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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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mehrere Male wütend hinein in die Wand des anliegenden Hauses.
    Da – von der Gasse her – ergriff ihn einer, der den Arm ausstreckte nach ihm, daran der Alte nun mühend sich klammerte.
    Und der Alte ließ sich ziehen zurück, heraus aus dem Spalt, in die Menge zurück jener Gasse.
    Und ich wollte nach, denn es schien, als sei nun doch in Bewegung die Menge, die drängte hin gassenabwärts.
    Da seh ich, vom Boden mich richtend empor, daß die Stockstöße des Alten eine Stelle der Hauswand beschädigt hatten, einen umrissenen Brocken, der sich lösen könnte daraus und zu Boden fallen.
    Ich aber geriet, mich stützend nach links und nach rechts, mit der Hand an die Stelle. Da fiel das Stück gleich heraus.
    Und es zerfiel mir, noch in der Hand, in kleinere Stücke, die ließen sich nicht zurücksetzen.
    Und als ich mich beugte, sah ich, durch brüchiges Geflecht hin, in eine kleine, schwach beleuchtete Kammer.
    In die trat eilends die Magd, die der Herr hatte zurückbefohlen ins Haus.
    Und hinter ihr traten ein der Prophet und der Hausherr.
    Und ich sah die Köpfe noch anderer des Gesindes, die wollten herein, hatten aber nicht Platz.
    Da hob die Magd etwas auf, das lag in Hüfthöhe über der Öffnung, durch die ich blickte.
    Und als sie sich wandte zurück zum Propheten, da will sie’s ihm reichen.
    Er aber nimmt’s nicht an.
    Da hör ich aus ihren Worten, es sei das eigene Kind, ihr Sohn, nur wenige Wochen alt. Den hatte sie auf dem Boden der Kammer in einem alten Backtrog gebadet, den sie als Wanne benutzte. Sie sei gerufen worden, hinaus, kurz darauf aber schon in die Kammer zurück. Und die Magd sagte:
    „Da lag mein Sohn in der Wanne ertrunken.“
    Er aber, jener Prophet, nahm’s nicht an, sondern ließ sie legen das Ertrunkene zurück an den Platz über der Öffnung, den ich nicht sehen konnte.
    Dann hieß er sie bringen zwei Krüge Wasser und sandte alle hinaus und wies sie vom Eingang zurück. Auch die Mutter, die ihm brachte die Krüge, die sie gefüllt, wies er hinaus aus der Kammer.
    Da war er allein.
    Und zwei andere traten herein. Und auch die wies er hinaus und trug ihnen auf, niemanden einzulassen, bis er sie riefe.
    Und wieder war er allein.
    Und ich sah ihn stehen und, nach einer Weile, sah ihn absetzen die Krüge, die sie ihm gereicht.
    Nun aber standen die Krüge näher der Wand und verstellten mir fast den Blick.
    Nochmals sah ich, wie er sich bückte. Wonach, sah ich nicht.
    Hörte dann schüttendes Wasser aufklatschen am Boden, das schoß zur Öffnung heraus, durch die ich gesehen.
    Und es floß ab durch die Öffnung und zerfloß am Boden der Kammer.
    Was mich aber besprengt hatte, als ich zurückwich, das war warm noch. War warmes Wasser gewesen.
    Da dachte ich bei mir: Die Magd muß das Wasser erhitzt haben, zu baden ihr Kind, noch nicht lange kann’s her sein. Und da, im Warmen, hatte’s gelegen, ihr Kind, als es noch lebte. Und war im Warmen, bis sie’s herauszog, schon tot.
    Da sah ich durch die Öffnung, daß der Prophet aufhob die Krüge, empor. Und sah ihn hintreten zur Wanne, die lag noch am Boden. Und sah ihn gießen zwei Krüge Wasser ins Becken der Wanne.
    Und sah ihn hinab sich beugen über das Wasser, daß sein Gesicht fast berührte die Fläche des Wassers.
    Und vom Wasser her, das noch unruhig war in sich vom Guß, flogen Lichtflecke auf. Und sprangen ans Antlitz, das sich herabgebeugt hatte zu ihm. Und spielten hin über die Augen und flogen an seine Stirn.
    Da flüsterte er etwas über dem Wasser. Aber wie ein Bräutigam flüstert der Braut.
    Und blies auf das Wasser, als bliese er auf eine Verschleierte.
    Und ich sah das Wasser, das gerade war still geworden, sich kräuseln wie Tuch.
    Und als sei heller Stern gewoben ins Tuch, sah ich erneut spielen die Flecke Lichts auf dem Gesicht des Gebeugten.
    Da stand er auf von den Knien und trat vor den Platz über der Öffnung, auf den die Mutter gelegt hatte das Ertrunkene.
    Und nahm’s auf.
    Denn kurz darauf sah ich ihn – und erschrak –, sah ihn tauchen den Säugling zurück in das Wasser.
    Sah ihn aus seinen Händen gleiten, sah ihn erneut ertrinken.
    Sah in der Wanne reglos ihn liegen, ertrunken.
    Denn er hatte den Säugling ins Becken gelegt, bis das Wasser sich schloß überm Kleinen.
    Und er betrachtete das Tote und sah es ausgestreckt liegen, wie es die Mutter zuvor wohl gefunden.
    Und erneut beugte er sich übers Wasser und sah hinab.
    Sah aber hin – so dachte ich später, als ich seinen Blick mir

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