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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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zum Horeb gezogen. Das hieße aber, es hätte Joseph gar nochmals geträumt vom Berg Sinai, auf dem Joseph empfing den Befehl ›Opfere Jesus, den Sohn!‹. Und hieße wohl, Joseph sei hinabgegangen in die Tageswirklichkeit dieses Orts, sei hinaufgestiegen den Berg, um hellwach abzugleichen bei Tag, was ihm unbewußt dunkel widerfuhr einst bei Nacht.
    Und manche sagen, noch weiter hinab sei später Joseph gegangen. Übers Schilfmeer bis nach Ägypten sei er mit Dymas und Gemas gezogen.
    Und was hieße das?
    Vielleicht, daß Joseph leibhaftig in der Wirklichkeit dieser Orte stehen wollte bei Tage, um auch gerecht zu werden den Orten im Licht, in die er so tief hinabgesehen bei Nacht.
    Und manche sagen, noch weiter sei später Joseph gegangen. In den vier mal vier Jahren aber, die folgten, bis ans Ende der Welt.
    Und was hieße das?
    Wißt ihr’s?
    Was hieße ›bis ans Ende der Welt‹?
    Und was hieße denn ›von dort zurückgekehrt‹?
    Wißt ihr’s?«
    So sprach zu uns Neith. Und so fragte uns Neith, die wir ihr zuhörten, und hielt eine Zeitlang inne.
    Nicht aber, als könnte Antwort kommen von uns , Balthazar und Monoimos. Sondern als wolle sie prüfen, ob wir bereit seien, aufzunehmen, das heißt: zu halten, was die Antwort, die sie vielleicht gäbe, enthält. Oder ob wir daran zerbrächen.
    Da fuhr Neith fort, noch während wir dachten: Gibt sie jetzt Antwort? und sprach:
    »Bestätigen will ich – was ebenfalls manche behaupten –, daß Dymas und Gemas zuweilen dem Joseph mit einem Schweißtuch umhüllten den Kopf. Ja, er selbst versteckte sein Antlitz darunter, sich mit Dymas und Gemas anderen nähern zu können, ohne sie zu erschrecken. Bestätigen kann ich’s, bezeugen wollte ich’s euch, denn ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
    So sprach Neith zu uns.
    Und wiederum schwieg.
    Und sie schwieg, als ende hier doch ihr Bericht über Joseph, als sei nur anzufügen gewesen das eine, zu erwähnen die Einzelheit jenes Tuchs, mit dem Joseph verhüllte sein Angesicht.
    Da bemerkten wir, daß die Magd und ihr Bruder, die uns in der Nacht noch geführt hatten durchs Labyrinth der Gassen, hin bis zur Hütte der Alten, der Neith, nicht länger beim Eingang saßen der Nachthütte. Sondern waren verschwunden. Und uns schien, als seien die Magd und ihr Bruder verhüllt unter Neiths Worten gegangen, wir wußten nicht wann, nicht wohin.
    Außen aber hielt an der Sandsturm. Und wir saßen innen gebannt.
    Kapitel 90. Die Herrin
    Da sprach Monoimos zur Neith:
    »Das also, sagst du, kannst du bezeugen. Seinen umhüllten Kopf und das schreckliche Antlitz des Joseph.
    Woher aber hast du das Übrige, das ganze Menschenleben davor, von dem du uns hast berichtet?
    Denn das kannst du wohl kaum bezeugen.
    Und wie doch sprichst du zu uns?
    Nämlich so, als hättest du’s selbst gesehen. Zumindest aber aus erster Hand.«
    So sprach Monoimos, als Neith geschwiegen hatte und ans Ende gekommen schien ihres Berichts.
    Da antwortete Neith beiden, dem Monoimos und dem Balthazar:
    »Wissen sollt ihr es. Mehr noch. Ihr sollt es erfahren. Hört also her und seht:
    Sechzehn Jahre nach den Ereignissen, die ich beschrieben, erkrankte mein Herr, hier in Jerusalem.«
    Und Monoimos fragte:
    »Dein Herr? Von wem sprichst du?«
    Da antwortete Neith:
    »Ich rede von meinem Herrn, dem ich diente.«
    »Wer war aber der, den du ›Herr‹ nanntest?« fragte Balthazar abermals.
    Da sprach Neith:
    »Nicht wissen sollt ihr’s, ihr sollt es erfahren. Denn ihr wißt es bereits, aber ohne Erfahrung.
    Denn, als erkrankte mein Herr, hatte ich sechzehn Jahre in Treue gedient meinem Herrn. Wir aber glaubten, er sei erkrankt aus Kummer über den Tod meiner Herrin, seiner Frau, Esther.
    Zwei Jahre zuvor war meine Herrin entgegengereist ihrer Schwester. Mit einer Dienerin, mit Pferd und Wagen, zog Esther los, ihrer Schwester entgegen, auf sie zu treffen wohl eine halbe Tagesreise westlich Jerusalem.
    Am Abend aber traf die Schwester ein im Haus meines Herrn und war nicht in Begleitung meiner Herrin, der Esther. Und war ihr auf dem Weg nach Jerusalem nicht begegnet.
    Da sandte mein Herr noch vor Einbruch der Nacht Männer aus, die suchten den Weg ab, den die Schwester gekommen und den auch die Herrin genommen am Morgen, als sie der Schwester entgegenfuhr mit Dienerin, Pferd und Wagen.
    Und am folgenden Tag kehrten die ausgesandten Männer des Herrn zurück und waren geritten bis zum Hause der Schwester und hatten keine Spur gefunden von meiner Herrin.
    Da

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