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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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den Mann lieben, dem ich versprochen bin, nicht wahr? Blind bin ich deswegen aber ganz und gar nicht. Ich sehe viel klarer, als Ihr alle es für möglich haltet. Ich bin nicht so dumm, an der Paracelsusdiät festzuhalten, nur damit Johann Albrechts Würde unangetastet bleibt. Vater, Tante, Herr Hofrat! Ich weiß, dass es hier eine schlimme Gefahr gibt, und dass die Diät Euch, Vater, davor vielleicht sogar schützt. Ich bin kein kleines Mädchen mehr, das gern fantasiert. Das war ich nie. Vertraut mir! Ich weiß, wovon ich rede.«
    Der Herzog und seine Schwester verstummten, so groß war ihre Verblüffung ob dieses Ausbruchs. Was war nur aus dem leicht zu lenkenden, vernünftigen, ja sanften Kind geworden? Hatte Widmannstetter einen so schlechten Einfluss auf sie? Weißenfelder unterbrach das ratlose Schweigen.
    »Wenn Ihr erlaubt, Hoheit, will ich Eurer Tochter ein paar Fragen stellen.« Ludwigs zustimmende Handbewegung deutete er richtig. »Vielen Dank, Hoheit. Fräulein von Leonsperg, Ihr wisst, wovon Ihr redet, so sagt Ihr. Würdet Ihr uns genauer sagen, was Ihr wisst oder zu wissen glaubt?«
    Der alte Hofrat hatte sanft gesprochen. Sein Blick enthielt weder Misstrauen noch Spott. Neben ihm wirkte Widmannstetter wie erstarrt. Anna Lucretia fasste sich ein Herz.
    »Bei Eurer ersten Unpässlichkeit, Vater, beim Weinfest, hat Doktor Ulmitzer von Gift geredet. So oft ich sonst an seiner Meinung zweifle, so fiel es mir in diesem Moment schwer, nicht auch an Gift zu denken. Dann kam dieser furchtbare Brief aus München, der die Entfernung meiner Tante und meines Verlobten von Eurem Hof verlangt, weil beide sich für die Paracelsusdiät ausgesprochen haben. Ich war verzweifelt, aber nicht, weil ich meine geliebte Tante und meinen zukünftigen Ehemann verlieren sollte. Sondern weil ich plötzlich denken musste, dass jemand auf der Trausnitz den Münchner Hof sofort benachrichtigt hatte. Jemand, der den Tod meines Vaters wünscht. Denn sonst würde er nicht versuchen, diejenigen zu entfernen, die ihn schützen und seine Gesundheit wiederhergestellt haben. Das ist logisch, nicht wahr, Vater?« Ludwig presste seine rechte Hand an die Schläfe. Er schien Kopfschmerzen zu verspüren. Sabinas Mund war leicht geöffnet; trotz größter Verblüffung sagte sie kein Wort. »Versteht Ihr meine Gedanken, Vater? Ich habe versucht, Grund und Sinn zu erforschen für das, was vorgefallen ist.«
    »Hast du etwas gemacht aus deiner Logik, meine Tochter?«
    Der barsche Ton dieser Frage beunruhigte Anna Lucretia. Sie hielt sich noch gerader. Auf einmal schien sie größer zu sein als Ludwig.
    »Zunächst habe ich an den toten Boten aus Württemberg gedacht. Gestorben, als er die Küche verlassen wollte. Dann habe ich mich an meinen Verlobten in der Löwengrube erinnert. Wo er vom Soßenkoch entdeckt wurde, wieder in der Nähe der Hofküche. Wir verstehen immer noch nicht, was sich da alles abgespielt hat. Ich habe mich gefragt, wer an Euch, an mir, an Johann Albrecht wohl Rache nehmen wollte und warum. Beim Weinfest habe ich gesehen, wie der Baumeister Überreiter seltsam wirkte. Ich habe gedacht, wir alle irren im Dunkeln, aber dieser da, der weiß vielleicht etwas. Ja, Vater, dann habe ich auf der Stelle gehandelt. Ich habe ihn aufgesucht. Allein.« Anna Lucretia spürte förmlich Ludwigs Empörung und Johann Albrechts bangende Sorge. Sie redete schneller. »Ich habe ihm ins Gesicht gesagt, dass ich wie Doktor Ulmitzer an eine Vergiftung denke, aber nicht durch die Diät, sondern durch einen Giftmischer. Denkt nur, Vater! Der Mann ist auf der Stelle vor mir zusammengebrochen.« Atemlos erzählte sie, wie Überreiter vom Soßenkoch Langhahn erpresst worden war und sich doch nicht dazu durchringen konnte, seinem Herzog zu schaden. »Versteht Ihr jetzt, Vater? Ihr seid vergiftet worden! Die Paracelsusdiät schwächt Euch ganz und gar nicht. Der Baumeister hat es nicht getan, also war es der Soßenkoch selbst. Oder jemand, den der Soßenkoch kennen muss. Stellt Euch nur vor, was geschehen wäre, wenn Überreiter Euch das Gift verabreicht hätte! Zwei Dosen Gift hättet Ihr nicht überlebt. Ihr seid in höchster Gefahr, liebster Vater. Der Langhahn muss sofort verhaftet und hochnotpeinlich befragt werden.«
    Herzog Ludwig war schwindlig. Mord, Totschlag und Verschwörung! Und jetzt verlangte seine sanfte Tochter, die Folter anzuwenden! Nachdem Sabina gerade weniger Fantasien dieser Art entwickelte, erwies sich Anna Lucretia als würdige

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