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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Newman
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problematisch. In der Mikrowelle zerstört die Zitronensäure das Proteingeflecht und die Fettmoleküle zerfallen.«
    »Ach – und wie sieht bei Cremes die Gewinnspanne aus?«
    »Die liegt bei achtunddreißig Prozent.«
    »Und die Kosten?«
    »Die sind niedrig. Das meiste kosten die Früchte und die Arbeitszeit.«
    »Okay, dann hätte ich für den Sommer gern ein gutes Dutzend neuer Cremepuddings, mit einer Gewinnspanne von vierzig Prozent. Geht das klar?«
    Wenn es um Pudding geht, ist mir keine Herausforderung zu groß.
    James ist in Paris. Als ich mich Montagmorgen von ihm verabschiedet habe, hat er gesagt: »Ich rufe dich Freitag an.«
    Und das tut er auch, wie immer, wenn er einen Anruf versprochen hat, aber spontan meldet er sich nur selten. In der Woche hatte ich einiges zu tun, dachte über Devrons Auftrag nach und ging jeden Abend mit Freunden aus. Ich war abgelenkt, hoffte aber trotzdem, James würde sich melden, einfach so, nur um Hallo zu sagen, aber das scheint nicht sein Stil zu sein.
    Als er anruft, sagt er: »Ich sitze gerade im Eurostar, kann sein, dass ich gleich keinen Empfang mehr habe. Was machst du morgen am späten Nachmittag?«
    Den Samstag habe ich mir vorsorglich für ihn freigehalten, aber dass er davon offenbar ausgeht, passt mir nicht.
    »Warum?«
    »Können wir uns um siebzehn Uhr in der Tate Modern treffen?«
    »Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
    »Ich habe etwas für dich. Etwas, das sich nicht lange hält.«
    »Was?«
    »Etwas Schönes, das dir gefallen wird. Der Mann im Laden hat gesagt, bis achtzehn Uhr Pariser Zeit gebe es keinen Grund zur Sorge. Sei also pünktlich.«
    »Warum sehen wir uns denn dann nicht früher?« Ich würde am Samstag gern mehr Zeit mit ihm verbringen.
    »Weil ich vorher noch was erledigen muss. Wir treffen uns oben am Haupteingang.«
    Ich trage das weiße Sommerkleid aus Baumwolle, das ich vor zwei Jahren für fünf Dollar auf einem New Yorker Flohmarkt entdeckt habe. Das Kleid war mir einen Tick zu eng, aber ich war zuversichtlich und hoffte, eines Tages würde es mir passen. Es hat weniger gekostet als das Putensandwich, das ich damals gerade gegessen hatte. Ich habe ziemlich viele günstige Kleider, die ich irgendwo aufgetrieben habe, und die meisten von ihnen werden mir nie passen, aber als ich in das weiße Sommerkleid schlüpfe, sitzt es wie angegossen. Darunter trage ich die wundervollsten blassrosa French Knickers aus Seide, und im letzten Moment setze ich noch den weichen breitrandigen Strohhut auf, den ich bisher nur in meiner Wohnung gewagt habe zu tragen. Ich komme mir französisch vor und fühle mich so hübsch und grazil, als wäre ich eine Frau aus einer Modezeitschrift und nicht jemand, der ständig Stoppeln in den Achselhöhlen hat.
    Heute ist der erste richtige Frühlingstag. Ab Waterloo laufe ich am Fluss entlang und fühle mich wie die Frau, die ich immer sein wollte: glücklich, selbstsicher und cool. So möchte ich mich jeden Tag fühlen, die Männer starren mich an, schicke Frauen mustern mich aus dem Augenwinkel mit einer Mischung aus Bewunderung und Neid. Wahrscheinlich sollte ich diesen Hut öfter tragen.
    Es gibt so viel, das ich mit James unternehmen möchte. Abendliche Cocktails in der Festival Hall, mit Blick über die Themse. Sonntagnachmittags Tanz im Savoy , mit Champagner und Gebäck. Im Winter Schlittschuhlaufen, drüben am Somerset House. Nachmittags zwei Filme von Billy Wilder hintereinander sehen. Ich stöbere in den antiquarischen Büchern, die am Ufer des Flusses verkauft werden, und entdecke eine nahezu neuwertige Ausgabe der Liebesgedichte von Carol Ann Duffy. Ich würde sie James gern kaufen, aber vermutlich wäre ihm der John le Carré auf dem nächsten Tisch lieber.
    Ich habe zu lange getrödelt und komme zur Tate eine Viertelstunde zu spät. Schon aus der Ferne erkenne ich James, der stirnrunzelnd auf seine Armbanduhr schaut. Wie ich seine Statur liebe – so muss ein Mann aussehen, maskulin und stark. Er trägt eine Seemannsjacke und dunkelblaue Jeans, Levi’s natürlich, einer wie er würde nie auch nur einen Hauch Lycra in seiner Jeans dulden. Er sieht in meine Richtung – und stutzt. Ich zwinge mich, ihm nicht entgegenzurennen.
    »Schöner Hut«, sagt er und küsst mich volle fünf Minuten lang.
    »Hier, für dich.« Er hält mir einen Karton hin, der in pistaziengrünes Papier eingeschlagen und mit einem breiten rosa Band umwunden ist. »Wenn das Kätzchen darin nicht mehr lebt, ist es deine

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