Sünden der Nacht
verurteilt.«
»O Gott, nein.«
Mitch saß wie versteinert auf seinem Stuhl. Er hatte gar nicht wissen können, daß Olie Swain nicht nur ein seltsamer kleiner Mann war, der in der Eishalle arbeitete. Und trotzdem fühlte er sich verantwortlich. Das war seine Stadt, und er hatte die Leute in Deer Lake zu beschützen. Derweilen lebte die ganze Zeit ein Kinderschänder direkt unter seiner ahnungslosen Nase. Ein Pädophile arbeitete in unmittelbarer Nähe von Kindern – mit seinem Einverständnis.
»Wie, zum Teufel, bist du an seine Fingerabdrücke
rangekommen?«
Megan hatte zumindest den Anstand, verlegen auszusehen, nur Steigers bohrendem Blick entzog sie sich, indem sie ihm den Rücken zuwandte. »Reiner Zufall«, wich sie aus. »Ich mußte ihn als Nichtverdächtigen durchlaufen lassen, aber zumindest haben wir ihn.«
»Wir können ihn nicht allein auf Grund seiner Vorstrafen verhaften«, fuhr sie fort, »aber in Washington besteht ein Haftbefehl wegen Bewährungsverstoß. Ich habe bereits Richter Witt wegen eines Durchsuchungsbefehls für das Haus und das Fahrzeug angerufen. Das Strafregister zusammen mit der Zeugenbeschreibung des Vans und der Tatsache, daß Olie Gelegenheit hatte Josh zu kidnappen, gibt uns ausreichenden Grund für eine Durchsuchung. Wenn wir ihn uns diesmal
vornehmen, können wir aus beiden Läufen feuern.«
Sie lief vor dem Schreibtisch auf und ab, ganz auf ihren Plan konzentriert. »Aber ich dachte, wir lassen uns noch etwas Zeit«, 353
sagte sie.
»Warum denn, verdammt noch mal?«, fragte Steiger und
erhob sich aus dem Gästestuhl. »Gehn wir los und stellen den Käfig dieser Ratte auf den Kopf!«
»Wir?« Megan zog den Mund schief. »Olie Swain wohnt
innerhalb der Stadtgrenzen von Deer Lake. Das ist eine Polizeiangelegenheit außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereichs, Steiger.«
»Vergessen Sie es!« Steiger fixierte sie wütend. »Hier findet eine überregionale Untersuchung statt. Ich bin dabei, wenn wir dieses Subjekt festnageln …«
»Wir wär’s denn, wenn wir beweisen, daß er es getan hat?«
unterbrach ihn Megan. »Wir können ihn rund um die Uhr
überwachen lassen und sehen, ob er uns zu Josh führt. Wir wissen, daß Josh nicht in seiner Wohnung ist. Er muß ihn irgendwo versteckt haben. Und dann ist da noch die Frage, ob er allein war oder mit einem Komplizen zusammenwar. Wir
wissen, daß nicht er diesen Anruf aus St. Peter getätigt und das Notizbuch auf Mitchs Motorhaube gelegt hat. Aber er könnte uns zu der fraglichen Person führen.«
Steiger schaute sie an, als hätte sie allen vorgeschlagen, eine Pappnase aufzusetzen und im Kreise Polka zu tanzen. »Wie, zum Teufel, sollen wir in einer kleinen Stadt wie Deer Lake jemanden überwachen? Wenn ich mich um sieben Uhr aufs Klo setze, weiß das fünf Minuten später jedermann.«
»Hat wahrscheinlich nichts mit der Größe dieser Stadt zu tun«, meinte Megan.
»Das Haus gegenüber von Olies Bleibe steht leer«, sagte Mitch und begann auf und ab zu laufen. »Arlan und Ramona Neiderhauser verbringen den Winter in einem Wohnwagencamp in Brownsville, Texas. Ich kann uns in das Haus einschleusen.«
»Und was passiert, wenn Olie sein Haus verläßt?« fragte Steiger herausfordernd. »Nicht mal der Satan persönlich könnte 354
jemanden in Deer Lake beschatten, ohne entdeckt zu werden.«
»Wir überwachen ihn nur nachts. Nehmt Zivilautos. Haltet euch im Hintergrund, laßt die Lichter aus. Wenn er uns entdeckt, sind wir verratzt; aber wenn nicht, führt er uns vielleicht zu Josh.«
Steiger schnaubte verächtlich. »Der ist doch nur ein
jämmerlicher Wurm. Ich sage, wenn wir ihn uns schnappen, wird der klein beigeben und mit der Sprache rausrücken.«
»Und was, wenn er’s nicht tut?« fragte Mitch. »Was, wenn er einen Komplizen hat? Wir setzen Olie fest, der Partner gerät in Panik, und um Josh ist es geschehen.«
Mitch drückte seine Gegensprechanlage. »Natalie. Verschaffst du mir bitte eine Verbindung mit Arlan Neiderhauser?« Er wandte sich wieder dem Sheriff zu: »Wir müssen es probieren, Russ. Wenn es nicht funktioniert, haben wir immer noch die Durchsuchungsbefehle.«
»Verdammte Zeitverschwendung ist das, mehr nicht«, polterte Steiger.
»Es ist ein Versuch, Josh lebendig zurückzubringen und seine Entführer auf frischer Tat dingfest zu machen.« Mitch warf einen Blick auf die Uhr und rechnete kurz nach. »Olie arbeitet von drei bis elf. Ich werde jetzt gleich einen Mann vor der Eishalle postieren,
Weitere Kostenlose Bücher