Summer Westin: Verhängnisvolle Spuren (German Edition)
»Gerüchte über eine Lösegeldforderung«, sagte sie. Vielleicht würde das Adam und die anderen Nachrichtenhyänen von den Pumas ablenken.
»Mit Gerüchten kann ich nichts anfangen.«
»Mit Gerüchten über Pumas anscheinend schon.«
»Das ist etwas anderes; überall im Park wird vor Pumas gewarnt, und wir haben das Zitat der Mutter.«
»Ich weiß nur, dass die örtliche Polizei und das FBI gestern Nacht ein paar Jugendliche verfolgt haben, und dass es dabei um Zack Fischer ging.«
»Wirklich? Werde der Sache nachgehen. Weißt du was? Man hat meinen Moderatorenvertrag verlängert. Heute bin ich wieder von Mittag bis Mitternacht dran.«
»Das freut mich wahnsinnig für dich.«
Ihr Sarkasmus entging ihm. »Danke«, sagte er. »Und was machst du heute?
Sie schnaubte. »Schadensbegrenzung. Und, eh ich’s vergesse, ich werde wohl weiter bei der Suche nach dem vermissten Kind helfen.«
»Sei vorsichtig. Und bleib mit mir in Verbindung. Sobald du was Neues hörst, ruf mich an. In Ordnung, Babe? Mach’s gut.«
Sam rief Lauren an, erreichte aber nur den Anrufbeantworter und hinterließ ihr die Nachricht, den Kopf nicht hängen zu lassen, sie würde schon einen Weg finden, die Sache wieder ins Reine zu bringen. Dann wählte sie die Nummer der Parkzentrale. Immer noch besetzt. Auf Kents Handy sprang sofort die Mailbox an, von ihm würde sie also nichts Neues erfahren.
Rasch packte sie ihr Zeug zusammen, checkte aus und holte sich einen Kaffee zum Mitnehmen. Als sie am Tresen wartete, spürte sie die brennenden Blicke der Einheimischen im Rücken. Sie hoffte, dass sie es sich nur einbildete. Wie viele konnten schon wissen, dass sie Wildnis Westin war, Starreporterin des SWF?
Eine Handvoll Leute, fünf Erwachsene und ein paar Kinder, blockierten das Südtor zum Park. Eine Frau hielt ein Schild hoch: SCHÜTZT KINDER, NICHT PUHMAS. Eines der Kinder trug auch eins: ERSCHIESST LÖWEN, RETTET KINDER. Ein anderer Junge trug einen doppelten Cowboygurt mit Pistolen, die hoffentlich aus Plastik waren.
Sam hupte. Die Gruppe rührte sich nicht.
Im Rückspiegel sah sie, wie der Van von KUTV hinter ihr an die Seite fuhr. Carolyn Perry sprang mit dem Mikro aus dem Wagen, den Kameramann dicht auf den Fersen.
Das Auftauchen der Presse brachte die Protestler in Schwung. Die Frau mit dem Schild stemmte es immer wieder in die Höhe und starrte Sams Civic an wie ein Schäfer ein entlaufenes Schaf. Was habe ich ihr denn getan? dachte Sam. Dann fiel ihr ein, dass ein SWF-Sticker auf der Windschutzscheibe klebte.
Die Reporterin kam auf sie zu. Sam trat aufs Gaspedal, der Civic bewegte sich, und die Leute gaben schimpfend den Weg frei. Sie konnte nicht widerstehen und rief der Frau mit dem Plakat zu: »Schlagen Sie mal im Wörterbuch nach, wie man Puma richtig schreibt.«
Im Wegfahren hörte sie hinter sich einen lauten Knall. Im Rückspiegel sah sie, wie die Frau das Schild gerade wieder von der Heckscheibe des Hondas hob.
In der Zentrale hing der Vermisstenzettel immer noch an der Eingangstür. Sie hatten ihn also noch nicht gefunden.
»Halt durch, Zack«, flüsterte sie. Wo immer du auch bist.
Auf dem Tisch in der Eingangshalle standen eine große Kaffeekanne, selbstgebackenes süßes Brot, eine Platte Sandwiches und mehrere Kartons mit Keksen. Die örtliche Frauengruppe der Kirche hatte gewirkt. Bei jeder kritischen Situation in Sams Heimatstädtchen war dieses Versorgungswunder ebenfalls geschehen.
Die Rezeption schien verwaist. Sam nahm sich ein großes Stück Kürbisbrot. Zack sah von dem Zettel aus zu. An der Wand hing eine Karte, kreuz und quer mit Strichen übersät; sie trat näher. Wie Tanner gesagt hatte, war die Gegend um den Red Rock Campingplatz zweimal durchkämmt worden. Im Abschnitt, den sie gestern abgesucht hatte, durchkreuzten rote Striche die schwarzen Linien, in einer Ecke standen die roten Initialen RC neben den schwarzen SW, die jemand für sie eingetragen hatte. Das hieß also, Rafael Castillo war ihr entweder gefolgt oder vorausgegangen. Sehr gut. Dem Polizeiranger würde sicher nichts entgehen. Hoffentlich hatte er auch Wilson befragt.
Ein X und das Wort Schuh markierten einen Ort etwa sieben Kilometer oberhalb des Einstiegs zum Powell Wanderweg. Sie runzelte die Stirn. Der Weg war steil und steinig. Unmöglich konnte ein Zweijähriger dort allein hinaufgelangt sein. Und selbst der Einstieg lag schon mindestens einen Kilometer vom Goodman Parkplatz entfernt, wo sie Zack zuletzt gesehen hatte.
Sam
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