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Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Süße Teilchen: Roman (German Edition)

Titel: Süße Teilchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Newman
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Vollkorn-Toast mit Butter und Philadelphia-Käse.«
    Während wir darauf warten, dass die Brotscheiben rösten, machen wir ein bisschen rum. James versucht, sich auf mich zu legen. »Nein«, wehre ich ihn ab. »Nicht einmal du schaffst es in weniger als zwei Minuten.« Ich trinke einen Schluck Wein und reiche ihm einen Toast. »Koste mal.«
    »Mmmh. Sehr gut. Warum bin ich selbst noch nie auf die Idee gekommen?«
    »Und jetzt einen Hauch Frankreich.«
    Ich stecke die nächsten Brotscheiben in den Toaster. James fummelt an mir herum. Diesmal wehre ich mich schon weniger. Doch dann schiebe ich ihn weg. »Schluss jetzt, hier kommt Toast Nummer zwei.«
    »Aprikosenmarmelade auf Frischkäse? Igitt.«
    »Vertrau mir.«
    »Hm. Schmeckt ziemlich gut.«
    »So macht man ja auch Käsekuchen. Also weiter.«
    Wir knutschen heftiger und essen mehrere Variationen Frischkäse auf Toast. Mit eingelegten Gürkchen schmecken sie ausgezeichnet, mit schwarzen Oliven ebenfalls, mit Avocadoscheiben göttlich.
    Als wir satt sind und ich James gebeten habe nachzusehen, ob der Toaster auch wirklich ausgeschaltet ist (zwei Mal), kuscheln wir uns unter die Decke. Nach einer Weile gehe ich ins Bad, um mir die Zähne zu putzen. Als ich zurückkomme, liegt James da und schnarcht.
    Ich streiche ihm über das Haar, hole das zweite Kopfkissen vom Bett und schiebe es unter seinen Kopf. Dann lege ich mich zu ihm und schmiege mich an ihn.

Heute, am 17. November, ist der große Abend, an dem die Strumpfhose L’Estime vorgestellt wird. James, der sonst immer so ruhig und selbstsicher ist, wirkt kribbelig, nein eigentlich sogar hypernervös. Das habe ich bisher nur selten erlebt. Aber welchen Grund sollte er dafür haben? Er ist ein gewiefter Fachmann, und wenn er sich etwas vorgenommen hat, schafft er es auch.
    Die Präsentation findet in einer Bar nahe der Mount Street in Mayfair statt. Ich trage mein bestes schwarzes Seidenkleid von Zara . Es erinnert mich an die Kleider von Gina Lollobrigida aus den Fünfzigerjahren, mit eng anliegendem Oberteil und gebauschtem Rock. Normalerweise fühle ich mich in diesem Kleid schön, aber an diesem Abend steckt mich James’ Nervosität an.
    Er stellt mich seinen Geschäftspartnern vor, und ich habe den Eindruck, dass er es widerstrebend tut.
    »Das ist Sophie, meine – Freundin«, sagt er und bringt das Wort »Freundin« kaum über die Lippen. Sofort bin ich verunsichert.
    An unserem Nachbartisch sitzen die Finanzgeber, vier Männer mit ihren Ehefrauen. Die Männer sehen aus, als wären sie Rosemary’s Baby entsprungen, aber mit einer Bräune wie George Hamilton. Ihre Gesichter sind reglos, nur die Augen bewegen sich, zucken zur Bühne hinüber oder zu einem Kellner, wenn er ihr Champagnerglas auffüllen soll. Der Champagner wird in schmalen hohen Kelchen serviert. Wenn die Ehefrauen aus ihnen trinken, erinnern mich ihre mit Collagen gefüllten Lippen an Froschmäuler.
    Es sind die Art Frauen, mit denen manche Männer sich gerne schmücken, allerdings ist ihr Lack schon etwas angekratzt. Die Männer schätze ich auf fünfundsechzig, die Ehefrauen auf fünfzig, obwohl die Stirn jeder Einzelnen so glatt aussieht wie die einer Fünfundzwanzigjährigen. Ihre Kleidung ebenfalls. Aber ganz gleich, was sie mit sich gemacht haben, ihre Mienen wirken angestrengt.
    Sie drehen die Köpfe nach rechts und links, um die Ohrringe, Ketten, Armbänder und Broschen der anderen Frauen zu taxieren. Sie ballen die Hände zu Fäusten und strecken dann die Finger, als müssten sie gleich etwas auf dem Klavier vortragen. Bonbongroße Rubine, Smaragde und Brillanten funkeln um die Wette. Insgesamt schätze ich ihren Schmuck auf zehn Millionen Pfund.
    Keine von ihnen sagt ein Wort. Ich glaube, ich habe noch nie so freudlose Frauen gesehen.
    Auf der großen Leinwand erscheinen das »Gesicht« von L’Estime und die dazugehörigen Informationen.
    Noushka, Russin, eins achtundsiebzig. Wurde in Moskau in einer Einkaufspassage entdeckt. Ihre langen Haare haben ein dunkles Kastanienbraun, die hellblauen Augen sind mir einen Tick zu groß. Das Gesicht scheint nur aus scharfen Ecken und Kanten zu bestehen, als hätte ein deutscher Ingenieur es mit dem Lineal entworfen. Wangenknochen und Kinn springen hervor, die Nase ist so spitz, dass sie einen Luftballon zum Platzen bringen könnte.
    Aber es ist ein auffallendes Gesicht. Hart. Entschlossen. Kein Gesicht, das mich neidisch macht. Eigentlich ist es sogar merkwürdig, aber es lässt sich gut

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