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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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floh mit ihm, auf dem Rücken ihn tragend.«
    Und Balthazar sprach:
    »Du vergißt den Aufseher, der schlug den Sklaven, und den niederschlug Joseph. Und Joseph glaubte, er habe ihn tödlich getroffen, als der Aufseher da lag.«
    Und Monoimos sprach:
    »Und der war’s, der Aufseher, den er hatte stummgeschlagen, der kam geritten in jener Nacht, viele Jahre darauf, als Joseph opfern sollte den Sohn.«
    Und Balthazar fügte hinzu:
    »… auf dem Berg, den Gott ihm gewiesen.«
    Und Monoimos sprach:
    »Joseph aber hat sich Gott widersetzt, als er nicht ausführte den Auftrag.«
    Da sprach Balthazar:
    »Wir erinnern uns, wie du siehst, Neith. Sag also: So hättest du, was du uns von Joseph erzählt hast, aus dem Mund Josephs selbst?«
    Da antwortete ihnen Neith:
    »Wie ich es euch berichtet. Und von ihm jedes Wort, an das ich mich erinnere.
    Denn, versteht ihr, mir war, während er sprach, als webte ich’s ein, als verwebte ich Leinen und Sprache.
    Als trage mein Schiff hin die Worte, die er gesprochen, trage sie hinüber und, neu beladen, trage sie wieder her.
    Als spreche am Faden haftend das Wort, als folge es ihm.
    Mehr noch: als spreche es den Faden, das Wort.
    Als schieße Faden heraus aus ihm selbst, seinem Wort.
    Als sei Schütze sein Wort, schieße hin durch die Gehobenen und die Gesenkten, webend das Tuch, das ich wob meinem Herrn.«
    Da sprach Monoimos:
    »Aber ganz hat er’s nicht erzählt, Joseph. Denn du sprachst doch, du wüßtest es nur bis zur Überquerung des Jordan. Als Joseph nämlich, stumm und schon blind, von einem der beiden getragen …«
    Und Balthazar fügte hinzu:
    »… von Gemas getragen.«
    Monoimos aber fuhr fort:
    »… getragen erreichte das jenseitige Ufer. Darüber hinaus aber wußtest du nichts zu berichten, wie mir schien.«
    Da sprach Neith zu ihnen:
    »So sprach ich zu euch. Denn von ihm selbst habe ich nichts über jene Zeit, nur das Hörensagen von anderen und später Gesammeltes. Nichts aber von ihm selbst.
    Denn ihr müßt wissen: Ich selbst unterbrach ihn damals. Unterbrach ihn mit meinen Fragen.
    So daß Joseph hielt, gleichsam angehalten von mir auf der anderen Seite des Jordan.
    Denn bis zu diesem Augenblick hatte ich ihm nie Fragen gestellt und ließ ihn erzählen.
    Joseph aber erzählte nicht nur, als er geschwächt noch lag zu Seiten des Webstuhls, sondern auch, als er wieder erstarkt war und die Arbeit aufnahm am Grab.
    Denn er trug bald wieder die Rückentrage hinaus aus dem Grab, die ihm Dymas und Gemas gefüllt. Trug sie aber nicht mehr hinauf auf den Felsen, sondern trug sie hinab, die Böschung hinab, und schüttete sie aus über Gestein und Scherben, die schon dort lagen. Und kam dann stets herüber zu mir.
    Denn immer wieder bat ich darum, daß er mir weiter erzähle. Und ich folgte seinem Bericht – rätselhaft, wie ich euch sagte – in Gedanken überallhin.
    Als wolle ich’s miterinnern.
    Nicht aber ›mitzuerinnern‹ für andere – denn das war mir fern. Ich wußte ja nicht, daß ich es einst an euch würde weitergeben. Und daß mir beschieden war, zu warten auf euch, bis hierher, bis jetzt.
    Sondern ›mitzuerinnern‹, als hätte ich etwas mitzuerinnern.
    Als teilte er mit mir, ich wußte nicht, was es wäre.
    Ja, als teilte er mit mir nicht nur das Seine, sondern auch, was uns gemeinsam erinnerbar wäre.«
    Da unterbrach Balthazar:
    »Was mir aber doch fragwürdig erscheint, nun, da du sagst, du hast alles von ihm, Joseph selbst hat erzählt … Fragwürdig bleibt doch, ob wahr sei, was er erzählt. Denn wenn einer aus dem Leben der Seinen verschwindet wie Joseph, ja, für tot gehalten wird, daß keiner mehr von ihm weiß, oder sie glauben, er sei begraben auf einem Berg in der Wüste …«
    Da unterbrach ihn Monoimos:
    »… begraben, ja. Und doch war leer das Grab letztlich, du erinnerst dich, Balthazar. Denn wie Neith erzählte, behauptete Joseph, er habe gesehen den Sohn, Jesus, wie der stand davor und entdeckte, daß es leer war, das Grab seines Vaters. Und doch hatten sie, drei Tage zuvor, beigesetzt dessen zerrissene Überreste.«
    Und Balthazar sprach:
    »Ja doch, ich erinnere mich. Denn so hattest du, Neith, es uns erzählt. So daß du also behauptest, so habe auch Joseph es dir erzählt, genau so?«
    Da antwortete Neith:
    »So sprach er zu mir und erzählte mir so. Und wo ich etwa vergessen hatte den Anschluß – denn er ging ja zwischendurch holen, und trug herab wiederum, was es zu holen gab, und schüttete’s aus, bevor er wieder zu

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