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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Christopher Priest aufgestellt waren. Sie liefen bereits, und Priest inspizierte sie. Die Geräte standen auf einem langen Tisch in einem Kabuff, in dem sich des weiteren nur noch ein paar Stühle aus Chrom und Plastik befanden. Die Diskettenlaufwerke summten leise, die Monitoren strahlten in verschiedenen Schattierungen und Kombinationen von Schwarz über Weiß bis Grün. Priest beugte sich über einen und betrachtete mit gerunzelter Stirn die Botschaft auf dem Bildschirm. Er hob den Kopf, als Megan den Raum betrat und schob seine übergroße 564
    Brille auf die Nase.
    »Sie sind früh dran, Professor. Ich habe Sie nicht vor halb neun erwartet.«
    »Hab nur mal kurz reingeschaut, ob schon alles aufgebaut ist.«
    Die Ärmel seines blauen Rollkragenpullovers reichten wieder einmal nur knapp über seine Ellbogen. »Ich würde gerne so bald wie möglich anfangen.«
    »Möglicherweise ist der Computertyp aus dem Hauptquartier schon da«, sagte Megan. »Er muß in der Nähe sein, weil die Geräte schon laufen. Sie haben sie doch nicht eingeschaltet, oder?«
    »Nein.« Der Professor verschränkte seine Arme wie ein
    kleiner Junge, dem man verboten hat, irgend etwas im
    Spielzeugladen anzufassen.
    »Gut. Eigentlich sollten Sie ohne ihn gar nicht hier rein können«, sie ließ ihren Blick über die Monitore schweifen, in der vergeblichen Hoffnung feststellen zu können, ob einer von ihnen manipuliert worden war. Ihre Kenntnisse von Computern beschränkten sich auf Berichteschreiben und den Abruf von Informationen vom Hauptquartier. »Routine«, fügte sie als diplomatischen Nachsatz hinzu.
    Priest sah sie verständnislos an.
    »Warum gehen Sie nicht in den Aufenthaltsraum und trinken eine Tasse Kaffee, während ich ihn suche«, schlug Megan vor und hielt ihm die Tür auf.
    »Ich hoffe, er ist da«, er entfernte sich widerwillig vom Tisch.
    »Um ein Uhr hab ich eine Fakultätskonferenz. Bis dahin wäre ich gerne fertig …«
    Er ließ denGedanken in der Luft hängen, mit einem sehnsüchtigen Blick auf den Computer.
    »Wahrscheinlich wartet er in meinem Büro«, Megan ließ sich nicht beirren. Sie konnten sich keinen Knick in der Beweiskette 565
    erlauben.
    Falls Olies Geräte irgendeine relevante Verbindung zu einem Komplizen aufdeckten, mußten die Maßnahmen zum Erlangen dieser Information persilrein sein, damit sie der Prüfung durch einen Richter standhielten. Wenn dieses Zwischenstück
    abgelehnt wurde, weil ein Richter entschied, sie hätten nicht nach den Regeln gespielt, wäre alles, was sie als direktes Ergebnis dieser Untersuchung aufdeckten, wertlos. Früchte des verbotenen Baumes, nannten die Anwälte das.
    Die Cops nannten es Korinthenkackerei, weil es ihre Arbeit behinderte.
    Priest schlängelte sich an ihr vorbei in den Korridor. »Ich bin vertrauenswürdig, Agent O’Malley«, sagte er beleidigt. »Etliche Male habe ich schon mit der Polizei zusammengearbeitet.«
    »Dann wissen Sie ja, das es nichts Persönliches bedeutet.« Sie schenkte ihm ein mühsames Lächeln, als sie die Tür absperrte.
    »Ich decke nur meinen Hintern.«
    Abermals fröstelte sie. Christopher Priest war vielleicht ein Ausbund an Tugend, ein Lehrer, ein Freiwilliger, ein Vorbild für die Rehabilitierung jugendlicher Straftäter, aber er hatte auch Olie Swain gekannt.
    Ein Strafverteidiger würde den ganzen Tag an diesem
    Knochen kauen, wenn er herausfand, daß man Priest mit den Computern allein in einem Raum gelassen hatte.
    Sie tastete sich durch das Labyrinth von Gängen, ohne die Leute, die an ihr vorbeigingen, wahrzunehmen. Ihr
    Sehvermögen veränderte sich kaum merklich, verschwamm an der Peripherie, der Kontrast zwischen Hell und Dunkel wurde schärfer. Warnzeichen. Wenn es ihr nur gelänge, sie bis heute nachmittag zu ignorieren, bis dahin, bis das Ergebnis vorlag.
    Der Kuhhandel war alt und abgedroschen. Sie würde früher gehen und die ganze Nacht durchschlafen, würde regelmäßig essen und Streß vermeiden. Lügen, die sie sich jedesmal, wenn 566
    die Klauen des Schmerzes zuschlugen, einredete.
    Ihre Hand zitterte so heftig, daß sie kaum den Schlüssel in das Schloß ihrer Bürotür brachte. Wie sich herausstellte, brauchte sie ihn ohnehin nicht. Die Tür war offen, das Büro besetzt.
    Ein Mann erhob sich aus dem Besucherstuhl, in einer Hand eine Ausgabe von Law and Order, in der anderen einen halben, glasierten Doughnut. Er war etwas um die dreißig, hatte aber ein Gesicht, das auch bei zunehmenden Alter immer knabenhaft

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