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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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sie doch kaum und – ‹
    Da unterbrach sie ihn, sprach: ›Joseph, wie könnt ich dir Trost sein? Da ich doch trauere um dich . Dich verloren zu haben.‹
    Und Joseph hielt, da wieder eindrang die alte Angst. Er sprach: ›Was redest du da? Ist die Gefahr nicht vorüber? War das nicht dein Zeichen?‹
    Und sie antwortet: ›Zurückhaben wollte ich dich. Verzweiflung war also das Zeichen. Denn wie soll ich dir, mein Joseph, erklären die Zeichen?‹
    ›Deine Tränen? Sprichst du von – ‹
    ›Schwanger bin ich.‹
    ›Schwanger …? Wie kann das sein?‹
    Sie schwieg, weinte noch immer – und sah ihn doch an, ohne ihr Gesicht zu senken. So sah er ihre Verzweiflung, Augen weit aufgerissen. Da war Joseph, als sei er von der Welle geschlagen, leerhändig, beraubt. Als sei die, die vor ihm stand, beraubt ebenso – weil er die Schutzlose nicht beschützt hatte, sie ihm aus den Händen geschlagen war im Sturm, den er nicht kommen gesehen. Und geschlagen, schwach, starrstehend sprach er:
    ›Wie …? Mit wem warst du?‹
    ›Mit niemandem war ich, und niemand kam zu mir.‹
    ›Mit wem!‹ schrie er plötzlich, ›Gib’s zu!‹
    ›Ich habe es dir gesagt.‹
    ›Nicht den Namen, nicht seinen Namen hast du gesagt! Gib ihn her, du …‹
    Und Joseph stieß sie von sich, daß sie ihm aus den Augen wäre. Denn er verstand nun nichts mehr. Und hatte keinen Stand und hielt nur fest an:
    ›Den Namen, gib ihn mir, der bei dir war!‹
    ›Ich bin dir verlobt …‹
    ›Verlobt! – Verlogen! Rück ihn mir raus, den du deckst, der dich – ‹
    ›… verlobt dir , keinem andern. Und von keinem anderen je erkannt.‹
    ›Du lügst! Wie du lügst! Und mir noch in die Augen siehst!‹
    ›Die Wahrheit sag ich.‹
    ›Dann sag’s, sag doch, mit wem du lagst. Sag mir die Wahrheit, wie lang du’s ausgehalten hast ohne mich. Du dachtest wohl, der flieht auf immer von mir, erkennt, mit wem er’s hier zu tun hat, der kommt nicht mehr. Nun schnell zum andern! War’s nicht so? Und zu wem hast du dich gewandt, du?‹
    Da blieb sie still.
    In ihrer Stille stand etwas, das war so angreifbar, daß es nicht angegriffen werden konnte. Als sei der Irrsinn, den sie ihm zu offenbaren wagte, die Wahrheit offenbar.
    Aber als er bemerkte, daß ihre Stille ihn fing und ihn still sein ließ ebenfalls, da widersprach in ihm ein anderes. Und angewidert wollt er gehen, wollt fliehen wieder. Fliehen das Dorf, das noch nicht von seiner Rückkehr wußte. Denn Joseph schämte sich für sie.
    Da hört er sie sagen:
    ›Nur du weißt es. Sonst weiß noch niemand. Aber … – ‹
    ›Aber was? Was denn? Wann werden sie’s wissen? Sag mir’s! Wenn einer dich im Schlaf sieht liegen, du im Traum – von deiner Untreue träumend – vergißt, das Tuch da um dich zu schränken? Dann? Wenn du fallen läßt deinen Sternenhimmel, ausschreitend Blöße dir gibst, daß ein jeder zeigt auf die angeschwollene Jungfrau? Dann?‹
    Sie schwieg.
    Joseph aber fuhr fort: ›Nicht mehr so lang, denke ich. Denn woher weißt du, daß, der mit dir lag, es nicht in aller Ohr geflüstert?‹
    ›Weil ich nur dir gesagt, wie’s mit mir ist. Nur dir.‹
    ›Du überläßt es mir. Dich anzuklagen vor den andern. Wie edel!‹
    ›Recht so, ich überlaß es dir. Und muß dich noch dabei verteidigen. Denn du mußt wissen: Man hat uns gesehen in jener Nacht, als du mich zogst ins Haus der Witwe. Da sah uns jemand, sah dich mit mir eingehn ins dunkle Haus. Nun wird man uns anklagen, wenn’s offenbar.‹
    › Wer sah uns?‹
    ›Meine Mutter.‹
    ›Die’s also bereits weiß?‹
    ›Sie weiß es nicht. Nur, daß du Nazaret in jener Nacht verlassen mußtest. Weiß nicht, warum. Sie ahnt vielleicht, es könnte … – ‹
    › Was ahnt sie?‹
    ›… es könnte mit den Söldnern zu tun haben, die unser Dorf betraten bei Morgengrauen. Es war am dritten Tag nach deiner Flucht.‹
    ›Die suchten nach mir?‹
    ›Nach einem entflohenen Sklaven wurde gesucht. Zwei Söldner kamen, gesandt im Auftrag des Herrn eines Landguts bei Sepphoris. Sein Sklave sei verletzt, hieß es. Die Spuren auch eines Helfers, der den Ägypter mit brutaler Gewalt befreit, führten in unsere Richtung.‹
    ›Und?‹
    ›Sie durchsuchten Hütten und Häuser, da …‹
    ›Was da …? Versteckst du wieder, versteckst du was? Ich fühl’s doch. Wen versteckst du?‹
    ›Da …, als sie niemanden fanden, fragten sie, wer hier wohne. Kamen aus der Tür deines Hauses. Wo der sei, der hier wohnt, fragten sie. Und

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