Sündenzeit
innerhalb weniger Tage mit einem guten Ende aufgeklärt worden. Sam, ein Zehnjähriger, hatte sich vernachlässigt gefühlt und war wütend gewesen. Seine Mutter hatte ein zweites Mal geheiratet und ein Baby bekommen. Diesem Baby wurde gegenwärtig alle Aufmerksamkeit gewidmet. Trotz des offenen Fensters und des Durcheinanders in seinem Zimmer hatte sich herausgestellt, dass er doch nicht gekidnappt worden war. Er hatte das alles so arrangiert und sich dann draußen in der alten Jagdhütte seines Vaters versteckt. Als Zach ihn schließlich aufgespürt hatte – mithilfe der E-Mails, die der Junge an einen Freund in China schrieb –, war er bereits reif für die Heimreise gewesen. Keine Heizung, die Lebensmittel gingen zur Neige – es war nicht halb so lustig gewesen wie erwartet. Alles hatte sich bestens aufgelöst. Sams Mutter und sein Stiefvater waren so erleichtert gewesen, dass sie ihn tränenreich und voller Liebe empfangen hatten. Das überzeugte ihn letztendlich davon, genauso geschätzt zu werden wie das Baby.
Im Augenblick stand also in seinem „richtigen“ Job – der privaten Ermittleragentur, die er mit seinen Brüdern Aidan und Jeremy führte – alles zum Besten. Deshalb hatte er geplant, sich im Dezember wieder ein bisschen mit seinem Nebenjob zu beschäftigen und sich ein paar Musiker in den Bostoner Clubs anzusehen. Vor Jahren hatte er begonnen, in Musikaufnahmestudios zu investieren. Er produzierte einige vielversprechende Nummern auf seinem eigenen Label und freute sich, wenn diese von großen Firmen übernommen wurden. Das war eine wunderbare Abwechslung von seiner Arbeit bei der Metro Polizei in Miami gewesen und immer noch ein guter Ausgleich neben seinem alltäglichen Job.
Er kannte sich sehr gut mit Computern aus. Aufgrund seiner Fähigkeit, sich in die kompliziertesten Systeme einzuhacken, war er der Techniker ihrer Dreimannfirma geworden. Im Umgang mit Menschen konnte er sich ebenfalls auf sein gutes Gespür verlassen, und er empfand sein Leben als erfüllend, auch wenn nicht jeder Fall so glücklich endete wie Sams.
Allerdings gab es auch Fälle, die selbst eine Statue zum Lächeln bringen könnten. So wie damals, als Mrs Mayfield von der Mayfield Oil Group sie für eine riesige Summe beauftragt hatte, Missy zu finden.
Missy war eine Katze.
Missy wurde schließlich zusammen mit sechs kleinen Fellbündeln entdeckt, und die Flynn-Brüder hatten danach nicht nur ihr Honorar, sondern jeder noch ein junges Kätzchen bekommen.
Trotz allem war die Musik Zachs größte Leidenschaft. Musik brachte das Blut in Wallung und konnte einen vollständig mit sich reißen. Ganz zu schweigen davon, wie sie die Seele labte und heilte. Wenn man so viel Hässliches zu Gesicht bekam, wusste man diese Schönheit zu schätzen.
Also hatte er den Dezember für sich selbst veranschlagt – für eine Gelegenheit, in diese andere Welt einzutauchen, in der niemand vermisst oder getötet wurde.
Gestern Nacht, nachdem er in Boston angekommen war, hatte er bereits heftig mit dem Entspannen begonnen. Nicht dass er betrunken gewesen wäre. Er trank nicht exzessiv, denn vor langer Zeit hatte er erkannt, dass dieses kurze Hochgefühl den Verlust von Kontrolle über sich nicht wert war. Aber er hatte sich in einem Pub mit Freunden getroffen und ein paar Bostoner Helle geschluckt. Trotzdem wachte er von dem Klingeln sofort auf und griff automatisch nach dem Handy, um den Anruf entgegenzunehmen. „Flynn.“
„Zach! Ach, Gott sei Dank, dass du drangehst. Eddie ist verschwunden, und jetzt ist Dad auch noch drüben in Irland im Krankenhaus. Ich wollte schon hinfliegen, aber Bridey meint, ich sollte lieber nicht. Dad hat …“
„Kat?“, unterbrach er ihren wirren Wortschwall.
„Ja, ich bin es, Kat. Ach, Zach, es ist alles so schrecklich. Ich brauche deine Hilfe. Wir haben keine Ahnung, was vor sich geht, und mein Vater ist da drüben ganz allein mit ihr . Du musst hinfliegen und nach dem Rechten sehen, Zach. Ich brauche deine Hilfe, und Dad auch!“
„Okay, jetzt beruhige dich erst mal, und dann fang noch mal von vorn an. Was ist mit deinem Vater passiert?“, fragte Zach, der jetzt mit einem Mal vollkommen wach war. Sean O’Riley war einer der besten Freunde seines Vaters gewesen. Für ihn und seine Brüder war er praktisch wie ein Onkel, auch nach dem Tod ihres Vaters, obwohl die Flynns in Florida lebten und er in Rhode Island. Er hatte ihnen jedes Mal wenn nötig seine Hilfe angeboten. Dann hatte Zach mit
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