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Süßer Tod

Süßer Tod

Titel: Süßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Brown
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Prolog
    G ott sei Dank schlief er noch tief und fest.
    Aufzuwachen und zu entdecken, dass sie mit Jay Burgess im Bett lag, war schon peinlich genug, da wollte sie ihm nicht auch noch ins Gesicht sehen müssen. Wenigstens nicht, bevor sie Zeit gehabt hatte, sich zu sammeln.
    Zentimeter um Zentimeter schob sie sich an die Bettkante und schlüpfte unter der Decke hervor, um ihn nicht aufzuwecken. Am Matratzenrand setzte sie sich auf und schielte über ihre Schulter. Aus dem Lüftungsschlitz über dem Bett blies ein kalter Luftzug, unter dem sich die Härchen an ihren Armen aufstellten. Obwohl Jay nackt und nur bis zur Taille zugedeckt war, hatte ihn die Eiseskälte nicht geweckt. Ganz behutsam verlagerte sie ihr Gewicht vom Bett auf ihre Füße und stand auf.
    Der Raum kippte zur Seite weg. Um nicht ihrerseits umzukippen, streckte sie instinktiv die Arme aus. Ihre Hand traf mit einem Klatschen auf der Wand auf, das wie ein Schellenschlag durch das stille Haus hallte. Ohne sich noch groß darum zu kümmern, ob sie Jay aufweckte, sondern nur noch fassungslos, wie viel sie gestern Abend getrunken hatte, atmete sie an die Wand gelehnt durch und fixierte einen festen Punkt, bis sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
    Wie durch ein Wunder hatte sie Jay mit ihrer Tollpatschigkeit nicht aufgeweckt. Sie erspähte ihren Slip, schlich zum Fußende des Bettes, holte ihn und arbeitete sich dann auf Zehenspitzen durch den Raum, um ihre übrigen Sachen einzusammeln, die sie züchtig an ihre Brust presste, auch wenn das unter den gegebenen Umständen eher lächerlich war.

    Der Bußgang. Der Begriff aus dem College passte. Er bezeichnete Studentinnen, die sich nach einer Nacht mit einem Mitstudenten aus dessen Zimmer stahlen. Sie war längst übers Collegealter hinaus und außerdem Single, genau wie Jay, weshalb beide nach Belieben miteinander schlafen konnten, wenn sie sich dazu entschlossen.
    Wenn sie sich dazu entschlossen.
    Der Nebensatz peitschte ihr ins Genick wie ein straff gezogenes Gummiband.
    Plötzlich wich das Entsetzen darüber, in Jays Bett aufgewacht zu sein, der erschreckenden Erkenntnis, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie dort hineingeraten war. Sie glaubte nicht, dass sie irgendwann den bewussten Entschluss gefasst hatte, mit ihm zu schlafen. Sie konnte sich nicht erinnern, Pro und Kontra abgewogen zu haben und zu der Überzeugung gelangt zu sein, dass das Pro überwog. Sie konnte sich auch nicht erinnern, so lange umworben worden zu sein, bis die Vernunft von schierer Lust erdrückt worden war. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, im Geist mit den Achseln gezuckt und gedacht zu haben: Was soll’s? Wir sind erwachsen.
    Sie konnte sich an überhaupt nichts erinnern.
    Sie drehte eine langsame Pirouette und nahm dabei den Schnitt und die Einrichtung des Zimmers in sich auf. Es war ein angenehmer Raum, geschmackvoll möbliert und auf einen allein lebenden Mann zugeschnitten. Aber nichts hier drin kam ihr bekannt vor. Gar nichts. Es war, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen.
    Offenbar waren sie tatsächlich in Jays Wohnung; hier und da standen Bilder von ihm, größtenteils Ferienschnappschüsse mit verschiedenen Freunden beiderlei Geschlechts. Sie war ganz sicher noch nie in diesem Raum oder in diesem Haus gewesen. Sie hätte nicht einmal die Adresse gewusst, obwohl sie eine vage Erinnerung daran hatte, dass sie zu Fuß hierher gegangen war – aber von wo aus?

    Genau , aus dem Wheelhouse . Dort hatte sie sich mit Jay auf einen Drink getroffen. Er hatte schon einiges intus gehabt, als sie angekommen war, aber das war nicht ungewöhnlich. Jay trank gern und vertrug erstaunlich viel Alkohol. Sie hatte ein Glas Weißwein bestellt. Anschließend hatten sie geplaudert und sich gegenseitig erzählt, was es Neues gab.
    Dann hatte er gesagt… Als ihr wieder einfiel, was er ihr erzählt hatte, überlief sie eine Gänsehaut, die nichts mit der Kälte im Zimmer zu tun hatte. Die Hand auf den Mund gepresst, um ein leises Aufstöhnen zu unterdrücken, drehte sie sich zum Bett um. Sie hauchte ein bekümmertes »O Jay« und wiederholte damit die Worte, die sie ausgestoßen hatte, als er ihr gestern Abend die grauenvolle Neuigkeit eröffnet hatte.
    Können wir zu mir gehen und dort weiterreden? , hatte er gefragt. Ich bin inzwischen umgezogen. Eine alte Tante ist gestorben und hat mir ihre weltlichen Güter hinterlassen. Einen Haufen Porzellan, Kristall, antike Möbel, lauter alten Krempel. Ich habe alles zu einem

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