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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Burton
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Geräusch, zart huschten Fingerspitzen über die Messerwunde an ihrer Seite.
    Er umfasste ihren Kopf, streichelte ihr Gesicht. »Caroline.«
    Sie hatte gedacht, es sei Rexton, aber das konnte nicht sein; er würde sie nicht Caroline nennen. Sie schlug die Augen auf und blinzelte zu der undeutlichen Gestalt empor.
    »Was ist passiert? Wer hat das …«
    Ihre Augen fielen wieder zu.
    »Caroline«, sagte er mit rauer, gepresster Stimme, »bleib hier. War es Dunhurst? Er hat eine Schnittwunde. Er hat gesagt, er habe sich beim Rasieren geschnitten. War er es?«
    Sie versuchte zu antworten. Ihre Lippen gehorchten ihr nicht, aber sie konnte zumindest den Kopf leicht bewegen und nickte.
    Er murmelte etwas, das sie nicht verstand, dann hob er sie hoch und sagte ihr, es würde alles gut. Seine Stimme verklang, als sie wieder bewusstlos wurde.
    »Sie müsste eigentlich tot sein.«
    Caroline öffnete die Augen und blickte sich um. Sie war im Chambre Romaine und lag in der Mitte des großen Bettes.

    »Ich verstehe nicht, Dr. Coates.« Das war Rextons Stimme. »Wie kann denn die Wunde so schnell heilen?«
    Caroline wandte den Kopf nach seiner Stimme. Ihr Hals fühlte sich seltsam dünn und schwach an, und sie hob vorsichtig die Hand, um ihn zu berühren. Das Halsband war weg. Ebenso die Fesseln um Knöchel und Handgelenke.
    »Das ist ein Mysterium, das sage ich Euch«, erwiderte der Arzt, der mit Rexton und Mr. Riddell auf dem Balkon stand. Alle drei Männer lehnten am Geländer, mit dem Rücken zu Caroline. »Aber es ist nicht das erste … Wunder, wenn Ihr so wollt, das ich als Arzt erlebe. Einmal habe ich einen kleinen Jungen entbunden, der mit einem Tumor im Rückgrat zur Welt kam. Diese Krebsgeschwüre sind immer tödlich – man kann nichts tun. Das sagte ich auch seiner Mutter, aber sie betete trotzdem um seine Heilung. Eines Morgens wachte der kleine Junge auf, und der Tumor war weg, als wäre er nie da gewesen. Er ist jetzt fünfzehn Jahre alt, ein gesunder, robuster junger Mann.«
    »Ich glaube nicht an Wunder«, sagte Rexton.
    »Zum Glück für Miss Keating lässt Gott sich davon nicht abhalten«, erwiderte der Arzt. »Es ist wirklich ein Wunder, dass sie trotz des hohen Blutverlusts überlebt hat. Allerdings wird sie jetzt eine Zeit lang zu schwach zum Reisen sein. Und, äh, ich weiß ja nicht, wie lange Ihr beabsichtigt hierzubleiben, Mylord, aber ich möchte Euch darauf hinweisen, dass die junge Dame gegenwärtig nicht in der Verfassung ist, um in intimer Hinsicht …«
    »Wofür haltet Ihr mich?«, fragte Rexton.
    Die beiden anderen Männer wandten den Blick ab.
    Schließlich brach Mr. Riddell das verlegene Schweigen. »Archer lässt ausrichten, dass Miss Keating hierbleiben kann, bis sie völlig wiederhergestellt ist. Was ihre vertraglichen Verpflichtungen angeht, so wurde ihre Sklavenschaft zwar vorzeitig beendet, allerdings ohne ihre Schuld. Ihr versteht hoffentlich,
Rexton, dass Ihr trotzdem verpflichtet seid, den vollen Preis von hunderttausend Guineen zu bezahlen.«
    » Selbstverständlich.«
    »Wenn ich fragen darf«, fuhr Riddell fort, »gab es einen … einen besonderen Grund, warum Ihr sie gestern Nacht im Pferdestall gelassen habt? Hat sie etwas getan, das Euch missfallen hat?«
    Rexton seufzte. »Ich war betrunken.«
    Lügner , dachte Caroline. Ja, er war betrunken gewesen, aber der eigentliche Grund war das nicht gewesen. Er hatte es getan, um sie auf Distanz zu halten, damit er sie wie ein Ding behandeln konnte. Deshalb hatte er ihr auch immer die Augen verbunden oder die Kapuze aufgesetzt. Und er vollzog mit ihr gerade die Akte, von denen er wusste, dass sie sie verabscheute, damit sie auch ganz bestimmt nur negative Gefühle für ihn entwickelte.
    Sie hatte diese Lektion nur langsam gelernt, aber mittlerweile hatte sie es begriffen. Zwar war sie sich bewusst, welche unglücklichen Umstände Rexton dazu getrieben hatten, niemanden an sich heranzulassen, aber die Tatsache blieb bestehen, dass er ein distanzierter, gefühlloser Mann geworden war. Die kleinste warmherzige Geste von ihrer Seite hatte er grausam bestraft. Er konnte einfach keine echte Bindung mehr zu einem anderen menschlichen Wesen aufbauen.
    »Seht Ihr?« , hatte er am Nemeton gesagt, nachdem er ihr bewiesen hatte, was für ein Monster er war.
    Da hatte sie es noch nicht wirklich gesehen. Aber jetzt.
    »Dann machst du es also?«, fragte Lili, die am späten Nachmittag bei Caroline auf der Bettkante saß.
    Die Tür ging auf. Lord Rexton,

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