Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
Vom Netzwerk:
lange blieb still.
    Erst als wir Rufe hörten. Es waren aber die Kundschafter des Jakobus, die fanden die hingemetzelten Pilger, und riefen einander vom Grauen, das sie entdeckten, der eine aber in die linke Höhle eingehend, der andere in die rechte.
    Da erkannten wir, Phylakos und ich, an den Rufen das Entsetzen der Rufenden.
    Denn hier war keiner lebendig.
    Und als die Rufe ausblieben – stillgeworden über dem Anblick so vieler Geschlachteter –, da rief Phylakos aus dem Felsen hervor.
    Und trat aus der Felsnische.
    Und mich zog er hinter sich her und stellte sich vor mich schützend. Denn noch aneinandergefesselt waren wir, die einzigen, die es überlebten.
    Glaubt mir also, Joseph hatte wahrhaft erzählt. Denn ich sah, was ich nun sehen mußte, als ich heraustrat mit Phylakos, hinter ihm hergezogen am Seil.
    Sah vor mir, was ich gehört hatte.
    Und sah es dann wieder, viele Jahre danach, als Joseph mir davon sprach. Und nochmals stieg ich hin, die Leichen hinauf, und mußte treten auf sie und kriechen über sie hin. Denn kein anderer Weg war mehr hindurch, als wir folgten den Spähern des Jakobus vor die Höhle hinaus an den Tag.
    Diese aber nahmen uns mit. Und sie ritten hinab ans Ufer des Jordan.
    Dort aber hatten Jakobus’ Leute gerade durchbohrt im Nebel die Mörder und hatten viele der Räuber beim Überqueren des Flusses ertränkt.
    Und sie fischten ans Ufer und zogen an Seilen heraus die Toten, furchtbar mitanzusehen.
    Sie hatten aber bereits gefunden Jakobus’ Bruder, die Leiche des Jesus. Und Jakobus hatte aufbahren lassen den Leichnam und ließ richten die Stätte, zu verbrennen den Toten.
    Und auch das hatte Joseph mir wahr erzählt.
    Denn ihr hört ja, ich, Neith, die es selbst gesehen, bestätige euch: So war es, so ist es geschehen.
    Ist euch das nun genug?«
    Kapitel 107. Die Ersten
    Da sprach Monoimus:
    »Versteh uns nur, Neith. Es ist doch auch für andere. Und da ist es immer besser, sagen zu können: ›Der und der haben es ebenfalls gesehen.‹ Und: ›Viele sind Zeugen. Denn viele haben es mit eigenen Augen gesehen.‹«
    Und Neith antwortete ihnen:
    »Wie kommt das, meint ihr, daß es stets viele sein müssen, die es sagen und es bezeugen? Und nicht etwa nur einer? Und nicht etwa nur eine wie ich, die vor euch sitzt, hier und jetzt?«
    Da sprach Balthazar:
    »Viele werden auch wiederum viele glauben machen. Denn sie erzählen einig, und einer bestätigt immer den andern.«
    Neith aber antwortete:
    »Was für Seelenkrüppel sind das, die von anderen sich bestätigen lassen, was sie – wenn sie’s erfahren – nur erfahren in der Seele innerster Höhle?
    Denn wer dorthin nicht gezwungen ist Zuflucht zu nehmen, findet nicht hin.
    Und wer nicht hinfindet, erfährt’s nicht.
    Und wer’s nicht erfährt, dem – und nur dem! – sollen es andere bestätigen!
    Denn da war es einsam, und war grausam im Innersten jener Höhle, in der Hand des lebendigen Gottes.
    Und es graut ihnen, die je dort hingefunden, zu reden davon.
    Und sie bleiben ihr fern, solcher Höhle.
    Bleiben fern jenem Ort und lassen sich’s lieber von anderen bestätigen.
    Was nämlich?
    Daß es ihn gibt, diesen Ort.
    Daß wahr ist, daß es ihn gibt.
    Daß wahr und wahrhaftig davon berichtet, wer davon herkommend spricht.
    Selbst aber wissen sie’s nicht.
    Selbst wollen sie nicht hin, ich kann sie verstehen.
    Denn, glaubt mir, ich selbst war dort. Und brauche niemanden, mir zu bestätigen.
    Wenn ihr den Ort nicht findet, ihn aber wirklich sucht, umgeht alle Bestätigung!
    Flieht die Bestätiger!
    Meidet die Menge derer, die Bestätigung wollen!
    Laßt euch den, diesen einzigen Ort, von niemandem je bestätigen!
    Denn er ist euer Ziel.
    Und verfehlt ihr das Ziel, nehmt Anlauf von neuem!
    Wo ihr euch aber zuwendet der Menge Bestätiger, die euch wegbestätigen, was ihr mit eigenen Augen gesehen, was ihr mit eigenen Schritten verfehlt, so verratet ihr es im voraus.
    Und seid aufgeblasen Zufriedenheit – denn es ist euch bestätigt.
    Innen aber, des Nachts, wenn ihr schlaft, fallen her über euch Seine Hunde.
    Laßt euch also von mir nichts bestätigen!
    Sondern prüft in euch selbst, ob wahr ist, wovon ich rede. So findet ihr hin.«
    Da sprach Balthazar:
    »Wir wollen’s versuchen. Wo aber, frage ich jetzt, waren wir …?
    Wo sind wir in deiner Erzählung?
    Denn du hattest uns doch erzählt, wie du alles erfuhrst, sitzend am Webstuhl, während Joseph zu dir sprach.
    Und da war ein Moment, als du erkannt hattest:
    Von mir

Weitere Kostenlose Bücher