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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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aller Kraft in die Bemühungen, Josh zu finden, gestürzt hatte? Er hatte sich den Suchtrupps angeschlossen, Aufrufe im Fernsehen getätigt. Was hätte er denn noch tun sollen?
    Das war alles die Schuld dieses kleinen Luders vom BCA. Sie nämlich hatte sich auf diesen verdammten alten Van versteift.
    Einzig und allein sie versuchte ständig seine Erklärung, warum er an diesem Abend seinen Anrufbeantworter nicht überprüft und Hannah angerufen hatte, anzuzweifeln. Und beide
    bemitleideten Hannah! Die arme Hannah, die selbstlos allen half. Arme Hannah, Mutter eines verlorenen Sohnes.
    Das Brennen seiner Finger brachte Paul wieder zurück in das Hier und Jetzt. Er war durch die Wälder gestapft, weil auf der Straße vor seinem Haus unzählige Autos und Vans der Reporter parkten. Zu sagen gäbe es eine Menge, aber eben jetzt noch nicht. Jetzt hatte er andere Bedürfnisse: das Bedürfnis, von einer 494
    richtigen Frau gehalten zu werden, von jemanden, der ihn verstand, und alles tun würde, um ihn abzulenken.
    Nachdem er den hinteren Garten des Hauses der Wrights
    durchquert hatte, betrat er es durch die Garage. Garretts Saab war nicht da. Karens Honda stand alleine da, wie an den meisten Abenden. Garrett Wright war mit seiner Arbeit verheiratet, nicht mit seiner Frau. Zuhause war der Platz, wo er sich duschte und umzog. Karens Platz in seinem Leben besaß hauptsächlich dekorative Funktionen – jemand, den man zum Fakultätsdinner mitnahm. Jedes andere Interesse, das er früher für sie als Frau gezeigt hatte, war erloschen. Laut Karen hatten sie nur selten Sex und wenn, dann übte Garrett seine Pflicht aus, mehr nicht.
    Sie hatten keine Kinder. Karen konnte nicht normal
    empfangen, und Garrett war nicht bereit, sich dem endlosen Marathon von Tests und Prozeduren auszusetzen, den ein Retortenbaby verlangte. Kinder zu haben, bedeutete ihm nichts.
    Karen sprach von Adoption, aber auch dieses Unterfangen war beängstigend, und sie wußte nicht, ob sie die Kraft und Ausdauer hätte, es alleine in Angriff zu nehmen. So lebten sie einfach nebeneinander her, in der leeren Hülle einer Ehe, mit der Garrett scheinbar vollkommen zufrieden war und an die sich Karen klammerte, weil sie nicht den Mut hatte auszubrechen.
    Für Paul war Garrett nur ein abstrakter Begriff, ein fast unbekannter Nachbar, der in einem anderen Universum lebte. Er war eine nebulose Gestalt, die sich in Psychologietexten und Recherchen im Harris College vergrub und sein bißchen Freizeit einem Haufen jugendlicher Krimineller widmete, die sich die Sci-fi-Cowboys nannten. Er und Garrett Wright existierten auf zwei verschiedenen Ebenen, die sich nur an einem Punkt überschnitten – Karen.
    Mit dem Ersatzschlüssel, der immer unter der alten Kaffeedose voller Nägel auf der Werkbank lag, sperrte er den Wäscheraum auf, zog seine schweren Stiefel aus und bürstete sich den Schnee von seiner Jogging-Hose.
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    »Garrett?«
    Karen öffnete die Tür zur Küche, ihre dunklen Augen wurden ganz groß, als sie ihn erblickte. Sie stand strumpfsockig da, in einer Hand ein grünkariertes Geschirrtuch, mit hautengen lila Leggins. Ein ausgebeulter elfenbeinweißer Pullover mit V-Ausschnitt schlabberte ihr um die Knie. Ihr aschblondes Haar fiel seidenweich herab, umspielte ihre Stirn und die Rehaugen.
    Sie war klein und weich und feminin, voller Trost und Mitgefühl für ihn. Die Vorzeichen von Verlangen regten sich in seinem Körper.
    »Erwartest du ihn?« fragte er.
    »Nein. Er ist gerade los in die Arbeit. Ich dachte, er hätte vielleicht etwas vergessen.« Sie steckte sich verlegen eine Strähne hinters Ohr und fuhr sich mit den Fingern durch ihren Pony. »Ich dachte, du bist heute abend bei Hannah, wegen der Sache mit der Jacke. Tut mir leid, Paul.«
    Er zog seinen Parka aus und warf ihn auf den Trockner, ließ sie dabei aber nicht aus den Augen. »Will nicht darüber reden!«
    »In Ordnung.«
    Er nahm ihr das Handtuch aus der Hand und schlang es um ihren Hals, zog sie enger an sich. »Ich hab die Nase voll davon«, er wickelte sich das Tuch um seine Fäuste. Der Zorn tobte in seiner Brust. »Mir reicht es allmählich mit den Fragen, den Anschuldigungen, dem Warten und davon, daß alle Hannah anschauen und sagen: ›Arme, tapfere Hannah‹. Sie ist an allem schuld. Und dieses kleine Luder will permanent mir den Schwarzen Peter zuschieben.«
    »Hannah gibt dir die Schuld?« fragte Karen verwirrt. Sie mußte sich in dem Handtuch zurücklehnen, um zu

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