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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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die gekreuzigte Leiche finden würde.« Lara schrieb »Kirche« und »Kreuzigungspose« auf einen gelben Zettel. »Genau wie bei Carolin Fresnel. Auch hier hat er nichts dem Zufall überlassen.«
    Mark klang resigniert. »Der Mörder will uns etwas mitteilen. Wir haben nur momentan leider keine Ahnung, was das ist. Aber wir werden es früher oder später herausfinden.«
    »Hoffentlich früher.« Lara sortierte die Zettel und klebte sie dann nebeneinander auf die Tischplatte. So viele Informationen, und sie konnte sie nicht verwenden! »Ich denke, dass das Ganze irgendetwas mit der Kirche und dem christlichen Glauben zu tun hat.«
    »Warst du eigentlich bei diesem Reinmann?« Marks Stimme veränderte sich. Er klang, als würde er durch den Raum gehen.
    »Gestern Nachmittag.«
    »Konnte er dir mit dem Text helfen?«
    »Er war der Meinung, es sei etwas Älteres, etwas ›aus den Quellen‹. Was auch immer das heißen mag. Er wollte sich das Ganze in Ruhe ansehen, übersetzen und mich dann informieren.« Lara riss noch einen Zettel ab und schrieb »Reinmann anrufen!« darauf, während sie weiterredete. »Hast du den Text, der auf Nina Bernsteins Rücken stand, auch?«
    »Ich kann ihn besorgen.«
    »Mailst du ihn mir?«
    »Reinmann darf nicht erfahren, woher diese Texte stammen. Wir alle kommen sonst in Teufels Küche.« Mark wusste, was sie vorhatte, ohne dass sie es ihm sagte. Sie grinste und drehte das halbvolle Weinglas zwischen den Fingern. »Das wird er nicht.«
    Eine Tür klappte. Schritte näherten sich, eine Frauenstimme flüsterte etwas. Mark sagte, »Moment bitte«, und dann vom Hörer abgewandt: »Komme gleich, Anna.« Er redete jetzt schneller. »Ich muss Schluss machen. Das gemeinsame Abendessen ist der Familie heilig. Vielleicht komme ich am Wochenende mal vorbei.«
    »Das wäre toll.« In Laras Kopf drehte sich die hagere Gestalt von Mark Grünthal langsam im Kreis. Sie betrachtete die Rotweinflasche neben der Spüle und presste die Lippen aufeinander.
    »Bis bald, meine Liebe.«
    »Danke Mark. Wenn ich dich nicht hätte.«
    Er lachte. Tief und dröhnend. Dann legte er auf.

19
    Melinda Weiß wickelte sich den Schal um Hals und Mund und atmete durch die grobgestrickten Maschen. Ihre Zehen waren taub, obwohl sie ständig auf der Stelle trat. Als sie losgegangen war, hatte das Thermometer minus drei Grad angezeigt, aber inzwischen war die Temperatur weiter gefallen. Bei jedem Ausatmen entwich dem Gewebe vor ihrem Mund ein weißes Dampfwölkchen und zerfaserte in der klaren Luft. Ein schneller Blick zur Uhr. Zehn nach elf. Frieder Wörth war jetzt bereits über eine Stunde in dem Haus gegenüber. Melinda betrachtete die Fassade und zählte die Fenster. Zum dritten Mal. Zehn im Erdgeschoss, zehn im ersten Stock, zehn im zweiten, zehn im dritten, zehn im vierten. Je fünf rechts vom Treppenhaus und fünf links davon. Machte genau fünfzig. Etwa ein Drittel von ihnen war erleuchtet. Melinda Weiß zählte auch sie. Siebzehn. Siebzehn helle Augen neben dreiunddreißig dunklen. Sie ballte die Finger in den Pelzhandschuhen zu Fäusten und lockerte sie wieder. Hoffentlich kam niemand und fragte, was sie hier in diesem Hauseingang zu suchen hatte. Aber die Vorstadt war um diese Zeit wie ausgestorben. Vor einer halben Stunde war ein dicker Mann mit einem ebenso dicken Dackel die Straße entlanggewackelt, und sie hatte so getan, als studiere sie die Namen auf dem Klingelbrett. Sie dachte an die heiße Bohnensuppe, die es heute zum Abendessen gegeben hatte, aber der Gedanke erzeugte keine Wärme in ihrem Innern. Nach der gemeinsamen Mahlzeit und der allabendlichen Andacht hatten sich die Kinder des Himmels , die in der Gemeinschaft wohnten, in ihre Zimmer zurückgezogen. Sie hatte Sarah gesagt, dass sie noch einiges zu erledigen hätte, dass dies länger dauern könnte und dass die junge Frau die Straßenbahn nehmen und schon vorausfahren sollte. Dann hatte sie sich in der Küche nützlich gemacht. Von den Küchenfenstern aus konnte man die Auffahrt und das Hauptportal gut im Blick behalten.
    Seit Dienstagabend war Melinda das Gefühl nicht losgeworden, sie müsse sich um Frieder kümmern. Begründen konnte sie die diffuse Ahnung nicht. Sie wusste nicht, dass sie seitdem jeden Abend einen verschlossenen Briefumschlag unter der Tür des Prinzipals durchgeschoben hatte, in dem ihre Gespräche mit Frieder ausführlich geschildert wurden. Sie wusste nur, dass sie auf den Freund achtgeben wollte, damit er nicht in

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