Suesser Als Blut
mit euren miesen kleinen Spielchen zu verplempern.«
Er neigte lauschend den Kopf, aber es war nichts zu hören. Unter der Kuppel war es vollkommen still.
Grabesstill.
Hoffentlich kein böses Omen.
»Darf ich Sie kurz mit unseren Regeln vertraut machen, meine Liebe?«
»Bitte sehr«, antwortete ich gefasst, wenn auch noch ein wenig atemlos.
»Rio hat mich zum Zweikampf gefordert, was ihr gutes Recht ist.« Der Earl schritt auf den Kampfring zu und bedeutete mir, ihm zu folgen. »Sie wünscht mich zu entthronen und meine Position einzunehmen. Was normalerweise kein Problem wäre, da sie die Gabe von mir erhalten hat.« Er winkte lässig ab. »Ich könnte sie ihr natürlich jederzeit wieder nehmen. Aber leider besitzt sie etwas, das ich haben will.«
Ich schnaubte. »Diesen Zauber.«
»Korrekt, meine Liebe.« Sein Lächeln triefte vor Charme. »Bei den Vorverhandlungen wurde entschieden, welche Waffen jeder von uns einsetzen wird. Rio wählte den Satyr. Und ich den Troll.«
»Ist ja alles hochinteressant, aber wieso erzählen Sie mir nicht was, das ich noch nicht weiß?«
»Gewiss.« Der Earl nickte zuvorkommend. »Der Troll tauchte plötzlich auf, und es gelang mir, ihn davon zu überzeugen, meine Standarte zu übernehmen.«
»Mit anderen Worten, Sie haben ihn mesmerisiert .«
»In gewisser Hinsicht, ja. Aber es gab noch andere Faktoren, die eine Rolle spielten. Er hatte ein paar Kollegen bei sich – an deren Unversehrtheit ihm viel zu liegen schien.«
Kacke . Hugh war direkt in die Falle gelaufen – in die ich ihn geschickt hatte. Ich ballte die Fäuste. Und was war mit Katie? Befand sie sich nun ebenfalls in der Gewalt des Earls?
Der Earl fuhr fort: »Ich fürchte, dass es der Troll nicht mit Rio aufnehmen kann, jedenfalls nicht, solange ihr der Satyr magische Kräfte verleiht.« Er streckte die Arme vor und begutachtete seine nicht vorhandenen Manschetten. »Ich möchte, dass Sie den Zauber von dem Satyr abziehen. Das dürfte für Sie ein Kinderspiel sein.«
Machte er Witze?
»Und dann?«, wollte ich wissen.
»Dann sollte es dem Troll eigentlich gelingen zu gewinnen.«
Ich schaute ihn überrascht an. »Sie wollen, dass Hugh Rio
umbringt?« Und ich hatte gedacht, er würde das selbst übernehmen wollen.
»Nun, das habe ich gesagt, oder nicht?«
»Und Hugh?«
Der Earl wischte einen unsichtbaren Fussel von seinem Ärmel. »Was ist mit ihm?«
»Ich werde den Zauber nicht so schnell von Finn abziehen können, das wird ein bisschen dauern. Ich möchte eine Garantie, dass Hugh inzwischen nichts passiert.«
»Er ist ein Troll. Die sind nicht so leicht totzukriegen.« Ich machte den Mund auf, aber er hob beschwichtigend die Hand. »Nun, ich habe ein besonderes Interesse daran, dass er nicht unterliegt. Ich werde die Situation also im Auge behalten, wie man so schön sagt.«
Schleimiger Schwätzer . Ich presste zornig die Lippen aufeinander.
Wir hatten den Rand der blauen Kuppel erreicht. Von den Tribünen aus gesehen, wirkte die Arena winzig, nicht größer als drei Quadratmeter, aber von uns aus, vom Eingang aus, wirkte sie wie ein Fußballfeld, an dessen anderem Ende Hugh und Rio als kleine Gestalten zu erkennen waren.
Und immer noch keine Spur von Finn.
Ich runzelte die Stirn. Wahrscheinlich war diese Diskrepanz in der Größenwahrnehmung auf die magische Kuppel zurückzuführen. Ich machte Anstalten loszurennen.
»Nicht so hastig, meine Liebe. Es gibt noch ein paar Dinge zu besprechen.«
Ach ja, die Erpressung.
»Sobald Sie den Zauber haben, Genevieve, bringen Sie ihn bitte zu mir. Ich würde nur ungern riskieren, dass meine Konzentration abschweift und Rio ihren Kampf gewinnt.«
Ich schaute in aus schmalen Augen an. »Sie sagten doch, sie könnte nicht ohne Finns magische Kräfte gewinnen.«
»Meine Liebe, ich kann den Troll zum Kampf ermutigen,
aber ich kann ihn ebenso gut – nun ja – lähmen .« Er schmunzelte.
Ich erschrak. Konnte er das? Hatte er wirklich so viel Macht? Hugh zu lähmen, während Rio ihn fertigmachte? Nun, diese Überlegungen musste ich mir für später aufheben; erst mal hieß es Finn suchen.
»Dann zeigen Sie mir jetzt besser, wo’s langgeht«, sagte ich entschlossen.
»Beeilen Sie sich.« Der Earl wies nach links. »Und noch was: Verschonen Sie bitte die Hexe. Sie könnte uns noch nützlich sein.«
Ach ja, hätte ich mir ja denken können. Natürlich war es Toni, die fiese Hexe, die Finn bewachte, während ihre mordlüsterne Geliebte mit Hugh kämpfte.
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