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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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er trug. Und tat wichtig und sprach, als wisse er’s besser:
    ›Nicht aus der Stadt kam das Feuer. Weiß ich doch, woher’s kam. Wett ich doch, wer’s gelegt.‹
    Und etwas leiser sprach er zu Joseph, denn er sah, daß der aufmerksam zuhörte:
    ›Einer der eigenen hat sich gerächt! Und doppelt gerächt, wenn du mich fragst‹, sprach der Diener.
    Und Joseph sagte: ›So glaubst du?‹
    Da antwortete ihm der Diener: ›Ich glaube es nicht, ich weiß es. Denn bei meinem Herrn war einer in Ungnade gefallen, der hat ihm die Sklaven gezüchtigt, ein Aufseher. Auch mich hat er manchmal verdroschen. Der Aufseher aber ließ vor einiger Zeit einen Sklaven entkommen, den hatte zu züchtigen ihm keiner befohlen. Er züchtigte ihn aber, ohne Erlaubnis des Herrn, aus Wut und aus Eifersucht. Denn der Sklave hatte eine geschwängert, die der Aufseher begehrte zum Liebchen. Halb tot schlug er den Sklaven. Da kamen welche, die ihn befreiten. Dem Aufseher aber zerschmetterten sie die Kehle, vergruben Messer und Beil in ihm, daß er selbst nur knapp überlebte.
    Seitdem aber hatte kaum einer mehr Nutzen von ihm. Denn wem nutzt schon ein stummer Aufseher, dessen Befehle keiner bekommt und dessen Gesten niemand versteht. Auch der Herrin, hab ich gehört, wurde’s unheimlich, wenn sie den Kerl sah. Und sie rief ihn nicht mehr. Unerträglich aber wurde er, als die Schwangere das Kind des entflohenen Sklaven gebar. Denn er ließ nicht von seiner Eifersucht und verfolgte sie täglich. Als das zu Ohren der Herrin kam, wurd er entlassen. Was heißt „entlassen“, vom Gut hat man ihn gejagt vor Tagen. Wie einen Hund. Und hoffte, man sei ihn nun los. Letzte Nacht aber ist er zurückgekehrt, Rache zu nehmen an beiden.‹
    Joseph saß neben dem Diener, der so gesprochen, und war in Gedanken und schwieg. Denn er sah den Mann vor sich, den er aus dem Feuer befreit hatte. Sah noch die Hand, die der ihm entgegengestreckt mit dem Kind.
    Und Joseph dachte bei sich: Warum hätte Gott mich im Feuer bewahrt, diesen zu retten?
    Da hörte Joseph Geschrei, Klageschreie durchs Dunkel her, etwa von dort, wo die Ägypterin lag, die Mutter des Mädchens. Er wußte aber noch nicht, warum.
    Sondern es kamen welche, unter ihnen ein Söldner, der war nah genug gestanden, als der Diener zu Joseph vom Aufseher gesprochen und behauptet hatte, der sei’s gewesen, der das Feuer gelegt. Und man griff sich den Diener und schleifte ihn an den Haaren davon.
    Bald darauf aber ritten welche los. Denn es hieß, nach dem Aufseher werde gesucht. Mit Hilfe Aufständischer aus Sepphoris habe der Feuer gelegt ans Haus und an die Häuser und Scheunen umher.
    Und nach Sonnenuntergang noch ließ der Römer nicht ruhen.
    Denn er ließ die aus den Trümmern gesammelten Toten – die eigenen ausgenommen – sammeln und laden auf einen Karren.
    Und Joseph und einigen, die sich schon in den Trümmern gemüht und die Leichen herausgezogen hatten, wurde befohlen, den Karren zu ziehen hinaus an den Rand eines Felds fern der Mauer des Gartens.
    Dort hatte man eine Grube ausgehoben. Und sollten in die Grube gelegt werden die im Hause Verbrannten und die anderen Toten. Denn viele waren erst im Laufe des Nachmittags an ihren Wunden verendet. Darunter aber sah Joseph auch die, der galten die Schreie, die er vernommen, die Mutter des Mädchens, jene Ägypterin.
    Denn er erkannte sie, obschon die Fackel, mit der ein Söldner umschritt Karren und Grube, wenig Licht gab. Erkannte sie an seinem Gewand, das ihr noch haftete am Kopf. Das Tuch aber, das blaue, unter dem sie beim Brunnen gelegen, hatte man von ihr genommen und die Leiche nackt auf den Karren gehoben.«
    Da hielt Neith ein im Erzählen. Und Monoimos und Balthazar warteten, daß sie wiederaufnehme die Rede.
    Schließlich sprach sie zu uns:
    »Joseph aber sagte mir, daß auch der, der ihm half beim Tragen der Toten, erkannte die Frau und ausbrach in Tränen. Denn er kannte sie gut, und sie hatte lange Jahre im Hause gedient. Und er sagte, sie habe Asenath geheißen, die er beweine, und wiederholte dem Joseph: ›Wir kannten sie gut‹.«
    Und wieder hielt Neith ein. Und wir sahen’s: Denn noch rührte das Bild der Toten, davon Joseph einst Neith erzählte, noch rührte’s hin durch die Worte Josephs an Neith. Und Neith sah vor sich die Worte Josephs, als sie ihren Besuchern davon erzählte, und sie weinte dabei.
    Dann aber nahm sie die Rede auf und fuhr fort:
    »Kaum aber hatten Joseph und der andere Träger, der die Ägypterin

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