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Süß ist die Angst

Süß ist die Angst

Titel: Süß ist die Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Clare
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nachließ und er den Alptraum ausgeschwitzt hatte. Dann würde er duschen, etwas essen und in die Stadt fahren.
    Sophie brauchte ihn, und er würde sie nicht im Stich lassen.
     
    »Strecken Sie die Arme aus.«
    Sophie tat es und schnappte nach Luft, als der kalte Stahl gegen ihre Haut drückte. Hunt war mit den Handschellen sanfter umgegangen.
    »Sie sitzen sehr fest.«
    »Das sollen sie auch.« Der Wachmann, ein junger Kerl mit kurzem, blondem Haar, verband ihre Handschellen mit einer Kette, die er um ihre Taille schlang, dann schloss er ihre Füße zusammen, während ein zweiter Vollzugsbeamter daneben stand und sie beobachtete, als könnte sie sich jeden Moment in ein reißendes Tier verwandeln. »Los.«
    Flankiert von den beiden Männern, schlurfte sie mit kleinen Schritten den Flur entlang. Es kam ihr vor, als würde sie das Leben einer anderen führen. Als sie das letzte Mal Handschellen getragen hatte, war sie in einem Schneesturm als Geisel eines Mörders unterwegs gewesen und hatte um ihr Leben gefürchtet. Es war ihr surreal vorgekommen, und das tat es jetzt auch. Nur war sie diesmal die Verbrecherin und musste ausgerechnet die Männer fürchten, die das Gesetz schützten.
    Gestern Nacht hatte jemand heimlich in ihre Zelle eindringen wollen, um weiß Gott was zu tun. Wer war es gewesen?
    Es konnte keiner der beiden Männer sein, die sie nun begleiteten, denn inzwischen hatte ein Schichtwechsel stattgefunden, und die betreffende Person war wahrscheinlich nach Hause gegangen. Wenn sie nicht so ein Feigling gewesen wäre oder etwas schneller reagiert hätte, hätte sie vielleicht das Gesicht des Mannes oder sogar sein Namensschildchen gesehen und ihn identifizieren können. Stattdessen hatte sie so einen Bammel gehabt, dass sie nicht daran gedacht hatte nachzuschauen, und dann war es zu spät gewesen.
    Wenigstens war er kein zweites Mal gekommen.
    Sophie hatte in der Dunkelheit gesessen, nicht mehr schlafen können und vor Angst Magenschmerzen bekommen. Die Stunden hatten sich zu einer Ewigkeit hingezogen, bis um fünf die Lichter angegangen waren und zwei Vollzugsbeamtinnen die Bestellungen der Gefängnisbeauftragten vom vorherigen Tag hereinbrachten, Schokoriegel, Tampons, Kartoffelchips, Creme und Lipgloss. Endlich war sie eingeschlafen.
    Zwei Stunden später gab es Frühstück, und die Zellen wurden geöffnet. Sophie hätte lieber weitergeschlafen, aber sie wusste, dass es erst am Mittag wieder etwas zu essen geben würde, daher hatte sie sich aus der Zelle gequält und war in den Aufenthaltsraum gegangen, wo circa zwanzig Frauen saßen und noch halb flüssiges Rührei und schlappen weißen Toast gegessen hatten. Die meisten schienen zu wissen, wer sie war und warum sie hier war, aber wahrscheinlich hatten sie nicht viel mehr zu tun, als den ganzen Tag fernzusehen. Sie hatte instinktiv begonnen, diese Frauen nach ihrem Leben auszufragen, bis eine scherzhaft gefragt hatte, ob sie wirklich verhaftet worden war oder die anderen nur interviewen wollte.
    Gott, wenn das nur wahr gewesen wäre!
    Nun führten die Wachmänner sie durch eine Sicherheitsschleuse in einen der Besucherräume. Dort saß ein Mann mittleren Alters mit schneeweißem Haar und …
    »Holly!«
    Holly, die in ihrem grauen Prada-Kostüm umwerfend aussah, eilte auf purpurfarbenen Miu-Miu-Pumps auf sie zu und schlang die Arme um sie.
    »Meine Güte, Sophie, was haben sie dir nur angetan? Allein die dunklen Ringe unter deinen Augen.«
    Bevor Sophie noch etwas sagen konnte, griff Holly sich in die Bluse und zog zwischen ihren Brüsten ein kleines Make-up-Täschchen von Gucci hervor. »Das hat den Alarm ausgelöst, aber ich habe behauptet, es müsse an meinem Bügel- BH liegen. Setz dich, wir haben nicht viel Zeit. John wird das rechtliche Gequatsche übernehmen, während ich zusehe, wie ich dich wieder hinkriege. Ich bin für heute seine juristische Hilfskraft. Anders wäre ich hier nicht reingekommen.«
    Sophie konnte das Grinsen nicht abstellen. Sie war wegen eines Schwerverbrechens im Gefängnis, und Holly hatte die Vollzugsbeamten angelogen, um sie zu schminken und zu frisieren? Es klang wie die Vorlage für eine neue Reality-Show fürs Fernsehen: America’s Next Knastmodel.
    »Du bist super, Holly.«
    »Weiß ich doch.«
    Während Holly also kosmetische Reanimation betrieb, Sophies wirre Haare kämmte, das Gesicht mit einem feuchten Tuch reinigte und sie anschließend zu schminken begann, lauschte Sophie ihrem Anwalt John Kirschner, der ihr

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