Süßer Zauber der Sinnlichkeit
hätte ausgehen können, dass der König ihr Lehen einem würdigen Lehnsherrn übertragen hätte. Nach gegenwärtiger Lage der Dinge jedoch wurde sie von ihren Schutzbefohlenen dringend gebraucht. Sie konnte ihnen nicht den Rücken kehren, nur um ihrem Herzen zu folgen.
Der Raubritter ließ sich Dominies Antwort durch den Kopf gehen. "Euer Scharfsinn kommt Eurer Schönheit gleich, Mylady. Mich dünkt, wir würden uns gut ergänzen. Wer weiß, wie sehr wir unsere Vermögen mehren könnten, würden wir unsere Begabungen bündeln!"
Hat er meine Antwort etwa nicht gehört? fragte Dominie sich, während sie das Gesagte erwog. Sie konnte sich durchaus die Mittel vorstellen, mit welchen ein Mann wie er sein Vermögen mehrte: Betrug und Brutalität. Einst hatte sie Armand gegenüber behauptet, sie kenne keine Skrupel. Nun aber schaute sie in ihre Seele und entdeckte das Gegenteil.
Nach kurzer Pause fuhr Fordham fort: "Zwar mangelt es mir gegenwärtig an Land, doch habe ich ein hübsches Vermögen an Beute beiseite geschafft, welches uns den Übergang in die kommenden Jahre überbrücken dürfte."
Das vermochte Dominie sich unschwer vorzustellen. Sakrale Gefäße, zu frommen Zwecken gedacht und nun wegen Gold und Juwelen eingeschmolzen. Schätze, den braven Bürgern von Cambridge oder aus benachbarten Burgen gestohlen. Lieber wäre sie nackt einhergegangen, als feine, doch mit besudeltem Gelde gekaufte Gewänder zu tragen.
Sie nickte, um seine Worte zu bestätigen. "Die Vorteile einer Annahme Eures Antrages habt Ihr trefflich dargelegt, Sir, und ich verhehle nicht, dass sie verlockend sind. Was, wenn ich ablehne?"
"Das wäre äußerst unklug." Roger hob nicht einmal die Stimme, aber der drohende Unterton war nicht zu überhören. "Viel lieber wäre mir, Harwood und Wakeland würden florieren und uns Überschüsse an Lebensmitteln gegen angemessenen Preis verkaufen."
Um die Geißel der Fenns und ihre reißende Wolfsmeute zu ernähren, während sie weiter ihr Unwesen trieben und kleinere Gehöfte sowie wehrlose fromme Häuser und dergleichen heimsuchten! Durfte sie, so Dominie zu sich selbst, die Sicherheit ihrer Schutzbefohlenen gegen anderer Leute Not und Elend aushandeln?
"Solltet Ihr jedoch", fügte Fordham hinzu, "meine Bewerbung ausschlagen, so werde ich außer Stande sein, Euch in Zukunft meinen Schutz angedeihen zu lassen. Zwar weiß ich derzeit nicht, wann mein Herr und Gebieter Euch einen Besuch abstatten wird, doch dass er es tun wird, dessen seid gewiss! So Ihr glaubt, eine Schar Bauerntölpel mit Heugabeln und Hippen könne uns verwehren, das, was wir begehren, zu nehmen und den Rest zu zerstören, dann seid Ihr doch nicht die kluge Frau, für die ich Euch eigentlich halte."
"Infamie!" donnerte Pater Clement.
"Oh Graus!" Lady Blanchefleur wedelte sich mit zitternder Hand Luft zu. "Welch abscheuliche Drohungen! Die Seele Eurer seligen Mutter wird ja niemals Ruhe finden, wenn Ihr so Eure eigene Erlösung aufs Spiel setzt!"
"Verzeiht, Mylady!" Fordham verneigte sich tief. "Es liegt mir fern, Euch Ungemach zu bereiten. Ich wünsche lediglich, Eurer schönen Frau Tochter so klar als möglich ihre Wahl vor Augen zu führen. Es würde mich dauern, kämet Ihr und die Euren zu Schaden, doch in diesen wirren Zeiten muss ein Mann seine Interessen beachten. Und um sein Ziel zu erreichen, darf er auch nicht vor Mitteln zurückschrecken, welche ihm ansonsten zuwider sind."
Trotz seiner wortgewandten und formvollendeten Höflichkeit war eine spöttische Boshaftigkeit doch nicht zu überhören, ein Anklang an die ursprüngliche Drohung.
Lady Blanchefleurs Atem ging schneller. "Die Heilige Muttergottes stehe mir bei! Mich dünkt, ich bekomme einen Schwächeanfall!"
Roger of Fordham betrachtete Dominies Mutter mit unverhüllter Verachtung.
"Habt die Güte und entschuldigt uns", bat Dominie. "Ich muss mich um meine Mutter kümmern."
"Ich begehre eine Antwort!" verlangte Fordham. "Ich habe hier bereits reichlich Zeit vertan und zugeschaut, wie Ihr so tut, als stehe alles zum Besten und als seiet Ihr vorbereitet auf einen Überfall. Ich lasse mich nicht zum Narren halten, und auch Ihr solltet Euch nicht täuschen, wenn Euch Eure Zukunft lieb ist!"
Armand sprang auf. "Hüte deine Zunge in dieser Halle, Spitzbube!"
Verächtlich verzog Roger den Mund. "Bändigt gefälligst Euren zahnlosen Wachhund, Mylady! Sein Knurren beleidigt mich!"
"Bitte, Armand!" Ihr Blick begegnete dem seinen und bat ihn stumm, die ohnehin
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