Sünden der Nacht
für alle Fälle. Stellen wir unsere Teams zusammen und treffen uns um acht in der Einsatzzentrale!«
Steiger verließ fauchend das Büro. Megan pfiff durch die Zähne, nachdem er die Tür hinter sich zugeknallt hatte.
»Allmählich gerät er ins Schleudern.«
»Scheiß auf ihn.«
»Ich verzichte, danke«, sagte Megan.
Mitch vergaß Steiger und die Bemerkung, und ging um den Schreibtisch herum auf sie zu. »Gute Polizeiarbeit, Agent O’Malley. Ich bin seit zwei Jahren in der Stadt und weiß nicht 355
das geringste über Olie Swain; du bist fünf Tage hier und beweist, daß er ein Kinderschänder ist. Verflucht, ich hab ihn sogar überprüft. Nichts. Nada. Null.«
Megan gefiel der Selbstvorwurf in seiner Stimme nicht. »Er hatte einen gültigen Führerschein unter einem falschen Namen und keine Vorstrafen. Du hast deine Pflicht getan und ich den nächsten Schritt – und das hätte ich auch nicht, wenn ich nicht Freitag abend mit Olie geredet und zufällig die blauen Linien auf seiner Hand gesehen hätte, die ich als eine grobe
Tätowierung diagnostizierte. Ich bin einfach der Vermutung nachgegangen, daß er irgendwann im Knast war. Es hat sich bezahlt gemacht, war reines Glück.«
»Glück hat damit nichts zu tun«, murmelte Mitch. »Du bist ein guter Cop.«
Nicht gerade eine Liebeserklärung, aber Megan wurde
trotzdem vor Freude ganz warum ums Herz. Die Tatsache, daß er es fast widerwillig gesagt hatte, daß er es offensichtlich haßte übertrumpft zu werden, machte das Kompliment um so süßer.
»Danke, Chief«, sie gab sich Mühe, gleichgültig zu klingen.
Mitch merkte ihre Verlegenheit, und es rührte ihn, daß sie versuchte, ihren Stolz zu kaschieren.
»Warum hast du mir nicht erzählt, daß du die Fingerabdrücke hast?« fragte er.
Megan zuckte die Achseln, vermied es aber, ihm in die Augen zu sehen. »Es hat sich nicht ergeben«, sie sagte genau dasselbe wie er über Olies Van. »Ich hatte nur so eine Ahnung, ohne zu wissen, ob dabei was rauskommt.« Sie nahm den Mickey-Mouse-Briefbeschwerer von seinem Schreibtisch und rollte ihn wie einen Schneeball zwischen den Händen. »Technisch
gesehen habe ich dich wohl einfach übergangen. Heißt das, daß du mich jetzt abschieben darfst?«
Er lehnte sich an seinen Schreibtisch. »Ich darf doch gar nicht sauer sein, nachdem die Ahnung so tolle Ergebnisse gezeitigt 356
hat«, sagte er. »Das heißt aber nicht, daß ich mich drüber freuen muß.«
Sie stellte den Briefbeschwerer zurück, so daß Mickey auf dem Kopf stand und verzog den Mund. »Freuen gibt’s bei diesem Fall sowieso nicht, Chief.«
Seit Sonntagabend hatten sie nicht mehr miteinander geredet, als sie ihm telefonisch mitteilte, daß das Labor noch zu keinen Schlüssen gelangt war. Niemand hatte ein Wort über
Samstagabend verloren. Aber es stand in seinen Augen
geschrieben, als er sie jetzt ansah – die Erinnerung an Begierde und heiße Gefühle. Es prickelte unter ihrer Haut.
Eine unnötige Komplikation, aber jetzt gab es kein Zurück mehr, und sie stand zu ihrem Verhalten. Nicht besonders klug, aber so war das eben.
»Wie ist es mit DePalma gelaufen?« fragte er.
Megan breitete die Arme aus. »Noch bin ich im Besitz all meiner Gliedmaßen.«
»Und dein Job?«
Sie grinste reumütig. »Für den Augenblick bleibt alles wie gehabt. Drücken wir’s mal so aus: Wenn sich diese
Überwachung auszahlt, wird dabei nicht nur Josh gerettet. Also mach ich mich wohl besser wieder an die Arbeit. Ich dachte mir, ich fahr kurz am Krankenhaus vorbei und rede mit der
Empfangsdame, die die Eishalle an dem Abend von Joshs
Verschwinden angerufen hat. Ich teste mal, ob sie die Stimme des Mannes identifizieren kann, mit dem sie gesprochen hat.
Wenn sie Olies Stimme erkennt, dann wissen wir, daß er den Anruf entgegengenommen hat und damit über Hannahs
Verhinderung Bescheid wußte. Das würde den Tatverdacht plausibler machen.«
»Gut. Ich werde mich mit den Behörden in seinen alten
Jagdgründen in Verbindung setzen und schauen, ob die was Brauchbares für uns haben. Und ich ruf den Bezirksstaatsanwalt 357
an und informiere ihn über die Lage.«
»In Ordnung.«
»Megan.« Er sagte ihren Namen nur, um ihn auszusprechen, dann versetzte er sich innerlich einen Tritt, weil er so ein Weichling war. Job war Job, hatte er gesagt. Was sich zwischen ihnen sonst noch rührte, durfte dabei keine Rolle spielen – und seine Sehnsucht war auch falsch. »Ich bin froh, daß DePalma keinen Schaden
Weitere Kostenlose Bücher