Sünden der Nacht
Seele gerissen und ihn ihm zugeworfen; den würde sie nie mehr zurückbekommen!
Gott, wie dämlich. Wie konntest du so leichtsinnig sein, O’Malley? Sie drehte ihm voller Entsetzen über diesen Ausrutscher den Rücken zu und hoffte, er hätte soviel Anstand, einfach zu gehen. Weder sein Mitleid noch sein Spott waren ihr willkommen. Er sollte verschwinden. Sie wollte die Welt zurückdrehen und diese ganze verfluchte Woche noch einmal von vorne beginnen. Schmerz schnitt wie eine Axt durch ihren Kopf, so heftig, daß es ihr die Tränen in die Augen trieb. In seiner Anwesenheit zu weinen kam keinesfalls in Frage. Also hielt sie den Atem an und rang heroisch mit ihrer Erschöpfung.
339
Mitch starrte ihren Hinterkopf an, die kompromißlose,
aufrechte Haltung ihrer schmalen Schultern. Er machte sich bittere Vorwürfe über seine Streitsucht. Zu diesem Job wurde gleich der Baukasten für die Einmauerung des Ich mitgeliefert.
Er wußte es, hatte seine eigenen Mauern und konnte bezeugen, wie viele andere Cops sie Ziegelstein für Ziegelstein errichtet hatten, wußte Bescheid über ihre Funktion. Man mußte sie respektieren, aber zwischen Megan und sich wollte er keine Mauern. Er wollte das, was sie gestern abend gefunden hatten –
Leidenschaft, die den Verstand überflügelte … den Trost, einander in den Armen zu halten.
Sie wurde zu einem Laternenpfahl, als er seine Hände auf ihre Schultern legte. Er stand dicht hinter ihr und beugte seinen Kopf zu ihrem, so nahe, daß er einen zarten Parfumhauch auf ihrer Haut riechen konnte. Der Duft war so schwach, daß er wie eine Einbildung schien, als würde sie nur so viel auflegen, wie ein persönliches Geheimnis vertrug – die sanfte Megan, die frauliche Megan, die rosa Wände und geblümte Laken und kleine Porzellankatzen mochte.
Seine Hände glitten von ihren Schultern und umfingen sie. Sie blieb stehen, als hätte sie einen Besen verschluckt,
unversöhnlich, unnachgiebig, nicht bereit, noch mehr von ihrem Stolz zu opfern.
»Der Job ist der Job«, murmelte er und strich mit seinen Lippen über ihren Hals. »Was als Mann und Frau zwischen uns passiert, hat nichts damit zu tun. Es ist ein beschissener Abend, ein beschissener Fall, ein beschissenes Motel – warum können wir nichts wenigstens das haben? Hmm? Uns gegenseitig ein bißchen Freude machen?« Seine Hände legten sich auf ihren Bauch, die Fingerspitzen massierten ihn raffiniert, weckten das Feuer in ihr.
»Geh einfach«, sagte Megan. Sie wollte seine Zärtlichkeit nicht. Gegen alles andere hätte sie sich wehren können, aber gegen Zärtlichkeit war sie machtlos. Gott steh ihr bei, sie 340
schaffte es nicht, sich gegen etwas zu sträuben, wonach sie sich ihr ganzes Leben gesehnt hatte.
»Geh.« Sie holte zitternd Luft.
»Nein.« Seine Zungenspitze tastete sich hinter ihr Ohr.
Sie trat nun die Flucht nach vorne an. »Geh!« schrie sie.
»Raus!«
»Nein.« Er zog sie so eng an sich, daß sie ihm nicht weh tun und auch nicht entfliehen konnte. »Nicht jetzt. Nicht so.«
»Verdammter Schuft«, murmelte sie in seine Brust, ihre Stimme überschlug sich, und die Tränen kämpften gegen ihren Widerstand, die Not drohte sie zu ersticken. Sie strampelte, trat nach ihm, aber nur halbherzig.
Er stupste ihr Kinn nach oben, so daß ihr keine andere Wahl blieb, als ihn anzusehen. »Schau mir in die Augen, und sag mir, daß du das nicht willst«, sagte er, sein Atem wurde schneller, Verlangen strömte heiß und schwer in seinen Unterleib.
Megan sah ihn wütend an, haßte ihren Körper, weil die
Berührung mit seinem die Hitze übertrug. »Ich will das nicht«, sagte sie trotzig.
Seine Nasenflügel blähten sich. Bernsteinfarbenes Feuer ließ seine Augen aufblitzen. »Lügnerin«, sagte er, aber er ließ sie los.
Megan blieb lange, nachdem die Tür zu gefallen war, am Fußende des Betts stehen. Natürlich stimmte seine Feststellung, aber das war kein Trost.
TAG 5
12 Uhr 11, -9 Grad
»Mick sagt, er wird dieses Jahr hunderttausend verdienen.«
»Schön für Mick.« Und hast du deinen liebevollen Sohn gefragt, warum er dir nie auch nur zehn Cent davon schickt, 341
obwohl er weiß, daß du zweimal die Woche Wiener mit Bohnen ißt, weil deine Rente nicht zu mehr reicht und deine Tochter –
die die Hälfte deiner Unkosten zahlt – nur ein Cop ist, und im Vergleich zu einem Vermögensanlageberater in L.
A. ein
Almosen verdient?
Megan stellte die Frage nicht. So dumm war sie nicht. Sie hatten dieses Szenario
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