Sündige Rache
durchaus fair. Können Sie sich einen Grund vorstellen, aus dem ich beschließen sollte, einen sauberen Kollegen, den ich nicht mal kannte, in den Dreck zu ziehen?«
»Nein.« Clooney seufzte leise. »Das habe ich sie ebenfalls gefragt. Und mich selber auch.« Ebenso wie seine eigene Vorgesetzte, dachte er, hielt es jedoch für unklug, gäbe er das zu. »Aber Sie haben eine Menge negativer Gefühle auf dem hundertachtundzwanzigsten Revier entfacht. Das zu ignorieren ist nicht gerade leicht.«
Patsy kam zurück und stellte das Tablett mit den Kaffeetassen auf einen kleinen Tisch. »Taj würde wollen, dass ich es versuche«, erklärte sie in ruhigem Ton. »Er würde wollen, dass ich kooperiere. Ich hatte keine Ahnung von dieser … Operation. Er hat mir nie etwas davon erzählt. Inzwischen weiß ich von dem Geld und den versteckten Konten. Ich dachte, Sie hätten das Geld dort deponiert. Sie haben einen reichen Mann. Ich war so furchtbar wütend.«
»Das bin ich jetzt genauso.« Endlich nahm Eve Platz. »Es gefällt mir nämlich ganz und gar nicht, dass man mich dazu benutzt hat, Ihnen Schmerzen zu bereiten oder den Ruf des Mannes, für den einzutreten ich geschworen habe, zu beschädigen. Wer hat Ihnen erzählt, ich hätte das Geld auf diesen Konten deponiert?«
»Mir gegenüber hat das niemand behauptet.« Patsy wirkte müde und leicht verlegen. Nachdem ihr Zorn verraucht war, war sie leer – und verwirrt. »Es wurde nur angedeutet. Möglicherweise hat es nur jemand in der allgemeinen Aufregung so vor sich hin gesagt. Er hatte viele Freunde auf seinem Revier. Ich hatte keine Ahnung, dass es so viele waren. Sie alle waren furchtbar nett. Seine Vorgesetzte war persönlich hier, um mir zu versichern, dass es eine offizielle Gedenkveranstaltung für ihn geben würde, weil er ein so guter Polizist gewesen ist.«
»Hat Captain Roth Ihnen erzählt, ich wäre diejenige, die den Namen Ihres Mannes in den Dreck gezogen hat?«
»Nein, nein, eigentlich nicht. Sie hat nur gesagt, egal, was vielleicht andere behaupten, könnte ich wirklich stolz auf meinen Gatten sein. Es hat mir sehr viel bedeutet, dass sie das gesagt hat und dann noch bei einem persönlichen Besuch. Die meisten Leute seiner Dienststelle sind inzwischen hier gewesen, um ihm die letzte Ehre zu erweisen und ihre Hilfe anzubieten. Das ist mir ein großer Trost.«
»Aber heute hat Sie jemand kontaktiert und etwas anderes behauptet.«
»Ja, aber er hat ebenfalls nur versucht zu helfen. Er meinte, das gesamte Revier stünde hundertprozentig hinter Taj. Anfangs habe ich ihn gar nicht verstanden, aber dann hat er gesagt, ich sollte mir keine Gedanken machen über die Gemeinheiten, die Sie über meinen Mann verbreiten. Die ganze Sache wäre von Anfang bis Ende erstunken und erlogen. Als er merkte, dass ich keine Ahnung hatte, was er damit meinte, hat er sogar einen Rückzieher gemacht, aber ich habe nicht lockergelassen. Und da hat er es mir erzählt.«
»Wer war es, der Sie angerufen hat?«
»Ich will nicht, dass er meinetwegen Schwierigkeiten bekommt.« Sie faltete die Hände und wog das Gebot der Vertraulichkeit gegen ihren Wunsch nach Gerechtigkeit für ihren toten Gatten ab. »Jerry Vernon. Detective Vernon. Aber er hat halt nur versucht zu helfen.«
»Verstehe. War er ein enger Freund Ihres Mannes?«
»Ich glaube nicht. Nicht wirklich. Taj hatte privat nicht viel Kontakt zu seinen Kollegen. Es gab nur ein paar wenige, die gelegentlich zum Essen hier gewesen sind, und ein paar andere, deren Frauen ich hin und wieder treffe.«
»Es würde mir helfen, wenn ich wüsste, wer seine Freunde waren.«
»Oh, natürlich.« Sie nannte ein paar Namen und schien sich, während sie sprach, ein wenig zu entspannen.
»Du tust mir weh, Patsy«, mischte sich Clooney leise vorwurfsvoll in das Gespräch.
»Ja, natürlich warst du ebenfalls gut mit ihm befreundet, Art.« Sie nahm seine Hand und hielt sie Trost suchend und gleichermaßen tröstend fest.
»Eigentlich war Taj eher ein Freund meines Sohnes«, erklärte Clooney Eve. »Aber ab und zu haben die beiden mich alten Herrn auf ein Bierchen mitgenommen, wenn sie im Rahmen ihrer Männerabende unterwegs gewesen sind. Was allerdings, da Taj sehr häuslich war, nicht allzu häufig passiert ist.«
»Mrs Kohli, Sie haben mir erzählt, Taj hätte Sie am Abend vor seiner Ermordung angerufen und dabei erwähnt, dass er sich nach Schichtende im Purgatorium noch mit jemandem trifft.«
»Ja, aber er hat mir nicht gesagt, mit
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