Summer Westin: Verhängnisvolle Spuren (German Edition)
Davinski strampelte mit den Beinen.
»Hören Sie auf, Karl!«, sagte sie und zielte mit der Pistole auf seinen Kopf. Keiner der Männer ließ erkennen, dass er sie gehört hatte. Davinski traf Perez mit dem Knie hart im Rücken. Sam spürte es fast in den eigenen Nieren. Es sah nicht danach aus, als würde Davinski noch lange unten liegen.
Sam schrie wieder. »Aufhören oder ich schieße!« Ja, genau. Bislang hatte sie nur mit Betäubungspistolen geschossen. Aber so schwer konnte es ja nicht sein. Tausende taten es jedes Jahr, und manche davon waren dumm wie Stroh. Zuerst der Warnschuss; sie wollte ja niemanden töten. Sam zielte über Davinskis Kopf und drückte ab.
Die Kugel landete genau dort, wohin sie gezielt hatte, wirbelte Staub auf und prallte von der Wand ab, sauste nur knapp an Perez’ Ohr vorbei in die andere Richtung. Davinski zuckte zusammen, Perez überraschenderweise nicht. Er schlug Davinski so fest auf den Kopf, dass Sam schon vom Zusehen Kopfschmerzen bekam. Als der Mann unter ihm zusammensackte, rollte sich Perez vom ihm herunter und holte eine Plastikhandfessel aus der Jeans. Davinski schoss nach oben, bekam den Rand der Kiva zu fassen und zog sich hoch.
»Das soll wohl ein Scherz sein«, stöhnte Sam. Als sein Kopf über dem Rand auftauchte, trat sie zu und traf seine Schläfe. Davinski fiel nach unten und schlug mit dem Kopf hart auf dem gestampften Boden auf. Diesmal blieb er liegen. Perez drehte ihn um und band ihm die Hände hinter dem Rücken zusammen, dann die Fußgelenke, bevor er wieder um sich treten konnte.
Perez erhob sich. Sein Haar war schweißnass, das Gesicht voller Blut und Dreck. »Mein Gott, Summer«, sagte er. »Noch nie was von Querschlägern gehört?«
»Gern geschehen.«
Er stellte die Leiter auf, lehnte sich kurz keuchend daran und stieg dann hoch.
Davinski rollte sich auf den Rücken und sah zu ihnen. Auf Schläfe und Wange zeichnete sich ein tiefroter Abdruck von Sams Stiefel ab. Zum Glück hatte sie ihn nicht umgebracht.
»Willst du ihn da unten lassen?«, fragte sie.
»Teufel, ja.« Blut tropfte aus einem Riss an der Unterlippe auf Perez’ weißes T-Shirt, als er sich vorbeugte und die Leiter herauszog.
Zachary rannte zu Sam und schlang die Arme um ihre Schenkel. Er starrte zu Davinski hinunter und spuckte wütend. »Böser Mann! Ich hasse dich!«
»Genau, Zack. Er ist ein böser Mann.«
Der kleine Junge hob einen Stein auf und warf ihn Davinski auf den Oberschenkel. Dann wandte er sich um und grinste. Wahrscheinlich sollte man ein solches Verhalten nicht noch ermutigen. Aber sie konnte dem Kind keinen Vorwurf machen.
Sam holte die Kamera und schoss ein Foto von Zack, wie er über dem Entführer stand. Der Junge machte nur zu gerne mit und warf noch einen Stein.
Sam legte ihm die Hand auf die Schulter. »Das reicht jetzt.« Sie sah auf Davinski herab, der still auf dem Boden lag, die blassblauen Augen starrten nach oben ins Leere. »Wie konnte nur alles dermaßen schiefgehen, Karl?«, murmelte sie.
»Es war vollkommen«, flüsterte er heiser. »Dann wurde Barbie krank und hat mich verlassen …« Eine Träne rollte über die wettergegerbte Wange.
»Sie haben sie sicher geliebt. Und Davids Tod war ein Unfall, nicht wahr?«, sagte sie sanft. »Hat er auf den Steinen gespielt?«
»Er ist nirgendwo geblieben, außer auf der Insel.«
Der Steinhaufen im Trümmerzimmer konnte als Insel durchgehen.
»Und ich musste doch jagen. Ich musste ein guter Vater sein«, stöhnte Davinski. »David hatte Angst vor dem Wasser. Ich habe ihm erzählt, er würde sonst den Wasserfall herunterfallen.« Er sah sie an. »Das Land hat uns ernährt. Das hier ist der Garten Eden der Anasazi.« Davinskis aufgesprungene Lippen verzogen sich zu einem unheimlichen Lächeln. »Ich wurde hier wiedergeboren. Und bei David war es auch so. Er ging verloren und wurde wiedergefunden.«
Perez hob eine Augenbraue. »Gute Zusammenfassung«, sagte er. »Ich werde ihn und die … David … holen, sobald wir einen Hubschrauber hier herauf kriegen.«
Irgendwo in weiter Ferne hörte sie Gewehrschüsse. »Das Telefon! Her mit dem Telefon.« Sie nahm es an sich, rannte damit zum anderen Ende des Platzes, stieg unter Schmerzen auf das Plateau und tippte dabei die Nummer ein.
Sie hatte sich vertippt und landete bei einer Tankstelle in Las Rojas. »Mist!«, schrie sie dem unglücklichen Angestellten ins Ohr. Dann drückte sie ihn weg und atmete tief durch. Zwei weitere Schüsse waren zu hören. Mit
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