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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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die Täter, die ihn innerlich zerriss, sie wusste es.
    Er gab sich eine Mitschuld an den schrecklichen Ereignissen.
    Sie zwang sich, sich wieder auf Megan zu konzentrieren, und drückte die klammen Finger der Jüngeren aufmunternd.
    »Nichts von dem, was damals geschah, ist deine Schuld, Megan. Diese Männer haben Furchtbares getan. Sie haben ihre Position ausgenutzt, um euch junge Mädchen zu vergewaltigen, und sie müssen unbedingt dafür bestraft werden. Wir werden alles tun, um dafür zu sorgen, dass sie nie wieder jemandem etwas antun können.«
    Gott, ihre Worte klangen so lahm und bedeutungslos. Aber was hätte sie sonst sagen können, um Megan zu trösten? Es gab nichts.
    »Das ist richtig«, meldete sich Connie ruhig zu Wort. »Diese Männer hätten euch beschützen und auf euch aufpassen müssen. Stattdessen haben sie euch missbraucht.«
    »Was sie getan haben, war entsetzlich und schändlich. Ein Mann, der seine Hand gegen Frauen und Kinder richtet, ist keiner.« Pastor John erhob sich, ging zum Kamin und legte ein neues Scheit in die Glut. »Es war nicht deine Schuld. Nichts von dieser Schande lastet auf dir.«
    Megan schien ihre Worte aufzusaugen wie ein Schwamm, sah von einem zum anderen, bis ihr Blick bei Sophie hängenblieb. »Ich wurde krank. Ich hatte Schmerzen, bekam Fieber. Man schickte mich auf die Krankenstation. Der Arzt sagte, ich hätte eine Beckenentzündung. Ich vertraute ihm und erzählte ihm, was geschehen war. Ein Fehler.«
    Sophie lauschte mit wachsender Beklemmung, wie die Verwaltung eine interne Ermittlung anstrengte, die Wärter jedoch nicht entließ, sondern sie lediglich in die Abteilung junger männlicher Straftäter versetzte. »Ich dachte, die Männer würden wenigstens bestraft, aber durch die Ermittlung wurden plötzlich Tatsachen verdreht. Wir hätten es so gewollt, hieß es. Wir hätten den Wachleuten Sex gegen besondere Gefallen und Vergünstigungen angeboten.« Megan verstummte. Ihre Hand umklammerte Sophies. »Cross kam kurz vor meiner Entlassung zu mir. Er sagte Char und mir, dass er uns töten würde, wenn wir je wieder davon sprechen würden. Also hielt ich den Mund.«
    »Bis zu dem Nachmittag, an dem du Cross wiederbegegnet bist«, fügte Sophie hinzu.
    Megan nickte und vergrub dann ihr Gesicht in den Händen und begann zu schluchzen, so heftig, dass ihr ganzer Körper sich schüttelte.
    »Ich … ich wollte ihn nicht umbringen. Ich dachte nicht, dass … dass …«
    Sophie wollte ihr den Arm um die Schultern legen, doch Hunt war bereits da. Er kniete sich vor seine Schwester, zog sie in seine Arme und murmelte tröstende Worte. Die Sanftheit und die Zärtlichkeit seiner Stimme passte nicht zu seinem hasserfüllten Gesichtsausdruck. Während Megan, den Kopf an der Schulter ihres Bruders, schluchzte, erzählte er die Geschichte zu Ende.
    »Cross war gekommen, um mir mein Werkzeug zurückzubringen, genau wie ich damals ausgesagt habe. Megan sah ihn, wurde hysterisch und erzählte mir einzelne Bruchstücke von dem, was geschehen war, und es reichte aus, um das Wesentliche zu verstehen. Ich stellte das Schwein zur Rede und musste mir anhören, wie er darüber lachte. Ich wusste nicht, dass Megan meine Pistole in der Hand hatte, bis sie schoss.«
    Sophie kannte den Rest.
    »Dann hast du sie weggeschickt und die Schuld auf dich genommen. War es der erwachsene Mann, der die Entscheidung gefällt hat, oder der verängstigte Zehnjährige, der meinte, es sei sein Job, sich die Probleme dieser Welt auf seine Schultern zu laden?«
    Er warf ihr einen scharfen Blick zu, ging aber nicht auf ihre Frage ein.
    »Ich wischte ihre Abdrücke von der Waffe und schickte sie nach Hause. Ich war sicher, dass ich als ehemaliger Mustersoldat und ohne Vorstrafenregister ein milderes Urteil bekommen würde als sie mit ihrer Vorgeschichte als Drogenabhängige. Außerdem wollte ich nicht, dass sie aussagen oder wieder ins Gefängnis zurückmusste. Ich war sicher, dass sie es nicht mehr schaffen würde, ich aber schon. Ich hatte keine Ahnung, was sich daraus entwickeln würde.«
    Megan hob den Kopf und sah ihren Bruder flehend an. Noch immer liefen die Tränen.
    »Es … es tut mir so leid, Marc. Du hast für mich gebüßt, und ich hasse mich dafür, dass ich es einfach zugelassen habe. Durch die Drogen konnte ich eine Weile alles vergessen. Wenn ich mir einen Schuss setzte, dachte ich nicht mehr an das, was geschehen war. Was mir geschehen war. Was ich getan hatte. Manchmal vergaß ich sogar,

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