Süßer Zauber der Sinnlichkeit
Himmel, dass dies der Wahrheit entsprach, ahnte sie doch beim besten Willen nicht, was Roger von Fordham ihr mitzuteilen gedachte. Obgleich sie während des Mahles hin und wieder bei seinen Gesprächsbeiträgen zugehört hatte, war ihm doch nicht der geringste Hinweis auf seine Absicht zu entlocken gewesen.
Nachdem Gavin sich verabschiedet hatte, hielt sie die Anspannung nicht mehr aus. "Lord Fordham, bei Eurer Ankunft verlangtet Ihr mich zu sprechen. Nunmehr bin ich bereit, Euch anzuhören."
Roger wies auf die übrigen, die noch an der hohen Tafel saßen – Armand, Lady Blanchefleur, FitzJohn, Pater Clement sowie Harwoods Hausgeistlicher, Pater Dunstan. "Ich hatte gehofft, unser Gespräch könne in größerer Vertraulichkeit stattfinden – nun gut, es ist einerlei."
Er erhob sich und schritt um die Tafel herum, bis er Dominie gegenüberstand. "Lady Dominie De Montford zu Harwood, ich bin gekommen, um Euch um die Ehre Eurer Hand zu bitten."
Mit hallendem Rums krachte Armands Faust auf die Tischplatte nieder.
Dominie spürte, wie ihr der Mund offen stehen blieb, und es kostete sie einige Mühe, ihn wieder zu schließen. Mit noch größerer Anstrengung brachte sie eine Antwort zu Wege. "Aber Ihr … ich … Vor einigen Jahren hieltet Ihr schon einmal um meine Hand an! Vergeblich!"
Fordham wirkte von dieser Reaktion nicht im Mindesten aus dem Konzept gebracht, ja, es schien gar, als genieße er förmlich die Verwirrung, die er gestiftet hatte. "In der Tat, Mylady. Doch die Zeiten haben sich geändert. Eine Verbindung zwischen uns könnte sich als von erheblichem beiderseitigen Nutzen erweisen."
"Verzeiht, Sir, aber seid Ihr nicht Eures Lehens verlustig gegangen? Und habt Ihr Euch nicht verbündet mit dem ehemaligen Grafen von Anglien?"
Lady Blanchefleur, die direkt neben Dominie saß, keuchte erstickt auf.
Tief in Rogers dunklen Augen flackerte etwas auf, das Dominies Unbehagen noch verstärkte. "Es imponiert mir, wenn eine Frau kein Blatt vor den Mund nimmt. Gewiss, König Stephen hat mir meine Ländereien abgesprochen, und es stimmt, dass ich mich gezwungen sah, mich dem Earl of Anglia anzuschließen, um meine Interessen zu wahren."
"Ihr meint wohl, um ein von Kriegswirren zerrissenes Land zu plündern!" rief Armand mit weithin hallender Stimme.
Verächtlich schürzte Fordham die Lippen. "Mein Anliegen gilt allein der Lady!" Er wandte sich wieder Dominie zu. "Ich will offen zu Euch sein. Dieser Thronstreit kann nicht ewiglich währen, und ich für meinen Teil richte den Blick in die Zukunft. Obendrein gilt es, eine dringliche Notwendigkeit zu beachten – für uns beide!"
"Was für eine dringliche Notwendigkeit?" Die nebulöse Andeutung gefiel ihr ganz und gar nicht.
"Der König richtet inzwischen sein Augenmerk auf die Grafschaft Cambridgeshire und beginnt, uns unsere Nachschubwege abzuschneiden. Ich fürchte, die Beutezüge von Lord St. Maur gegen die benachbarten Lehen waren ein wenig zu gründlich."
Dominie konnte hören, wie Armand unterdrückt vor sich hin brummte. "Und wenn ihr nichts mehr zu plündern findet, müsst ihr verhungern."
Roger bedachte ihn zwar mit einem bitterbösen Blick, ließ sich jedoch ansonsten nicht ködern. "Es liegt in meiner Macht, dafür zu sorgen, dass die Ländereien der De Montfords … unbehelligt bleiben – als Gegenleistung für freies Geleit und Versorgung sowie Eure Hand, um diesen Handel zu besiegeln."
Für einen Augenblick verschlug es Dominie die Sprache. Abgesehen von geringfügigen Abweichungen entsprach dies exakt jenem Angebot, welches sie auch Armand unterbreitete, nachdem sie ihn im Kloster ausfindig gemacht hatte. Und seine Einwilligung hätte nicht einmal die Sicherheit von Wakeland und Harwood garantiert!
Roger of Fordham war beileibe kein garstiger, dünkelhafter Finsterling und weder pockennarbig noch zahnlos. Dennoch: Bei der Vorstellung, ihn zum Gemahl zu nehmen, kroch ihr eine Gänsehaut über den Leib.
Endlich fand sie die Stimme wieder und obendrein eine Ausflucht, um dem auszuweichen, vor dem sie zurückschreckte. "Habt Dank für Euer Angebot, Lord Fordham. Doch fürchte ich, dass der König mir im Falle einer Eheschließung mit Euch mein Lehen wegnehmen wird, so wie er's bei Euch getan hat. Dann seid Ihr nicht besser dran als zuvor und ich sogar um ein Vielfaches schlechter."
Nach Armands Eindruck hätte sie möglicherweise eingewilligt – falls die Zeiten friedlich und gedeihlich gewesen wären und sie mit einiger Sicherheit davon
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