Suesser Als Blut
System ausbreitete und mir neue Kraft gab. Den
Wodka herbeizurufen war nun beinahe ein Kinderspiel; ja, es gelang mir sogar, die Flasche unbeschadet und mit dem Hals nach oben landen zu lassen. Ich nahm einen kräftigen Schluck, dann streute ich so viel Salz, wie ich konnte, in die Flasche und schüttelte sie kräftig.
Finn schaute unter halb geschlossenen Lidern zu, einen angeekelten Ausdruck auf dem Gesicht.
Ich schenkte ihm einen mitfühlenden Blick. »Stell dir einfach vor, es ist ein Margarita. Ohne die Zitrone.«
»Hasse Margarit…« Er wurde erneut von einem Hustenanfall geschüttelt.
Ich wartete ab, und als er sich ausgehustet hatte, hielt ich ihm die Flasche an den Mund und füllte ihn mit der salzigen Flüssigkeit ab.
Der graue Nebel schien Finn mit zunehmender Aggressivität zu umwabern. Mir wurde schon beim Hinschauen schlecht. Wenn es nun schiefging? Ich drückte die Hand auf den Bauch. Er fühlte sich an, als würde er in einem Korsett stecken. Moment mal – das tat er ja auch! Verfluchtes Ding! Ich riss an den Schnüren, lockerte sie und schlüpfte aus dem Korsett. Das kratzige Netzröckchen warf ich auch gleich ab. Haut an Haut war ohnehin besser, machte es leichter, die Magie zu absorbieren. Der Zauber fühlte sich an wie gierige Hände, die nach mir schnappten, unersättlich. Wenn es mir nun nicht gelang, ihn zu absorbieren , wenn er mich stattdessen in Besitz nahm?
»Ich werde jetzt die Handschellen aufschließen, Finn«, verkündete ich, die Silberschlüssel in der Hand. »Ich weiß nämlich nicht, was passiert, wenn ich den Zauber geschluckt hab.«
Er nickte unmerklich. Ich beugte mich über ihn, schloss Hand- und Fußfesseln auf und warf sie beiseite. Finn stöhnte vor Schmerzen und rollte sich zusammen. Ich sah etwas Schwarzes in Höhe seines Steißbeins aufblitzen, dann war es wieder verschwunden. Sein Schwanz?
Ich legte mich hinter ihn und drückte mich vorsichtig an ihn.
Sein Herz schlug schwach und schnell, sein Fell fühlte sich rau an meinen Oberschenkeln an und seine Haut feucht an meiner Wange. Es roch nach sauren Brombeeren. Ich schluckte mühsam die Tränen hinunter.
Es musste klappen.
Ich drückte ihn fest an mich und rief die Magie.
Der graue Nebel bäumte sich auf und fiel über mich her, drang in mich ein, sauste wirbelnd in mir umher und schleuderte mich in einen bodenlosen Abgrund. Ich ließ Finn los und rollte von ihm weg, rollte den Nebel auf, durchtränkte ihn mit meiner eigenen goldenen Magie. Dann rollte ich mich zurück, fing den wie eine Flut fortströmenden Nebel auf, umwickelte ihn mit den Goldfäden meiner Magie. Schließlich blieb ich reglos liegen. Der graue Nebel verschmolz mit meiner Magie und erstarrte wie ein Eiskristall. Ich holte tief Luft und versuchte, meinen rasenden Puls zu beruhigen.
Dann zerschmetterte ich den Kristall.
Der Zauber zerstob in alle Richtungen, und ich war von einer goldenen Wolke umgeben. Um mich herum schwebten perfekte kleine schwarze magische Perlen.
46. K apitel
G enny!« Es war Katies Stimme, und sie klang ängstlich. »Genny, wach auf! Du musst aufwachen!«
Katie?
Ich setzte mich schwankend auf, noch ganz besoffen von der Magie-Völlerei. Blinzelnd starrte ich sie an. Ihre Wimperntusche war verschmiert, ihr Pferdeschwanz saß schief und war zerzaust. Jeans und ärmelloses Oberteil waren zerknittert und schmutzig.
Ich rieb mir stirnrunzelnd das Gesicht.
Dann fiel mein Blick auf den Vampir, der sie grinsend am Arm festhielt. Sein blonder Pferdeschwanz war straff zurückgebunden und sein rotes Rüschenhemd blähte sich in einem nicht vorhandenen Luftzug. Mein Herz setzte einen Schlag aus: Es war der Graf, alias Rüschenhemd, der Anführer der Fang-Gang.
Er schaute mich an. »Ah, gut, du hast dich wieder erholt. Das ging ja flott, freut mich.«
»Da bist du nicht der Einzige«, sagte ich und rappelte mich auf die Füße. »Aber ich gestehe, es wäre mir lieber gewesen, wenn man dich im Theâtre du Grand-Guignol wirklich gepfählt hätte.«
»Haha, du hast Sinn für Humor, das gefällt mir. Mal sehen, ob du das hier auch witzig findest.« Er beugte sich vor und küsste Katie auf die Stirn. Sie zuckte zurück, und er lachte. »Sag deiner Freundin, was wir von ihr wollen, Kind.«
»Ich bin kein Kind«, maulte Katie.
Mir fiel ein Stein vom Herzen. Wenn Katie maulte, konnte es ihr nicht allzu schlecht gehen.
»Nun rede schon, Kind«, befahl er und schüttelte ihren Arm.
»Er möchte, dass du den Blutbund mit ihm
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