Süßer Zauber der Sinnlichkeit
und Harwood benutzte, um seine schnöden, selbstsüchtigen Ziele zu erreichen, das war für Armand so, als tue jemand seiner Seele Gewalt an.
All seine widerstreitenden Gedanken wogten und wirbelten ihm durch den Sinn wie aufgewühlte graue Wellen, aufgepeitscht von einer moralischen Sturmflut, welche jegliche Hoffnung auf Frieden oder Gewissheit zunichte zu machen drohte. Dann hatte Fordham Dominie voller Hohn jenes Ultimatum gestellt, und Armand blieb keine Zeit mehr für Grübeleien. Er musste sprechen, musste handeln, obgleich ihm unerfindlich war, was er sagen oder tun sollte.
So kam ihm der Befehl "Warte!" über die Lippen, mehr um Zeit zu gewinnen denn als Hinweis auf eine Entscheidung. Im nächsten Augenblick ward ihm bewusst, dass er sich erhoben hatte, auch wenn er sich gar nicht ans Aufstehen entsinnen konnte.
Aller Augen im Palas richteten sich auf ihn, voller Erwartung, wie er's befohlen hatte, Gesichter, welche gar mancherlei ausdrückten – von Hoffnung und Zuversicht bis hin zu Argwohn und Ablehnung. Erstere störten ihn mehr als letztere, belasteten sie ihn doch mit Wünschen und Pflichten, welche er nicht erfüllen zu können fürchtete. Seine Seele sandte ein verzweifeltes, stummes Stoßgebet gen Himmel, ein Flehen um Rat und die richtige Führung, wiewohl er sich selbst als einer Antwort für unwürdig empfand.
"Haltet Euch lieber heraus, Flambard!" knurrte Fordham. "Dies ist eine Sache zwischen mir und der Herrin. Ihr habt dabei nicht mitzureden!"
Dominie hob die Hand. "Lasst ihn sprechen! Die Familien derer zu De Montford und Flambard sind schon seit Menschengedenken Verbündete. Obwohl mein Vater nicht unter uns weilt, um mir seinen Rat zu erteilen, so weiß ich doch, er würde es gerne sehen, wenn ich Armands Ratschlag Gehör schenkte."
In jenem Blick, mit welchem sie ihn bedachte, rang Furcht mit Spannung angesichts dessen, was er wohl zu sagen gedachte. In Anbetracht der abscheulichen Wahl, die sie zu treffen hatte, war sie vielleicht auch nur erpicht auf alles, was die Entscheidung noch hinauszögerte.
"Ich habe Folgendes vorzutragen …", begann Armand, der nach wie vor nicht wusste, was er wohl sagen würde – ein Dilemma, für welches es keine gute Lösung gab, lediglich eine Reihe von Übeln. Es war just jene Situation, welche er durch den Eintritt ins Kloster hatte vermeiden wollen, genau jene Lage, welcher er sich nach Abt Wilfrids Worten jedoch stellen musste.
"Lady Dominie kann nicht Eure Gemahlin werden, Sir." Das nämlich wäre das kapitalste sämtlicher Übel gewesen. Armand wusste, er musste die Verantwortung für kleinere übernehmen, welche er wohl in Kauf zu nehmen hatte, wollte er eine Vermählung verhindern. "Denn ich besitze ältere Rechte, obendrein gebilligt von Lady Dominies verstorbenem Vater. Diese gedenke ich nun in Anspruch zu nehmen … falls sie mir die Erlaubnis gewährt."
Wohlgemerkt, er war keineswegs überzeugt, dass sie diese Zustimmung geben würde, zumal nach allem, was sich zugetragen hatte. Falls sie ihn abwies und stattdessen Fordhams schändliche Bewerbung annahm, dann nur deshalb, weil sie es als das geringere Übel ansah. Schließlich musste sie wissen, dass Roger ihre Gefolgsleute schützen konnte – im Gegensatz zu Armand, der nur Unsicherheit zu bieten hatte.
"Habt Ihr den Verstand verloren?" fragte Roger. "Was habt Ihr der Lady schon zu bieten? Gebete? Fromme Psalmen?"
Fünf Jahre zuvor hätte Armand den Hundsfott nach all den Beleidigungen, die er an diesem Abend von sich gegeben hatte, zum Zweikampf gefordert.
"Dominie", gab er heftig zurück, "wird mehr als nur meine Fürbitten benötigen, falls sie in den finsteren Handel einwilligt, den Ihr da vorschlagt!"
"Genug!" Dominie fasste sich an die Schläfen. "Beide! Wie soll ich nachdenken, wenn Ihr zwei Euch anbrüllt?"
Roger of Fordham verneigte sich sehr tief. "Verzeihung, Lady Dominie!"
Ein unmerklicher Wandel im Auftreten des ungebetenen Gastes verriet Armand, dass der Bursche bezüglich Dominies Entscheidung ebenso unsicher war wie er selbst. Vielleicht war die Geißel der Fenns gar nicht so unbesiegbar, wie sie vorgab, wenn schon Einzelne aus der Meute sich hinter dem Rücken des Leitwolfs umtriebig Schlupfwinkel sicherten für schlechtere Zeiten und für den Fall, dass das Blatt sich einmal wenden sollte.
Mit hoheitsvollem Kopfnicken nahm Dominie Rogers Entschuldigung an, um ihm gleich danach einen Wunsch vorzutragen. "Darf ich ein Wort unter vier Augen mit Lord Flambard
Weitere Kostenlose Bücher