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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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gegenüberstanden. Er aber vermochte nicht mehr, sie zu sehen. Und als diese ihm erzählten, daß sie aus dem Versteck selbst gesehen hätten, wie Joseph stürzte vom Scheiterhaufen herab und verbrannt lag, verbrennend … – denn es brannte der Kopf Josephs, brannte sein Haar –, da lief ich hin eilend.
    Lief ich hin unterm Zorn ihrer Augen und löschte den Brand und goß Sand darauf, zu ersticken die Flammen auf Josephs Haupt.
    Und da, kaum waren sie erstickt, riß man mich weg. Denn ich war’s doch selbst, Neith, war’s selbst gewesen, die das getan.
    Und als Joseph also nicht selbst mich beschrieb – denn er konnte’s nicht sehen, lag ohnmächtig vor den brennenden Scheitern –, sondern später beschrieb, was ihm Dymas und Gemas hatten erzählt – denn auch die kannten mich nicht, hatten nie zuvor mich gesehen –, da konnt ich nicht halten die Tränen und brach’s aus mir hervor.
    Denn, glaubt mir, da wußte ich: Nicht nur erzählt Joseph mir wahrhaft, was er und wie er’s erfahren.
    Sondern mir , wirklich mir erzählte er’s doch!
    Da geschah’s, daß ich wußte, warum ich hier saß.
    Warum ich ihm zugehört hatte, die Wochen hindurch unterm Webebaum, zugehört hatte dem Lauf seiner Rede, gewoben hatte das Tuch. Denn es waren wohl an die zwei Monate, in denen wir immer wieder uns trafen, wenn er vorbeikam bei mir und aufnahm den Faden und mir weitererzählte.
    Bis zur Stelle, die ich beschrieben.
    Denn auch mir selbst also sollt ich begegnen, als ich ihn wählte, Joseph, gewählt hatte mit den andern an jenem Tag auf dem Markt.
    Und als ich erschrak über ihn und sein Antlitz, da war ich gleichsam – noch wußte ich’s nicht – über mich selbst erschrocken.
    Denn nicht zu erkennen war ich und kannte mich nicht, bevor er, unwissend, mich erzählend aufgriff im Bild und ich, unwissend, ihn wählte, Joseph, als ich wählte Dymas und Gemas, dann aber vier hinaufführte zur Arbeit am Grab.«
    Da sprach Balthazar:
    »So solltest einst du und jener andere, der dich versteckt hatte in der Nische im Felsen der Höhle, nach Jerusalem als Sklaven heraufgebracht werden?«
    Und Neith antwortete:
    »So war es. Von Sepphoris aus waren sie aufgebrochen und brachten uns mit, in ihrer Mitte.
    Und beide, der andere sowohl als ich, wurden schließlich auch dorthin verkauft, nach Jerusalem.
    Und kamen beide ins Haus des Joseph von Arimathäa. Und wurden zum Gesinde gezählt meiner Herrin und meines Herrn.
    Der andere aber, von dem ich gesprochen – und von dem Joseph schon zu mir hatte gesprochen, als ich webte das Tuch und mich schließlich erkannte darin, der war Phylakos.
    Phylakos war der Diener gewesen, der hervortrat damals und aufstand für Joseph.
    So war auch Phylakos der, der am längsten mich kannte. Und, wahrhaft, hatte behütet mich und auch späterhin stets zu bewahren gesucht.
    Denn ihm vertraute ich, und mein Herr vertraute ihm ebenso. Und deshalb sandte mein Herr Phylakos vor die Mauern der Stadt, hin an den Teich der drei Türme. Denn jede Woche sollte er ihm Bericht zurücktragen von mir, die, vom Grabe gekommen, Phylakos traf dort am Teich.«
    Da sprach Monoimos:
    »So daß auch Phylakos bestätigen könnte, was Joseph berichtet?«
    Und Neith antwortete ihm:
    »Wenn er noch lebte, mein Phylakos, bestätigen würde er’s dir. Euch beiden bestätigen, daß es ist, wie ich sage. Und wahr ist, was Joseph berichtet.
    Denn die Probe auf sein wahres Erzählen überhaupt: ist im einzelnen. Denn ich bestätige euch, daß wahr ist, was Joseph mir über das Massaker an den Pilgern berichtet hatte.
    Genügt es euch aber nicht?
    Denn glaubt mir, ich hatte’s begraben, da grub er’s mir wieder auf, Joseph. Und als er erzählte, schüttete er auf Wort für Wort die Berge der Leichen, über die wir hinsteigen mußten, Phylakos und ich.
    Denn als die Räuber die Höhle verlassen hatten und abgezogen waren längst und von draußen nichts hörbar mehr war als die Tropfen, die übrig fielen vom Regen und troffen am Felsen herab, da wagten wir uns noch immer nicht hervor.
    Denn ich hatte zwar noch nichts gesehen, und Phylakos mich in den Felsen versteckt und sich selbst vor mich gestellt in die Nische im Felsen.
    Aber gehört hatte ich alles. Und hielt die Ohren nicht zu, so daß alles eingedrungen war.
    Alles, was einschoß an Schreien Verendender, an Bitten Hingeschlagener, an Todeslärm und an Raubgezeter.
    Und all das mich erstarren ließ.
    Auch Phylakos aber bewegte sich nicht, da war es längst still.
    Und

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