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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Kurzatmigkeit und der Druck in der Brust nur Zufall und nicht Ergebnis seines Lasters.
    »Und rauchen solltest du auch nicht«, schimpfte Megan, hievte den Topf vom Herd und trug ihn zum Tisch.
    »Und du, Mädel, solltest dich um deinen eigenen Scheißkram kümmern.«
    Sie schnalzte mit der Zunge: »Wie ich mir das wünsche!«, starrte den Eintopf an, den sie sich aufgegeben hatte und schob den Teller weg.
    Sie haßte Lamm. Ihr Vater kaute begeistert und wischte eine Pfütze Sauce mit einem Brocken dick gebuttertem Brot auf.
    »Und, hast du von dem großen Fall gehört, an dem ich arbeite, Paps? Diese Kindesentführung in Deer Lake?«
    »Die Welt ist voller Perverser.«
    »Eine harte Nuß ist das. Kaum Spuren. Wir arbeiten praktisch rund um die Uhr – meine Typen aus dem Bureau, das Büro des Sheriffs, die Polizei. Der Chief ist ein ehemaliger Detective von 344
    der Polizei in Miami. Wir haben sogar ein Team
    Computerexperten vom Harris College, die dran arbeiten.«
    »Wertlose Drahtkästen«, motzte er und spießte noch ein Stück Lamm auf. »Kein Ersatz für gute altmodische Polizeiarbeit.
    Fußarbeit – so löst man Fälle. Und nicht mit ein paar arroganten Pissern vom College oder eingebildeten Detectives.«
    »Ich bin der leitende Agent, weißt du«, fuhr sie tapfer fort. »In der Tribune war ein Artikel. Vielleicht hast du’s gelesen?«
    Schön für dich, Schatz. Ich bin stolz auf dich … ja genau.
    Neil schaute auf seinen Teller, spuckte ein Stück Knorpel aus, schnaubte und schüttelte den Kopf. »Schmierige Scheißzeitung.
    Ich les die Pioneer Press. Hab ich immer schon.«
    »Mein Gott, würde es dich umbringen, wenn du ein einziges Mal etwas Nettes zu mir sagst? Wäre das so schwer? Ich wäre mit allem zufrieden, weißt du, ›gratuliere‹, ›guter Eintopf‹,
    ›nette Schuhe‹. Selbst ein Grunzen fände ich schon gut«, sagte sie schneidend. »Irgend etwas, damit ich mich endlich nicht mehr frage, warum ich überhaupt herkomme. Glaubst du, du könntest das einmal fertigbringen, Paps?«
    Neils Gesicht war rotbraun angelaufen, sehr ungesunde Farbe.
    Er schüttelte drohend die Gabel und schleuderte dabei kleine Tropfen Sauce auf den Tisch. »Paß bloß auf dein freches Maul auf, Mädel. Du bist genau …«
    Sie unterbrach ihn mit einer heftigen Handbewegung. »Wag es ja nicht! Wag es ja nicht! Niemals bin ich wie sie. Sie war so vernünftig, dich vor sechsundzwanzig Jahren zu verlassen!«
    Ihr Vater kniff seinen Mund zusammen und starrte auf seinen Teller.
    Megans Augen brannten vor Tränen. Sie schob ihren Stuhl zurück, eilte zum Fenster und starrte hinaus, auf Mrs. Gristmans Hinterhof, wo ihr uralter Pudel Claude den Schnee mit kleinen Scheißhaufen übersät hatte. Das Viertel war schäbig und 345
    armselig, wie dieses Haus.
    Sie wünschte, sie brächte es fertig, nicht mehr zu kommen, aber es gelang ihr nicht. Weil er ihr Vater war, ihre
    Verantwortung. Sie würde ihre Pflichten nicht vernachlässigen, so wie er es bei ihr getan hatte.
    Ungebeten, ungewollt tauchte Mitchs Bild vor ihrem inneren Auge auf. Mitch und Jessie, wie sie sich neckten und kitzelten bei einem Hamburger im McDonalds.
    Sie schniefte und wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab.
    Dann zog sie wortlos ihren Mantel vom Haken an der
    Hintertür, gab Neil noch eine Chance, sich zu entschuldigen – er tat es nicht, würde es nie tun.
    »Vergiß nicht, deine Medizin zu nehmen«, erinnerte sie ihn unwirsch. »Ich komme wieder, sobald ich kann … auch wenn’s dir egal ist.«
    346
    Kapitel 20
    TAG 6
    7 Uhr, -28 Grad, Windabkühlungsfaktor: -49 Grad
    Ein grimmiger Montagmorgen dämmerte herauf, eisige
    Arktisluft brachte Temperaturen von 28 Grad Minus. Ein heulender Wind aus Nordwest trieb den Abkühlungsfaktor auf brutale minus 49 Grad.
    Megans Laune sank proportional dazu ab. Sie lag in ihrem Bett im Sheraton, fürchtete sich vor ihrem Treffen mit DePalma und hörte, wie die Diskjockeys im Radio mit diebischer Freude den Bürgern der Twin Cities erzählten, daß ungeschützte Haut in weniger als sechzig Sekunden erfrieren könnte.
    Der Sonntag hatte sich als Fehlschlag auf der ganzen Linie herausgestellt. Vorläufige Tests von der Aufnahme des Anrufs waren wenig aufschlußreich verlaufen, das Notizbuch hatte keine brauchbaren Fingerabdrücke aufgewiesen. Ein
    Abendessen mit Jayne Millard, dem Agenten, der Profile von Verdächtigen erstellte, brachte ihr lediglich Mitgefühl für den desolaten Fall ein und vage Komplimente,

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