Sündige Gier
war.
Julies Grundstück war bereits mit gelbem Absperrband gesichert, doch er bückte sich darunter durch und lief auf die Haustür zu. Ein uniformierter Polizist verstellte ihm den Weg. »Hey! Hiergeblieben!«
»Was ist denn passiert?«
»Wohnen Sie hier?«
»Nein.«
»Sind Sie ein Verwandter?«
»Nein.«
»Dann verziehen Sie sich.«
»Ich bin Derek Mitchell, vereidigter Strafverteidiger. Was ist passiert?«
Der Polizist runzelte die Stirn, sah sich kurz um und sagte: »Eine tödliche Messerstecherei.«
Dereks Knie verwandelten sich in Pudding. »Wer…« Ihm versagte die Stimme, bevor er die Frage aussprechen konnte, das schien das Herz des Polizisten zu erweichen.
»Warten Sie hier.« Er drehte ihm den Rücken zu und wollte durch die offene Tür ins Haus.
»Von wegen.« Derek drängte an ihm vorbei und schaffte es durch die Haustür, wo er um ein Haar mit einem weiteren Polizisten zusammengestoßen wäre, der ihm den Weg verstellte und ihm beide Hände auf die Brust drückte. »Wer hat Sie reingelassen?«
»Aus dem Weg!« Derek versuchte die Hände abzuschütteln, aber die waren unerbittlich. Der erste Polizist packte von hinten seine Arme. »Lassen Sie mich los!«
»Komm schon, Kumpel, ganz ruhig, sonst müssen wir Handschellen anlegen.«
»Lassen Sie mich los!«
Homer Sanford erschien in dem Bogen zu Julies Wohnzimmer und sah mit finsterem Gesicht zu ihnen herüber. »Mitchell? Sie schon wieder? Was soll der Mist?«
Erschrocken versuchte Derek, die Miene des Detectives zu interpretieren. »Julie?«, krächzte er.
Sanford starrte ihn ein paar Herzschläge lang an, dann nickte er zu dem Raum in seinem Rücken hin. Derek machte einen Schritt nach vorn oder versuchte es wenigstens. Die Polizisten hielten ihn immer noch fest. »Lassen Sie ihn«, befahl Sanford. Die uniformierten Männer gaben Derek frei. Er strauchelte ins Wohnzimmer und blieb wie angewurzelt stehen, als er Julie da sitzen sah: totenbleich, aber am Leben.
Sie saß in eine Chenilledecke gehüllt auf dem Sofa, obwohl es im Wohnzimmer dampfig wie in einem Treibhaus war. Die Kleider unter der Decke waren verschmutzt. Mit Blut und etwas anderem, das ekelhaft aussah und stank. Ihr Gesicht war fahl wie Hefeteig, sodass ihre Augen umso dunkler und riesiger wirkten, als sich ihr Blick mit seinem verband.
Ein großer, dürrer Schwarzer stand mit einem kleinen Notizblock in der Hand am Kamin. Er wirkte unsicher. Ein weiterer Detective, ein älterer Mann, den Derek schon kannte - Graham? Grant? Irgendwas in der Richtung -, saß auf der Ottomane, auf der Derek sich gestern niedergelassen hatte, um näher am Fernseher zu sein. Er saß Julie und Roberta Kimball zugewandt, die nebeneinander auf der Couch Platz genommen hatten.
Es war ein eigentümliches Bild, das mehrere Sekunden lang erhalten blieb, bis Graham oder Grant zu Sanford sagte: »Schaffen Sie ihn hier raus.«
»Ich bin Derek Mitchell.«
»Ich weiß, wer Sie sind. Und ich bin Sergeant Graham und ermittle hier in einer tödlichen Messerstecherei. Damit hätten wir uns vorgestellt, und jetzt scheren Sie sich verflucht noch mal von meinem Tatort.«
»Ich bin Ms Rutledges Anwalt.«
Julies Augen wurden für einen kurzen Moment größer, aber sie widersprach ihm nicht. Kimball sah ihn an, als hätte sie etwas durch das Sofapolster hindurch in den Hintern gekniffen. Er meinte Sanford leise brummein zu hören, aber verstand nicht, was er sagte.
Graham wandte sich an Julie. »Sie haben Ihren Anwalt schon angerufen?«
»Nein. Nur den Notruf.«
»Er muss uns hierher gefolgt sein«, erklärte Kimball. »Er war bei dem Motel, in dem Billy Duke gewohnt hat.« Widerwillig erklärte sie: »Eigentlich hat er ihn dort aufgespürt. Oder genauer gesagt sein Spitzel.«
»Und wie kommt es, dass Sie nach ihm gesucht haben, Mr Mitchell?«, wollte Graham wissen.
Doch bevor Derek etwas darauf erwidern konnte, ging der Blick des Detectives an seiner Schulter vorbei. Derek drehte sich um. Zwei Sanitäter rollten unter dem aufmerksamen Blick eines Gerichtsmediziners aus dem Fulton County Medical Examiner’s Center eine Trage mit einem darauf festgeschnallten Leichensack zur Haustür. Der Gerichtsmediziner erkannte Derek aus den zahlreichen Verhandlungen wieder, in denen er ausgesagt hatte, und nickte ihm grüßend zu, ohne allerdings ein Wort zu sagen.
Stattdessen sagte er zu Graham: »Ich sage Ihnen Bescheid, wann die Autopsie vorgenommen wird.«
»Haben Sie jetzt schon was für mich?«
»Er war
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