Süßer Zauber der Sinnlichkeit
Macht unterbrach sie ihren Redefluss, hatte sie doch bereits mehr gesagt als gewollt.
"Und nicht was?" fragte Armand.
Und nicht das Gefühl haben, als hättest du mir das Herz aus dem Leibe gerissen und mitgenommen! "Was kümmert es dich? Du hast dich doch durchgesetzt mit deinem Standpunkt! Wir können uns niemals vermählen, solange unsere jeweiligen Treueverpflichtungen uns in gegensätzliche Richtungen ziehen!"
Armand streckte bereits die Hand aus, als wolle er die ihre fassen. Im letzten Moment hielt er inne. "Glaube mir, unser Dilemma bereitet mir weder Freude noch Genugtuung."
"Ich weiß." Das Sehnen, welches in seinem Blicke lag, war ein Spiegelbild ihres eigenen Verlangens. Dass sein Eid ihn so unverbrüchlich band, wie auch sie selbst durch ihre Verpflichtungen gebunden war, würde sie zwar niemals begreifen, doch anerkennen konnte sie es durchaus. "Es liegt mir fern, dich zu tadeln, aber schwer zu akzeptieren ist es dennoch."
Unter Aufbietung aller Willenskraft verdrängte sie das Thema an den Rand ihres Bewusstseins. Es ganz und gar zu verbannen, überstieg ihre Kraft. "Widmen wir alle Konzentration lieber dem, was nun zu tun ist, und heben wir unsere Reue für später auf."
Armand lächelte erneut, wurde indes gleich wieder ernst. "Ich werde mich um Sachlichkeit bemühen. Als Erstes werde ich einige Männer aus dem Dorf sowie die verbleibenden Flüchtlinge aus Cambridge zu unserem Feste einladen."
Mit einem Kopfnicken hieß Dominie den Plan gut. "Rüste so viele als möglich mit Waffen aus. Ich werde mit dem Koch und seinen Helfern reden, um zu erfahren, wie wir es einrichten können, dass unser Festmahl für alle reicht. Ich möchte, dass Roger of Fordham beim Abschied den Eindruck gewinnt, als wären wir alle gut genährt, gut bemannt, gut bewaffnet und fest davon überzeugt, einen Angriff abwehren zu können."
Armand stimmte zu. "Wie jedes Raubtier wird auch St. Maur wohl eher versucht sein, Jagd auf die Schwachen zu machen."
Die Bewohner von Harwood wirkten alles andere als schwach, als sie nach der Messe, in welcher nach alter Tradition die Ernte geweiht wurde, in festlicher Prozession die Kirche verließen. Stolz führte Gavin den Zug zur Burg hinauf, in den Händen eine symbolische Weizengarbe, während die Dörfler sowie einige Einwohner der abgelegenen Gehöfte mit Weiheliedern auf den Lippen folgten.
Zunächst war die Stimmung beim Festmahl spürbar gespannt, da vieler Blicke sich auf Dominies "Gast" richteten und hinter vorgehaltener Hand erzürntes Murren die Runde machte.
Dominie erhob sich und klatschte laut in die Hände. "Musik zum Festmahle!"
Ein Pfeifertrio setzte die Instrumente an, und schon hallte der weite Raum wider von fröhlichen Weisen. Nachdem Speise und Trank aufgetragen waren, vergaßen die Anwesenden Roger of Fordham und ließen sich das Mahl schmecken.
Zum ersten Male seit der unerwarteten Ankunft von Lady Blanchefleur war Dominie froh, dass ihre redselige Mutter ihr Gesellschaft leistete. Offenbar hatte Mylady bislang nichts von Rogers dubiosem Ruf vernommen, doch da sie seine Mutter noch aus gemeinsamen Jugendzeiten kannte, hatte sie reichlich Plauderstoff zu einem unverfänglichen Thema.
Dominie merkte, dass sie zu angespannt war, um das Festmahl zu genießen. Mit jedem Tage, welcher seit St. Maurs Überfall auf Cambridge verstrichen war, gab sie sich mehr und mehr der Hoffnung hin, ihr Lehen könne eventuell doch verschont bleiben. Das Eintreffen des ungebetenen Gastes hatte diese zerbrechliche, unbegründete Zuversicht arg erschüttert.
Nachdem jedermann seine Portion verspeist hatte, winkte Dominie ihren Kastellan zu sich und flüsterte ihm ins Ohr: "Bitte die Pfeifer, sie möchten unten im Innenhof aufspielen. Dränge alle Feiernden, ihnen zu folgen. Ich brauche Ruhe für eine Unterredung mit meinem Gast!"
Im Handumdrehen kam FitzJohn ihrer Anweisung nach. Allmählich leerte sich der Palas. Als die Mägde kamen, um die Festtafel abzuräumen, trug Dominie ihnen auf, sich den anderen beim Tanze anzuschließen. Dann blickte sie zum äußeren Ende der erhöhten Tafel hinüber. "Auch du kannst schon gehen, Gavin!"
Der Junge schob seinen Hocker zurück, wobei er seufzte wie einer, welchem man übel mitspielt. "Meinetwegen! Aber vergiss nicht, früher oder später werde ich Herr zu Wakeland sein. Triff also während meiner Abwesenheit lieber keine Entscheidungen, welche mein Lehen berühren!"
"Dies hat mit dir nichts zu schaffen!" Dominie betete zum
Weitere Kostenlose Bücher