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Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Sündenkreis: Thriller (German Edition)

Titel: Sündenkreis: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Schwierigkeiten geriet, und dass es ihrer Sache nicht dienlich wäre, wenn er herausbekam, dass sie ihm nachspionierte.
    Frieder Wörth war kurz vor einundzwanzig Uhr aus dem Seiteneingang gekommen, und Melinda hätte ihn fast übersehen. Erst, als er sich dem Tor näherte, war ihr der Mann im dunklen Mantel aufgefallen. Auch wenn er eine Mütze mit Ohrenschützern und einen dicken Wollschal trug, hatte sie ihn sofort an seinem wiegenden Gang erkannt. Es war nicht leicht gewesen, ihn einzuholen, ohne dass er sie bemerkte. Zum Glück hatte Frieder die Straßenbahn und nicht das Auto genommen. Melinda war in den hinteren Wagen eingestiegen und neben der Tür stehen geblieben, den Blick unentwegt auf den Mann im vorderen Wagen gerichtet. Acht Haltestellen später war Frieder in die Linie zwei umgestiegen, weitere fünf Stationen gefahren, um dann noch zehn Minuten in schnellem Schritt durch vorstädtische Straßen zu marschieren.
    Im ersten Stock erlosch das Licht in zwei Fenstern gleichzeitig, gleich darauf verdunkelte sich auch ein Fenster ganz oben. Die Leute machten sich für die Nachtruhe fertig. Melinda bewegte die Finger in den Fäustlingen und dachte mit Grausen daran, wie sie Frieder hinterhergehetzt war, immer darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden. Die Gehwege waren nur zum Teil vom Schnee geräumt und ihre Halbstiefel rutschig. Als Frieder Wörth endlich vor einem Haus haltmachte und nach kurzem Zögern hineinging, war sie erschöpft. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Zehn Minuten später war sie sich sicher, dass er nicht gleich wieder herauskommen und weiterlaufen würde. Frieder Wörth schien sein Ziel erreicht zu haben. Melinda Weiß ging zur Kreuzung, wobei sie sich immer wieder nach dem Haus, in dem der Freund verschwunden war, umsah, und notierte sich mit klammen Fingern die Straßennamen.
    Auf dem Rückweg zu »ihrem« Hauseingang musterte sie die Häuser, konnte jedoch nichts Auffälliges entdecken. Eine ganz normale Wohngegend. Sie hatte keine Ahnung, was der Mann hier machte, aber sie würde warten, bis er wieder herauskam, und wenn es morgen früh wurde.
    Ihre Füße waren verschwunden. Die Beine schienen an den Knöcheln aufzuhören, darunter war alles taub. Melinda schlug die Arme um den Oberkörper und trampelte auf der Stelle. Während sie wie eine asthmatische Lokomotive Dampfwölkchen ausstieß, glitt ihr Blick über die Fensterfront. In welchem Stockwerk mochte Frieder stecken? Und was noch wichtiger war – bei wem?
    Vorsichtig machte sie sich auf den Weg hinüber. Das Klingelbrett war von einer trüben Lampe erleuchtet. Zwanzig Unbekannte. Der Kugelschreiber war auch eingefroren. Wie gut, dass sie noch einen Bleistift dabeihatte. Ungelenk kritzelte Melinda die Namen in ihr kleines Notizbuch. Auf dem Rückweg rutschte sie auf einer Eisplatte aus und fiel auf die Knie.
    Zwei kalte Tränen rollten über Melinda Weiß’ Wangen, während sie zurück auf die andere Seite humpelte, aber sie merkte nichts davon. Sie musste geduldig sein und warten. Es gab keine Alternative.
    *
    Zähne klapperten aufeinander. Nachdem er dem Geräusch fünf Minuten lang zugehört hatte, realisierte Robert Wessel, dass es seine eigenen waren. Er zwinkerte und sah ein graues, schlieriges Muster, das vor seinen Augen langsam hin und her floss. Nach weiteren Minuten klärte sich das Bild. Kahle Wände, ein nackter Fußboden. Und auch er selbst war nackt. Jedenfalls bis zur Taille. Jetzt konnte Robert auch die eisige Kälte auf seiner Haut fühlen. In seinem Kopf drehte sich ein Kettenkarussell, ein Leierkastenmann spielte schiefe Melodien. Das leere Zimmer schwankte und stabilisierte sich dann. Robert Wessel fühlte in seinen Körper hinein und dachte über die Empfindungen nach. Er saß an eine Wand gelehnt, die Beine gerade ausgestreckt, die Füße waren zur Seite gekippt. Sein nackter Rücken schmerzte. Vorsichtig senkte er das Kinn und sah an sich herunter. Slip und Socken hatte man ihm gelassen. Der Rest seiner Kleidung fehlte. Das Karussell verlangsamte seine Fahrt. Robert bewegte den Kopf von links nach rechts. In seinem Schädel schien dabei etwas hin und her zu schwappen. Auch seine Arme waren schwer. Müde und schwer wie Blei. Mit einem Keuchen hob er die rechte Hand, streifte über die Stoppeln auf seinen Wangen und betastete dann die Stirn. Sie war rauer als sonst, die Haut brannte.
    »Finger weg!« Robert zuckte so heftig zusammen, dass er zur Seite kippte. »Sie kratzen es sonst auf, und

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