Sündige Rache
gezielt. Oh, was für ein Anblick muss das gewesen sein! Weshalb er, im übertragenen Sinne, ebenfalls eine Waffe gezogen hat.«
Eves Unterlippe fing sichtbar an zu zittern. »Dr. Mira, ich finde das unglaublich roh.«
»Trotzdem haben Sie beide auf eine Weise reagiert, die natürlich für Sie war, indem Sie auf eine raue, schweißtreibende Art miteinander geschlafen haben, die ohne jeden Zweifel für Sie beide durchaus befriedigend gewesen ist.«
»Das sollte man meinen, aber kaum bekamen wir nur ansatzweise wieder Luft, als er mich rüber ins Bett getragen und sofort noch mal von vorne angefangen hat.«
Dr. Mira betrachtete sie mit großen Augen. »Folgt er einer bestimmten Diät? Nimmt er irgendwelche Vitamine?«
Eve merkte, dass sie anfing zu grinsen, und zum ersten Mal an diesem Tag ließ die Anspannung ihrer Nackenmuskeln nach. »Danke. Und trotz all der Screamer und der Eiscreme, die ich bei Mavis verschlungen habe, war mir heute Morgen nicht mal schlecht.«
»Das ist ein eindeutiges Plus. Der Mann liebt Sie mit allem, was er hat und was er ist, Eve. Das heißt, Sie können ihn verletzen. Nehmen Sie sich die Zeit und sprechen Sie mit Ihrem Mann.«
»Das werde ich.«
»Ich muss zurück in meine Praxis.« Jetzt stand Dr. Mira auf. »Weil ich heute nämlich früher Feierabend machen und dann meinen Mann nach allen Regeln der Kunst verführen will.«
Elegant und würdevoll wandte die Ärztin sich zum Gehen.
Amüsiert sah Eve ihr hinterher. »Doktor?«
»Ja?«
»Dass, hm, dass Sie für mich die Mutter spielen wollen. Das ist wirklich ungewohnt für mich. Aber durchaus schön.«
»Das ist es für mich ebenfalls. Auf Wiedersehen, Eve.«
Erfüllt mit neuem Schwung kehrte Eve zurück in ihr Büro und gab ihren beiden dort arbeitenden Helfern zwanzig Minuten frei. Als McNab jedoch in Richtung ihrer Küchenzeile strebte, scheuchte sie ihn fort.
»Nein, unten, oben, draußen, wo Sie wollen. Nur nicht hier bei mir. Ich will nämlich meine Ruhe haben. Aber halten Sie sich von den Schlafzimmern fern«, fügte sie, als sie das Blitzen seiner Augen sah, in rüdem Ton hinzu.
Sie nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz und kontaktierte Feeney. Falls sie tatsächlich auf dem Präsidium Bericht erstatten müsste, hätte sie ihn gern dabei.
»Computer, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Captain Ellen Roth in den beiden Mordfällen als Täterin in Frage kommt?«
Einen Augenblick …
Eve wanderte durchs Zimmer, während der Computer Daten und Zahlen miteinander verglich. Sie hatte wirklich neuen Schwung, dachte sie zufrieden. Sie war rastlos, energiegeladen und bereit, etwas zu tun.
Sie dachte an Roth, die den verzweifelten Versuch unternommen hatte, Beruf und Privatleben erfolgreich miteinander zu verbinden. Und der mit der Zerstörung ihrer Ehe beinahe auch der Job entglitten war.
»Das wird mir nicht passieren.«
Sie würde dafür sorgen, dass es funktionierte, dachte sie. Und zwar beides zugleich.
Berechnung abgeschlossen … Unter Einbeziehung der vorhandenen Daten beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass Captain Roth die Morde begangen hat, siebenundsechzig Komma drei Prozent.
Die Wahrscheinlichkeit war nicht besonders groß, ging es Eve durch den Kopf. Aber ausgeschlossen war es nicht.
»Computer, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit unter Einbeziehung folgender zusätzlicher Informationen? Captain Roths neuerliches Alkoholproblem, das Scheitern ihrer Ehe und ihr finanzieller Engpass. Außerdem war Roth bekannt, dass das erste Opfer im Purgatorium gearbeitet hat, und sie hat das Lokal in den Wochen vor dem Mord mehrere Male besucht. Das Ergebnis der Berechnung ist nur für mich allein bestimmt.«
Einen Augenblick … die zusätzlichen Informationen erhöhen die Wahrscheinlichkeit um zwölf Komma acht Prozentpunkte auf insgesamt achtzig Komma ein Prozent.
»Das sieht doch schon ganz anders aus. Damit stehen Sie auf einem der oberen Plätze der Liste der bisherigen Verdächtigen, Captain. Wen haben wir noch?«
Bevor sie jedoch weitermachen konnte, klingelte ihr Link. »Dallas.«
»Martinez.«
Im Hintergrund herrschte ein unglaublicher Lärm. Flugzeuge und Straßenlärm, überlegte Eve. Martinez rief also offensichtlich nicht von dem Revier aus bei ihr an.
»Haben Sie was für mich?«
»Es gibt Lücken in den Akten, Lücken, die nicht zu meinen eigenen Aufzeichnungen passen. Ich habe die Sache zurückverfolgt und alles überprüft, aber ich habe nicht herausgefunden, wer diese Veränderungen
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