwas gab es bei ihr nicht. Es wäre töricht gewesen, vor allem wenn der Mann ein Cop war.
    Harrison Ford richtete sich auf. Er grinste übers ganze Gesicht.
    Es war ein interessantes Gesicht, voller Leben, ein bisschen rauh, ein bisschen faltig, nicht direkt gutaussehend, aber ungeheuer anziehend. Eine drei Zentimeter lange Narbe lief diagonal über sein Kinn. Die Nase war beachtlich, eine solide maskuline Nase, die wohl schon ein oder zwei Brüche hinter sich hatte. Seine Augen wirkten dunkel, tiefliegend, blitzten zwar vor Humor, sahen indessen uralt aus.
    Megan zögerte, doch Natalie schubste sie vorwärts und
    übernahm selbst das Ruder.
    »Hast du denn gar keinen Stolz?« fragte sie ihren Boss und zerrte an einem der langen gelben Zöpfe. Sie schüttelte den Kopf, hatte aber Mühe, sich das Lachen zu verkneifen.
    Mitch Holt holte tief Luft. »Du bist doch bloß eifersüchtig, weil sie mich als Unterwäschemodell für Victoria’s Secret haben wollen.« Er grinste die Frau an, die sein Berufsleben regierte. Sekretärin war ein viel zu armseliger Titel für Natalie Bryant. Er betrachtete sie als seine Verwaltungsassistentin und hatte den Stadtrat so lange schikaniert, bis sie ihr das entsprechende Gehalt zahlten; aber die beste Bezeichnung für sie war doch ihr Spitzname: der Kommandant in Pumps.
    Natalie schnaubte wie ein Pferd. »Der Bauernkalender wäre wohl passender. Du siehst aus wie Ausschussware aus einem Versandkatalog.«
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    »Schon bloß mein Ego nicht«, sagte er zwinkernd.
    »Das mach ich nie. Du hast Besuch. Agent O’Malley vom BCA.« Sie zeigte auf die Frau, die mit ihr hereingekommen war.
    » Agent O’Malley, darf ich vorstellen, Chief Holt.«
    Mitch beugte sich vor, um ihre Hand zu schütteln, wobei ihm ein gelber Zopf ins Gesicht baumelte. Er riss sich die Mütze vom Kopf und warf sie seinem Tanzpartner ohne hinzusehen zu.
    »Mitch Holt. Tut mir leid, dass Sie mich ohne Uniform erwischt haben.«
    »Tut mir leid, dass ich zu spät komme«, Megan trat ein Stück vor, um ihn zu begrüßen.
    Seine Hand umschloss die ihre, breit und stark und warm, und etwas durchfuhr sie, das sie weder benennen noch wahrhaben wollte. Sie sah hinauf zu Mitch Holt in der Erwartung, Selbstzufriedenheit zu sehen, statt dessen fand sie
    Selbstsicherheit und das scharfe Blitzen eines wachen
    Verstandes. Das Wort gefährlich kam ihr in den Sinn, aber sie verdrängte es. Sie wollte ihm ihre Hand entziehen, den Kontakt lösen. Er hielt sie noch eine Sekunde länger, nur um ihr zu zeigen, dass hier alles nach seiner Pfeife tanzte. Oder das dachte er zumindest. Die übliche Routine …
    »Ich bin beim Umzug auf ein paar unvorhergesehene
    Komplikationen gestoßen«, erwiderte sie. »Normalerweise halte ich mich an Pünktlichkeit.«
    Mitch nickte. Das wette ich, Agent O’Malley. Er sah ihr ruhig in die Augen, suchte nach einer Reaktion auf den körperlichen Kontakt. Ihr
    Blick war wie grünes Eis. Fast konnte er spüren, wie sie Schutzschilde um sich aufbaute.
    »Nicht so tragisch«, sagte er und strich sich gedankenverloren über sein dichtes, dunkelblondes Haar, ein Versuch, den Schaden wiedergutzumachen, den die Pudelmütze angerichtet hatte.
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    »Sie sind also Leos Nachfolger.« Er zog eine Augenbraue hoch und versuchte sich vorzustellen, wie sie ohne ihren Mega-Parka aussehen würde. »Sie sind, weiß Gott, ein angenehmer Anblick.«
    Die Bemerkung schlug wie Feuerstein auf Stahl, Megans
    angekratzte Nerven explodierten. »Ich hab den Job

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