Sumpffieber
noch etwas Groll bewahrte, so richtete sich dieser jetzt nicht mehr gegen Neleta, die alle Obliegenheiten im Hause im Stich ließ, um nur für ihren Gatten zu sorgen.
Sie zweifelte auch an den Fähigkeiten des ambulanten Arztes, der unentwegt, als wüßte er nichts von anderen Medikamenten, Chinin in allerdings reichlicher Menge verschrieb.
Ungeachtet aller Einsprüche ihres Mannes kleidete sie ihn wie ein kleines Kind vom Kopf bis zum Fuß an, wobei jedes einzelne Wäsche- oder Kleidungsstück stöhnende Proteste des Rheumatikers hervorrief, und brachte ihn nach Valencia, damit er dort von einigen berühmten Ärzten untersucht würde.
Das Ergebnis war stets dasselbe: nichts als Rheumatismus, aber ein ungemein schwerer Rheumatismus, der sich nicht an einer bestimmten Stelle festgesetzt hatte, sondern den ganzen Organismus verseuchte. Auch die Verordnung lautete immer gleich. Er sollte sich Bewegung machen, körperlich arbeiten, und vor allem den Alkohol meiden – man sah ihm doch den Schankwirt an, der gern mit seinen Gästen bechert!
»Und keine Exzesse! Auch darin maßhalten!« Und die Ärzte begleiteten mit bedeutsamen Augenzwinkern diese letzte, halblaut gegebene Anweisung, die sie in Gegenwart seiner Frau nicht klarer formulieren mochten.
Von plötzlicher Energie beseelt, fuhr Cañamel mit seiner Neleta heim. Zu allem war er bereit – er wollte sich Bewegung machen, um dieses Fett loszuwerden, das seine Knochen umwucherte und auf seinen Lungen lastete; wollte Bäder nehmen; wollte seiner Frau, die mehr verstand als er, gehorsam sein. Doch kaum betrat er die Taverne, so sackte sein Wille zusammen. Das Wohlbehagen völligen Nichtstuns kroch in ihm auf; wieder vertrödelte er seine Tage am Ofen, blickte mit leerem Hirn ins Feuer und pichelte mit, wenn seine Freunde ihm zutranken.
»Von einem Mal mehr wird man nicht gleich sterben!«
Wenn ihn Neleta streng anschaute und wie einen kleinen Jungen herunterputzte, erschöpfte sich der Koloß in demütigen Entschuldigungen.
»Ich darf doch meine Kunden nicht schlecht behandeln; als Wirt habe ich Rücksichten auf meine Gäste zu nehmen. Zu allererst das Geschäft und dann erst die Gesundheit!«
Mitten in diesem Verfall, während sein Wille ohnmächtig daniederlag,während sein Körper von Schmerzen geknebelt wurde, schien seine sinnliche Begierde zu wachsen und in einem Maße, daß sie ihn jederzeit heiß wie Feuer zwickte. Neletas Hingabe gewährte ihm eine gewisse Linderung – es war wie ein Peitschenhieb, der sein ganzes Wesen erschütterte, nach dem sich aber seine Nerven anscheinend beruhigten.
»Du wirst dich umbringen!« zankte seine Frau. »Denk an die Vorschriften der Ärzte!«
Aber Onkel Paco stotterte dieselben Worte, mit denen er seine Gläschen entschuldigte:
»Von einem Mal mehr wird man nicht gleich sterben!«
Sie gab nach, indes in ihren Katzenaugen ein bösartiger Blitz aufzuckte, als sei ihr diese Liebe, die das Ende eines Lebens beschleunigte, ein seltsamer Genuß.
Für den stöhnenden Cañamel bildete das wollüstige Begehren die einzige Zerstreuung, den ständigen Gedanken in seiner qualvollen Unbeweglichkeit. Nachts litt er im Bett an Erstickungsanfällen, und in einem Armstuhl erwartete er, mühsam wie ein Asthmatiker röchelnd, am offenen Fenster das Morgengrauen. Bei Tage fühlte er sich etwas besser, und wenn er es satt bekam, seine Beine vor dem Feuer zu rösten, ging er schwankenden Schrittes ins Innere des Hauses.
»Neleta! ... Neleta!« rief er in einem ängstlichen Ton, der seiner Frau seine Bitte verriet.
Mit resignierter Miene überließ sie ihrer Tante den Platz hinter dem Schanktisch, um mehr als eine Stunde unsichtbar zu bleiben, worüber die Stammgäste, für die es in Cañamels Hause keine Heimlichkeiten gab, verständnisinnig schmunzelten.
Der alte Paloma, der, je mehr sich das gemeinsame Unternehmen seinem Ende zuneigte, desto weniger Respekt vor seinem Partner bekundete, sagte ganz offen:
»Wie geile Hunde auf der Straße treiben sie's.«
Und Samaruca erklärte überall, daß man im besten Zuge wäre, ihren Schwager zu morden.
»Neletas alte Tante ist eine Hexe, und die beiden haben Paco sicher etwas eingegeben, das seinen Verstand verwirrt. Wahrscheinlich Verführungspulver! Wie könnte der arme Mensch sonst so toll hinter ihr her sein, ohne jemals genug zu bekommen! Jeden Tag verliert er einen weiteren Fetzenseiner Gesundheit! ... Gibt es denn keine Gerechtigkeit auf Erden, um dieses Verbrechen zu
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