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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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ich.«
    Im Kamin verrutschte ein Holzscheit, und ein Funkenregen wirbelte auf.
    Megan starrte auf ihre Hände, die sie fest im Schoß verschränkt hatte. »Am ersten Abend kam der Wachmann nur rein, schloss hinter sich zu und ging zu Char. Er befahl ihr, ihre Hose auszuziehen, stieg dann auf sie drauf und tat, was er vorhatte. Als er ging, fragte er mich, ob ich wüsste, wie man es machte, denn ich sei die Nächste. Ich fing an zu weinen, weil ich Angst bekam, aber Char wurde sauer und verpasste mir ein paar Ohrfeigen. Ich sollte aufhören, mich wie ein Baby zu benehmen, sagte sie. So würde es hier eben laufen.«
    Nicht zum ersten Mal wünschte Marc sich, er wäre derjenige gewesen, der Cross erschossen hatte. Wenn er in der Hölle war, dann hatte er jede einzelne Minute verdient.
    »In der nächsten Nacht kam er wieder. Ich sollte mich ausziehen. Aber ich wollte nicht und weigerte mich. Und er …« Megans Stimme brach, und sie sog bebend die Luft ein.
    Marcs Eingeweide zogen sich zusammen. Er war sich nicht sicher, dass sie damit umgehen konnte. Zum Teufel, er war sich ja nicht einmal sicher, ob er es konnte.
    »Megan, du musst nicht. Du musst es nicht noch einmal durchleben.«
    Aber er hätte ebenso gut gegen eine Wand reden können.
    Sophie nahm Megans Hand und sprach beruhigend auf sie ein.
    »Du bist jetzt in Sicherheit, Megan. Er kann dir nichts mehr tun.«
    Das war leider nicht ganz richtig. Cross’ Mittäter konnten jeden Moment hier eintreffen und sie alle abknallen. Aber Marc hatte bereits mehrmals darauf hingewiesen – ohne dass es eine Wirkung gezeigt hätte.
    Megan fuhr fort. Ihr Gesicht war nun leichenblass.
    »Er … er schlug mich und riss mich an den Haaren. Er sei das Gesetz, sagte er, und wenn ich nicht täte, was er wollte, würde ich für ewig im Knast bleiben. Ich hatte solche Angst! Und deshalb tat ich, was er sagte. Er …«
    »Hat dich vergewaltigt«, beendete Sophie den Satz für sie.
    Marc hätte gerne irgendetwas zertrümmert. Er hätte am liebsten Cross’ Leiche ausgebuddelt und darauf gespuckt. Er wollte die anderen Wachleute finden und ihnen den Schädel wegschießen, nachdem er ihnen den Schwanz abgeschnitten und an die Hunde verfüttert hatte. Er wollte ihnen weh tun, wollte, dass sie litten, wollte, dass sie zahlten, weil sie aus einem fröhlichen Mädchen eine Drogensüchtige gemacht hatten.
    Megan nickte, während Tränen über ihre Wangen strömten.
    »Ich … ich war noch Jungfrau, und es tat weh. Danach schenkte er mir Schokolade, damit ich aufhörte zu weinen. Und ab da geschah es regelmäßig. Sie waren zu viert, und sie wechselten sich ab, je nachdem, wer gerade Dienst hatte. Sie warnten sich gegenseitig über Funk.«
    Marc hatte das Gefühl, dass es ihm den Boden unter den Füßen weggehauen hatte.
    Vier?
    Mein Gott!
     
    Ihm wurde übel.
    »Und keine von euch ist je schwanger geworden?«
    Megan schüttelte den Kopf.
    »Sie taten es nur mit Kondomen. ›Keine Babys, keine DNS ‹, hieß es immer. Ich hasste sie!«
    Marc fluchte leise. Und ungebeten trat wieder die Erinnerung an eine andere Nacht in sein Bewusstsein, in der er seiner kleinen Schwester ebenfalls nicht hatte helfen können.
    Lasst sie in Ruhe! Sie ist meine kleine Schwester!
    Er brach in Schweiß aus, und das Schuldgefühl setzte sich zäh und schleimig in seinem Inneren fest. Doch selbst in seinem heillosen Zorn und dem erstickenden Bedauern war er verblüfft, wie stark und ruhig Megan im Gegensatz zu dem Tag vor sieben Jahren wirkte. Damals hatte sie ihm ihre Geschichte zwar zu erzählen versucht, doch sie war in ihrer Hysterie fast nicht ansprechbar gewesen, und er hatte die Teile allein zusammensetzen müssen. Nun erzählte sie die Ereignisse von vorne bis hinten, von Anfang bis Ende, und obwohl sie eindeutig aufgewühlt war und es ihr schwerfiel, sprach sie doch klar und zusammenhängend.
    Seine kleine Schwester fing langsam an, wieder Fuß zu fassen.
    Sophie kämpfte mit den Tränen und versuchte zu begreifen. Megan war wiederholt von vier Strafvollzugsbeamten vergewaltigt worden und hatte Cross später im hysterischen Zustand erschossen. Um sie zu beschützen, hatte Hunt die Schuld auf sich genommen und sechs Jahre Hölle auf Erden durchlitten.
    Warum hast du es mir nicht gesagt, Hunt? Du hättest es mir sagen müssen.
    Sie konnte quer durch den Raum spüren, wie sich in ihm Zorn, Verzweiflung und Hass aufbauten, und sie konnte es ihm nicht verdenken. Aber es war nicht nur die heillose Wut auf

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