Süße Teilchen: Roman (German Edition)
so.«
»Quatsch. Nägel sind Nägel.«
»Hör jetzt auf, Sophie. Warum attackierst du sie so?«
Warum verteidigst du sie so? Ich atme tief durch und ringe mir ein Lächeln ab. »Ich hole mir was an der Bar. Möchtest du auch etwas?«
»Ähm, nein, ich springe mal kurz hinter die Bühne und rede mit den Leuten.«
»Mit welchen Leuten?«
»Mit diesen Leuten.« Er deutet auf die Bühne, wo Noushka dem Publikum gerade Kusshände zuwirft.
»Soll ich mitkommen?«
»Dauert nur zwei Minuten.« Und schon bahnt er sich einen Weg durch die Menge.
»War die Toilette kaputt?«, frage ich James, als er zurückkehrt.
»Was?«
»Das waren sehr lange zwei Minuten.« Ich sitze an der Bar. In der Zwischenzeit habe ich drei Gin Tonics und die Schale mit dem japanischen Knabbergebäck geleert.
James zuckt mit den Schultern, aber dieser Mann hat sich ja auch noch nie für irgendetwas entschuldigt. Nie. »Offenbar hast du dir die Zeit mit Trinken vertrieben. Und was war in der Schale da? Das musste wohl auch dran glauben.«
»Wie bitte?«
»Wir gehen mit den Bonders ins Cecconi’s . Geplant sind Cocktails und Dinner. Oder hast du das vergessen?«
»Und was haben die zweiunddreißig japanischen Erdnüsse, die ich gegessen habe, damit zu tun? Und überhaupt, was geht dich das an?«
James zuckt zurück, als hätte ich ihm ins Gesicht gerülpst.
»Hast du vor, den ganzen Abend so gelaunt zu sein?«
»Keineswegs.« Ich schnappe mir meine Handtasche, umklammere die Kante meiner Sitzfläche und lasse mich von meinem Barhocker gleiten. Meine Stöckelabsätze sind zwar hoch, aber meine Beine eher kurz. Okay, die Landung ist geglückt.
»Wohin willst du?«, lenkt James besorgt ein.
»Weg von hier.« Ich bin müde und wütend, und deshalb klinge ich wie eine Frau aus einer Telenovela.
»Was hast du denn?«, fragt James verwirrt.
Gute Frage.
Die Antwort könnte lauten: Du warst nicht zwei, sondern siebzig Minuten mit Noushka hinter der Bühne.
Und: Klar, ich habe mich auch allein ganz gut unterhalten. Außerdem hätte ich mit ein paar Langweilern reden können, über Joint Ventures, Kapitalgewinnsteuern und darüber, dass fünfzig Prozent Reichensteuer die größte Sauerei aller Zeiten sind.
Aber dazu hatte ich keine Lust.
Außerdem könnte ich schwören, dass du lieber diese dünne, junge Russin als mich an deiner Seite hättest.
»Nichts, ich bin nur müde. Tut mir leid.« Es ist sein großer Abend, und ich bin dabei, ihm die Stimmung zu verderben. Ich benehme mich wie ein verzogenes Gör. Denn heute Abend geht es nicht um mich. Aber ich bin paranoid, überempfindlich und unsicher.
Das ist nun mal der Stand der Dinge.
Wachse über dich hinaus, befehle ich mir. Sei großzügig. »Warum nimmst du nicht Noushka mit zu Cecconi’s ? Die Bonders werden da sein – eigentlich ist es ja ein Geschäftsessen.« James strahlt wie ein Weihnachtsbaum. Und ich weiß, dass ich gerade einen Riesenfehler begangen habe.
»Tja, wenn du meinst. Wenn ich zu Hause bin, schicke ich dir eine SMS. Warte, ich gebe dir Geld fürs Taxi.« Hektisch greift er nach seiner Brieftasche. Wahrscheinlich will er umgehend hinter die Bühne rasen und Noushka abfangen, ehe sie in ihr Hotel fährt.
»Ich kann das Taxi selbst bezahlen. Amüsier dich.« James nickt. Ich lasse ihn mit seinem Zwanziger in der Hand stehen.
Ich liege im Bett. Es ist sechzehn Minuten vor drei Uhr morgens. James hat keine SMS geschickt. Das Cecconi’s wird gegen Mitternacht geschlossen haben. Selbst wenn er mit den Bonders anschließend irgendwo noch etwas getrunken hat, müsste er jetzt zu Hause sein.
Dass ich ihm per SMS eine gute Nacht wünsche, ist völlig ausgeschlossen. Das würde nur zeigen, wie jämmerlich ich bin.
Wahrscheinlich ist er noch unterwegs und trinkt irgendwo einen Absacker, im Soho House oder einem anderen Klub.
Man muss dem Partner vertrauen. Das gehört zu einer guten Beziehung. Ich vertraue James.
Ich schalte mein Handy aus, denn das Ausbleiben des blinkenden blauen Lichts ist störender als ein blinkendes blaues Licht. Wenn ich das Handy ausgeschaltet lasse, wird er mir in fünf Minuten eine SMS schicken. Das war schon öfter so.
Um halb sechs werde ich wach und schalte sofort mein Handy ein.
Keine Nachrichten.
In meiner Magengrube breitet sich ein Kribbeln aus. Mein Instinkt ist der Ansicht, dass da irgendetwas nicht stimmt, aber meinem Instinkt traue ich nicht über den Weg, schließlich bin ich paranoid.
Ich stehe auf und beschließe, eine
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